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Landeshauptstadt: Beten unter Beobachtung

Die rund 300 Potsdamer Muslime können zwischen zwei Moscheen wählen: Beide sind beim Verfassungsschutz bekannt

Hinter einem alten violetten Vorhang sollen die Lehren von Mohammed gepredigt werden? Unauffällig sieht die Potsdamer Mescid al Farouq-Moschee aus, gleicht eher einem alten Ladengeschäft denn einem religiösen Ort. Sie fällt selbst den Nachbarn kaum auf. „Da war doch seit letztem Sommer niemand mehr“, sagt jemand von nebenan. Dabei treffen sich hier jeden Freitag bis zu 40 Muslime aus Potsdam, um gemeinsam zu beten. Nur die Religion stehe im Vordergrund, sagen ihre Mitglieder – in karger Atmosphäre.

Rund 300 Muslime leben insgesamt in der Landeshauptstadt, schätzt Hala Kindelberger, Vorsitzende des Ausländerbeirats. Asylbewerber gehörten dazu, aber auch Studenten aus Ägypten, Libanon, dem Irak und anderen vorwiegend arabischen Ländern. Aber auch Deutsche, die zum Islam übergetreten sind. Die Moschee in der Leipziger Straße besuchen vor allem jene, die als Geduldete Potsdam nicht verlassen dürfen oder denen schlicht das Geld fehlt, das breite Angebot an religiösen Veranstaltungen in Berlin zu nutzen. „Deswegen hat es die Al Farouq-Moschee finanziell besonders schwer: Keiner der Gemeindemitglieder hat das Geld, um etwa neue Gardinen zu kaufen“, sagt Kindelberger. So reiche es oft kaum für die Miete der kleinen Räume, im Winter seien sie nahezu ungeheizt, sagen Besucher des Hauses.

Ganz anders sieht es in der Weinbergstraße 21 aus – die zweite Anlaufstelle für Potsdamer Muslime: das Gebäude des Weimar Instituts für geistes- und zeitgeschichtliche Fragen e.V.. Die hübsch sanierte Villa besitzt im Gegensatz zur Al Farouq-Moschee mehrere großzügige Räume für das Gebet. Täglich können Muslime hier um 13 und 18 Uhr beten, sonntags findet das große Gemeinschaftsgebet statt. Dazu veranstaltet das Institut getrennten Koran-Unterricht für Frauen und Männer, aber auch DVD- und Liederabende. Ein Faltblatt aus einem Kasten vor dem Haus informiert darüber. Neben Bosniern, Iranern und Marokkanern gehören vorwiegend zum Islam Konvertierte dem Institut an. Rund 50 Mitglieder hat der Verein in Potsdam, darunter viele Familien mit rund 40 Kindern.

Bei aller Unterschiedlichkeit der Gebäude: Was die Gemeinden in der Leipziger und in der Weinbergstraße eint, ist ihre offizielle Ablehnung des politischen Fundamentalismus und seinem verkündeten Hass gegen die Werte des Westens. Doch genau deswegen sind beide Adressen in den vergangenen Jahren in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. So beschuldigte der frühere Brandenburger CDU-Generalsekretär Sven Petke 2004 den Imam der Al Farouq-Moschee, Kamal Abdallah, Hasspredigten gegen den Westen gehalten zu haben. Nach einem Rechtsstreit musste der Landesverfassungsschutz im vergangenen Jahr den Namen von Abdallah aus seinem Bericht streichen. Laut Gemeindemitgliedern soll Abdallah derzeit seinen Rückzug vorbereiten. Die Imame der Al Farouq-Moschee bleiben ohnehin selten länger als drei Jahre, weil auch sie meist geduldete Asylbewerber sind, so Kindelberger.

Vorwürfe anderer Art bestehen gegen das Weimar-Institut. Hinter ihm steht die international agierende Murabitun-Sekte. Der Potsdamer Instituts-Geschäftsführer Ahmad Gross war sogar Schüler des Sektenführers Ian Dallas, der sich Scheich Abdalqadir Al-Murabit nennt. Dallas soll in seinen Schriften Adolf Hitler „als erstaunliches und enttäuschend unerfülltes Genie“ gerühmt haben. Auch die deutsche Murabitum-Bewegung soll laut Verfassungsschutz schon in den 90er Jahren mit „aggressiv-antidemokratischen“ und „antisemitischen“ Publikationen auf sich aufmerksam gemacht haben. Jedoch sei bei der Gründung des Weimar-Instituts ein direkter Bezug zu den Murabitum vermieden worden – allerdings ohne im Kern von den Ideen des Scheichs abzurücken.

Gegenüber den PNN bestätigte Gross diese Verbindungen. Er sagte aber auch: „Die meisten unserer Besuchern haben mit den Murabitun nichts zu tun. Sie kommen einfach zum Beten, weil sonst kein Platz da ist.“

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