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Bis 2030 wird Potsdam laut der aktuellen Prognose um nur 9,5 Prozent wachsen – weniger stark als früher vermutet.

© Ottmar Winter PNN

Bevölkerungsprognose für Brandenburg: Berliner Zuzügler retten Brandenburg

Nach neuer Bevölkerungsprognose wächst die Mark bis 2030 – in Boomtown Potsdam etwas schwächer.

Potsdam - Über eine Million Berliner sind seit 1990 raus nach Brandenburg gezogen. Und auch in diesem Jahrzehnt werden es vor allem Metropolen-Flüchtlinge sein, die die Mark vor der demographischen Abwärtsspirale retten: Nach der mit Spannung erwarteten, am Montag in Potsdam vorgestellten, neuen amtlichen „Bevölkerungsvorausberechnung für das Land Brandenburg 2020 – 2030“ wird die Einwohnerzahl in diesem Zeitraum um 17 000 Menschen auf 2,54 Millionen anwachsen. Und das trotz des demografischen Megatrends, dass in dieser Zeit 212.000 Menschen mehr sterben als neu geboren werden. Als einziges ostdeutsches Bundesland wächst Brandenburg damit.

Für die Landeshauptstadt Potsdam, die Boomtown der Mark, die von 139.000 Einwohnern (1990) bereits auf 181.000 Einwohner wuchs, prophezeien die Demographen 2030 nun 197.500 Einwohner, was einem Wachstum von 9,5 Prozent entspricht. „Für Potsdam haben wir deutliche Korrekturen nach unten vorgenommen“, hieß es: „Bei einer dynamischeren Wohnungsbautätigkeit wären noch deutlich stärkere Zuwächse möglich.“

Welche Regionen der Mark gewinnen

Brandenburg ist längst zum Zuzugsland geworden. Vor allem deshalb haben die Experten des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg und des Landesamtes für Bauen und Verkehr, die den 130-Seiten-Bericht erstellt haben, die Prognose von 2016 deutlich nach oben korrigiert. Es bleibt beim Grundtrend, dass vor allem das Berliner Umland wächst, vom Zuzug aus der Metropole profitieren. Die Neu-Brandenburger gleichen die negative natürliche Bevölkerungsentwicklung (weniger Geburten als Sterbefälle) aus: Im Speckgürtel, der zehn Prozent der Landesfläche einnimmt, wird es noch enger: 2030 werden hier 43 Prozent der Brandenburger leben – jetzt sind es 40 Prozent. Die Bevölkerungsdichte werde hier von 347 auf 377 Einwohner je Quadratkilometer ansteigen. Berlinnahe Landkreise können demnach fast durchgängig mit einem Einwohnerplus rechnen, am stärksten Dahme–Spreewald (+10,9%), „insbesondere, da er Standort des neuen eröffneten Flughafens Berlin Brandenburg BER ist.“ Es folgen Barnim (+7,5%) und Teltow-Fläming (+6,9%), während Potsdam-Mittelmark (+2,5%) ein moderates Wachstum erwartet. Für Oder-Spree (-0,1%), wo die Gigafactory von Tesla errichtet wird, erwartet die Analyse zunächst eine stagnierende Entwicklung, angesetzt wurden aber erst die 12.000 Jobs der ersten Ausbaustufe. 

Teslas Giga-Factory soll zunächst wenig Auswirkungen auf die Bevölkerung vom Kreis Oder-Spree haben.
Teslas Giga-Factory soll zunächst wenig Auswirkungen auf die Bevölkerung vom Kreis Oder-Spree haben.

© Patrick Pleul/dpa

Entgegen früheren Szenarien muss Brandenburg an der Havel (+0,4%) – anders als Cottbus (-4,4%) und Frankfurt/Oder (-3,3%) – keine weiteren Einwohner-Rückgänge verkraften. Das optimistischere Herangehen im Vergleich zu 2016, der erwarteten Zuzug von Berlinern, stützen die Experten auf die reale Entwicklung der Jahre 2017 bis 2019. „Dass Berliner verstärkt nach Brandenburg ziehen, liegt unter anderem am angespannten Berliner Wohnungsmarkt“, heißt es. „Der Wunsch nach Wohneigentum lässt sich wegen des Kauf- und Bodenpreisgefälles in Brandenburg leichter realisieren.“

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Für 2020 bis 2030 geht die neue Prognose von Wanderungsgewinnen – es ziehen mehr Leute in die Mark als weg – von 230.000 Menschen aus. Davon profitiert inzwischen ein „zweiter Ring“, also auf der Schiene gut erreichbare Städte wie Beelitz, Nauen, Zossen und Eberswalde. Der Anteil der Älteren steigt im Umland (+27,4%) sogar stärker als in der Peripherie (+17,7%). Zitat: „Das Umland hat insbesondere durch Zuzüge in den 1990er-Jahren ein stark besetzte Alterskohorte, die bis zum Jahr 2030 das Seniorenalter erreicht.“ Dahinter verbergen sich die Berliner Zuzügler dieser Zeit.

Lausitz schrumpft stärker als der Norden

Alle berlinfernen Regionen werden auch nach der neuen Prognose weiter Einwohner verlieren – jedoch weniger als befürchtet. „Für den weiteren Metropolenraum werden größere Wanderungsgewinne als in früheren Jahren angenommen“, heißt es. „Die Bevölkerung schrumpft zwar noch immer, der Rückgang wird jedoch deutlich abgemildert.“ Neben der Kluft zwischen Umland und Peripherie bildet sich ein Nord-Süd-Gefälle in Brandenburg heraus: Die Lausitz mit Elbe-Elster (-10,9%), Oberspreewald-Lausitz (-10,5%) und Spree-Neiße (-10,5%) ist Schrumpf-Spitzenreiter, die Landkarte zur Einwohnerprognose ist nur im Süden tiefrot. Der Norden mit der Uckermark (-8,7%), der Prignitz (-8,1%) und Ostprignitz-Ruppin (-6,4%) erwartet deutlich geringere Rückgänge. 

Das alles hat Folgen: „Der weitere Metropolenraum erfährt bei Kleinkind- und Kindergartenjahrgängen (null bis unter sechs Jahre) einen Rückgang um ein Fünftel, und damit einen doppelt so starken Rückgang wie das Berliner Umland.“ Bei den Kindern im Grundschulalter wachsen die Zahlen landesweit, und pegeln sich 2030 im Umland leicht über und in der Peripherie leicht unter den  Werten von 2019 ein.

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