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Kennt sich aus in der Milchstraße. Simon Plate, 29 Jahre alt und seit Anfang des Jahres der neue Leiter des Urania-Planetariums in Potsdam, findet es wichtig, dass Kinder ein Gespür für die Zusammenhänge und Größe des Weltalls entwickeln.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Besser landen auf Pluto

Simon Plate begeisterte sich schon als Kind für das Weltall. Heute leitet er das Potsdamer Planetarium. Er möchte daraus ein modernes, offenes Haus machen

Es müssen nicht immer Sterne sein, die unter der Kuppel des Planetariums zu sehen sind. „Wasserwelten – Ozeane im Sonnensystem“ heißt eine neue Full-Dome-Show im Urania-Planetarium. Über das Wasser auf den Planeten des Alls und die Geschichte der irdischen Ozeane. Könnte man sicherlich auch auf einer Leinwand sehen. Aber so, unter dem Halbrund, taucht man als Zuschauer regelrecht ein in das Meer, sieht Quallen und Fischschwärme um einen herum schwimmen. „Das ist eine sehr sphärische Produktion, man sitzt mittendrin im All. Oder im Ozean“, sagt Simon Plate.

Seit Januar dieses Jahres ist der 29-Jährige Leiter des Planetariums. Vor neun Jahren kam er als freier Mitarbeiter und Student der Geoökologie an das Haus. Er ist jemand, der sich für neue Ideen begeistert, für neue Wissenschaftsfelder, Kooperationen und Projekte. „Das geht schon manchmal in die Richtung Wissenschaftstheater. Aber ich möchte den Begriff Planetarium doch gern behalten.“

Etwa 12 000 Besucher kamen vergangenes Jahr in die Kuppel in der Gutenbergstraße. Eine gute Zahl, aber da geht noch was, findet der neue Chef. Noch immer leidet das Planetarium darunter, dass es seit dem Umzug 2006 aus dem Neuen Garten zwar an prominenter Stelle in der Innenstadt liegt, aber einfach nicht gesehen wird. Die Kuppel im Dachgeschoss eines Holländerhauses in zweiter Reihe sieht man erst, wenn man den Innenhof der Urania betritt. Dazu kommt, dass dem Planetarium noch immer ein leicht angestaubtes Image anhaftet. Plate kennt das. „Man sagt, jeder Mensch geht zweimal in seinem Leben in ein Planetarium. Einmal mit seinen Großeltern. Und einmal mit seinen Enkelkindern.“

Bei ihm war das anders. Zehn Jahre war Plate alt, als er mit seinen Eltern das erste mal eine klassische Sternenführung in seiner Heimatstadt Bremen besuchte. Und sich danach ein eigenes Teleskop wünschte. Das bekam er auch.

Als 16-Jähriger begann er, im Planetarium zu jobben. Heute hat er selber viele junge Leute im Haus eingestellt. Unter den zehn freien Mitarbeitern sind zwei 18-jährige Schülerinnen, die unter anderem Vorstellungen betreuen. „Sie machen das sehr gut“, sagt Plate. Er war es auch, der 2008 den Astroclub für Kinder gründete, mit einer Handvoll Weltall-Freaks bastelte und forschte und einmal bis nach Polen fuhr, um einen von den Kindern in die Stratosphäre geschickten Heliumballon, der sich einfach nicht an die berechnete Flugbahn gehalten hatte und viel weiter östlich gelandet war, zurück zu holen. Ein richtiges Abenteuer.

Kinder und Jugendliche sind seine wichtigste Zielgruppe. „Die interessieren sich doch eigentlich immer für das Weltall“, sagt er. Dazu kommt, dass Astronomie seit einigen Jahren kein Schulfach mehr ist. Aber wo soll man Grundlagenwissen erwerben und sich selbst und die Erde in dem großen All einordnen lernen? „Das ist so wichtig. Astronomie ist nicht nur etwas für Nerds“, sagt Plate.

Dank neuer technischer Entwicklungen kann man im Planetarium heute längst mehr anbieten als klassische Sternenbetrachtungen. Mit der modernen Full-Dome-Technik wird die Kuppel mit einem 3-D-Video bespielt. Mit Filmen für alle Altersgruppen und zu allen weltraum-relevanten Themen, mit authentischen Aufnahmen von Raumsonden oder cineastischen Spielereien.

Ganz neu sind interaktive Vorführungen, bei denen man auf den Verlauf Einfluss nehmen kann, die Zuschauer beispielsweise vorschlagen, wohin man fliegen und auf welchem Planeten man landen will. Gerade werden Software und Hardware für das moderne System erneuert. Damit auch ganz neue Bilder, Aufnahmen der Nasa und Esa von Planeten, gezeigt werden können. So gibt es von der Raumsonde „New Horizon“ neue Bilder von Pluto, auf denen die Oberfläche gut zu erkennen ist. „Bisher hatten wir da nur ganz vage Ansichten“, sagt Plate. „Und auf Pluto wollen die Kinder immer landen.“

Dennoch ist und bleibt der Sternenprojektor das Herz des Planetariums. Und wird demnächst auch etwas Aufmerksamkeit brauchen. Das Model von Zeiss, Baujahr 1979, muss mittelfristig ersetzt werden. „Wir bekommen langsam keine Ersatzteile mehr dafür, vor allem keine passenden Lampen“, sagt Plate. 500 000 Euro kann ein neuer Projektor kosten. Das wird nicht ohne Förderer gehen, befürchtet der Chef.

Und er hat weitere Pläne. Gerne würde er auf dem Dach – ein schmales Flachdach auf dem gekappten Giebel – eine Beobachtungsplattform einrichten. Dort könnte man mit dem Teleskop live erleben, was man sonst in der Kuppel sieht. Bisher geht er zu Beobachtungen mit den Besuchern hinunter auf den Bassinplatz. Aber dort unten gibt es zu viele störenden Lichtquellen. Auf dem Dach wäre es besser. Dazu müsste allerdings der Fahrstuhl verlängert werden, damit auch die Plattform barrierefrei erreichbar ist. „Das wird nicht ganz einfach“, sagt Plate. Aber es ist ihm wichtig. Denn zu den Besuchern zählen viele Senioren. Sterne gucken und anschließend gemütlich unterm Dach zusammen Kaffee trinken, ist ein Format, das gut funktioniert.

Plate will ein bisschen länger am Potsdamer Planetarium bleiben als Benjamin Husheer, der 2013 den langjährigen Leiter Rolf König abgelöst hatte. Ideen hat er genug. Und manche lassen sich mit wenig Aufwand umsetzen. „Im Sommerferienprogramm wollen wir Sonnenuhren basteln“, sagt er. Und klingt dabei selbst richtig aufgeregt.

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