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Betrug in Potsdam: Seniorin zahlt 54 000 Euro für Saft

Eine Potsdamerin Seniorin soll von einem windigen Saftverkäufer um eine riesige Summe Geld gebracht worden sein: Die Rentnerin hat 54 000 Euro in bar für den Saft bezahlt. Ihr Nachbar wirft auch der Berliner Volksbank fahrlässige Untätigkeit vor.

Potsdam - Armin Tibus (*Namen auf Wunsch geändert) ist immer noch verärgert. Der Babelsberger wollte seiner 87 Jahre alten Nachbarin gegen aus seiner Sicht mutmaßliche Betrüger helfen. Doch habe die Bank der Dame eine wichtige Absprache gebrochen – weswegen nun mehr als 50 000 Euro weg seien. „Ich bin zutiefst enttäuscht, weil die Berliner Volksbank eben nicht alles zum Wohle ihrer Kunden getan hat“, hat er dem Geldinstitut bereits geschrieben, wie er den PNN sagte.

Doch der Reihe nach: Tibus und seine Nachbarin haben ein gutes Verhältnis, er hilft ihr, hat eine Kontovollmacht für Notfälle. Im vergangenen Sommer habe die Nachbarin erstmals erzählt, dass sie aus Berlin seit einiger Zeit Säfte beziehe, „etwas teurer“. Als er näher nachfragte, fand er eine Rechnung der Firma Saftoase über einige Tausend Euro – für aus seiner Sicht nur wenige Flaschen Saft. „Da hat eine mehr als 100 Euro gekostet.“

Bargeld für den Betrüger: Rentnerin hob 54 000 Euro in Tranchen ab

Schon damals gab es Meldungen zum Fall Saftoase, der auch das Berliner Landeskriminalamt interessiert. Der Potsdamer Fall sei Teil laufender Ermittlungen des Landeskriminalamts, teilte eine Polizeisprecherin auf PNN-Anfrage mit. Und bereits im Mai vor einem Jahr hatte die Verbraucherzentrale Brandenburg per Mitteilung gewarnt, dass Mitarbeiter der Saftoase schon mehrere Bürger unerwünscht in ihrer Wohnung aufgesucht hätten – um Verträge zur Lieferung von Obstsäften zu unterschreiben. Genannt wurden Beispiele, dass etwa zwei Potsdamer jeweils einen Kaufpreis von 600 beziehungsweise 2000 Euro zahlten, ein Mann aus Caputh sogar fast 5000 Euro – um Säfte für bis zu 17 Euro pro Liter zu beziehen. „Teilweise bezahlten die Kunden gleich mit EC-Karte über ein Lesegerät“, hieß es damals von den Verbraucherschützern. Doch als die Bürger dann die teuren Verträge lösen wollten, hätten sie unter anderem Briefe wegen falscher Adressangaben nicht zustellen können.

Das erlebten auch Armin Tibus und seine Nachbarin. Schließlich stellten sie im vergangenen August eine Strafanzeige. Dazu ging Tibus zur Potsdamer Filiale der Berliner Volksbank – und machte dort nach seinen Angaben mit einem leitenden Angestellten aus, dass die Bank anruft, wenn die Nachbarin mehr als 1000 Euro abhebt. „Ich dachte, damit ist das geklärt.“ Doch die Überraschung folgte ein halbes Jahr später: Tibus bemerkte, dass seine Nachbarin weiter Kontakt mit dem Saftoasen-Händler hatte, dem sie offensichtlich vertraute. Er schaute die Kontodaten an und erschrak: 54 000 Euro seien von der Seniorin in acht Tranchen abgehoben worden, in bar. Das Geld hat sie offensichtlich für Saft ausgegeben. Den PNN liegen mehrere Rechnungen vor, in denen es jeweils um Beträge von mehreren Tausend Euro geht. „Das ist wie bei einer Drückerkolonne“, sagt Tibus. Und die Bank habe sich – anders als vereinbart – nicht bei ihm gemeldet. So schrieb der das Geldhaus an, beschwerte sich bitterlich. „Wie soll man den Mut behalten, sich für Mitmenschen zu engagieren, wenn man von solchen Institutionen gar keine Unterstützung erfährt.“

„Wir wollen doch keine Streitigkeiten“

Zumindest schrieb die Bank zurück, bestätigte auch die damalige Absprache. Allerdings habe die Seniorin eben rigoros darauf bestanden, dass ihr das Geld ausgezahlt werde – ohne dass jemand informiert wird. Daher habe man dem Wunsch entsprechen müssen – bei einer Weigerung hätte die Kundin mögliche Schadensersatzansprüche geltend machen können. Auf Anfrage sagte eine Banksprecherin, man habe „alle Maßnahmen ergriffen, um zu einer Klärung des Sachverhaltes beizutragen und darüber hinaus auch konkrete Empfehlungen ausgesprochen“. Doch nur bei einer Geschäftsunfähigkeit des Kunden könne man eine Auszahlung verweigern oder eben auch ohne dessen Einverständnis andere Personen informieren. „Es steht uns im regulären Geschäftsverkehr aber nicht zu, die Hintergründe eines gültigen Kundenauftrages zu hinterfragen oder zu überprüfen.“

Und die fragliche Saftfirma? Dort gibt man sich überrascht und weist die Vorwürfe zurück. Schließlich habe die Babelsberger Kundin freiwillig den Saft bestellt, sagte Geschäftsführer Gökhan Acar den PNN auf Nachfrage. Auch sei es längst nicht um so hohe Beträge gegangen. Inzwischen bekomme die Frau aber keine Angebote mehr. Angesichts der Kritik habe man sich zudem entschlossen, die möglichen Bestellmengen für Kunden zu verringern. „Wir wollen doch keine Streitigkeiten.“ Armin Tibus nennt diese Erklärung schlicht „eine Dreistigkeit“.

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