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Tür offen. Seit Jahren steht die Villa leer, jetzt sind Handwerker vor Ort.

©  A. Klaer

Berliner Vorstadt: Rätselraten um Villa Kellermann

Es ist ein geschichtsträchtiger Ort: Die Villa Kellermann steht seit Jahren leer, jetzt sind Handwerker vor Ort. Beginnt nun die Sanierung?

Potsdam - Viele Potsdamer verbinden persönliche Erlebnisse mit diesem Ort: Doch die Villa Kellermann am Heiligen See, zuletzt ein Restaurant, vor 1989 über Jahrzehnte ein Kulturhaus, steht seit Jahren leer. Aber nun geht es offensichtlich los, wird die Villa in der Mangerstraße saniert. Am Donnerstag herrschte dort emsiges Treiben. Handwerker fuhren vor, Baumaterial wurde ausgeladen. Was wird aus der Villa?

Noch muss gerätselt werden. Der derzeitige Eigentümer hat sich und seine Pläne bislang nicht zu erkennen gegeben. Dem Vernehmen nach hat die Villa vor geraumer Zeit den Besitzer gewechselt. Vorher hatte sie den Wella-Erben Hans-Joachim und Gisa Sander gehört, die die Villa samt 2700 Quadratmeter großem Grundstück am Heiligen See 2005 bei einer Zwangsversteigerung für 1,9 Millionen Euro erworben hatten. Der damalige Pächter Maximilian Dreier mit seinem beliebten „Ristorante Villa Kellermann“ konnte noch eine Weile bleiben, bis er Anfang 2009 aufgab. Seitdem liegt alles brach.

Nicht irgendein Gebäude in Potsdam

Der Eigentümer macht es spannend. Einen PNN-Antrag auf Grundbuch-Einsicht hatte das Grundbuchamt beim Potsdamer Amtsgericht – begründet mit einem Veto des nicht genannten Grundstücksbesitzers – im Jahr 2015 abgelehnt. Dabei geht es nicht um irgendein Gebäude in Potsdam. Gerade diese Villa spiegelt die deutsche und Potsdamer Geschichte wie kaum eine sonst. Da ist schon mal die Architektur, die Villa selbst, Baudenkmal, 1914 für den Zeremonienmeister W. von Hardt errichtet. Sie war, wie es Sabine Bohle-Heintzenberg und Manfred Hamm im Standardwerk über die „Berliner Vorstadt“ beschrieben, damals „mit allen nur möglichen technischen Raffinessen ausgestattet“. Das Haus hatte einen Speisenaufzug, „später kam ein Fahrstuhl mit vier Haltestellen hinzu“, heißt es. „Der Clou war eine eigene Benzin-Zapfsäule mit einem 750-Liter-Tank im Garten, sozusagen eine private Tankstelle für den Herr Zeremonienmeister.“  Viel bedeutsamer ist, was folgte, mit den Brüchen der deutschen Geschichte, 1933, 1945,1989. So gehörte die Villa in der Weimarer Republik dem jüdischen Bankier Emil Wittenberg, der von den Nazis enteignet wurde. Dann war sie Domizil der Heeresleitung der Wehrmacht. Nach 1945 übernahm der Kulturbund die Villa, die bis 1989 ein öffentliches Kulturhaus blieb, ein  Treff von Intellektuellen und Künstlern. Zu den Begründern des Kulturbundes in Potsdam hatten nach dem Krieg Künstler von nationalem Rang gehört, wie der Maler Otto Nagel, der Astronom und Schriftsteller Bruno H. Bürgel. Vor allem war es der Schriftsteller Bernhard Kellermann (1879–1951), der mit seinem Roman „Der Tunnel“ (1913) Weltruhm erlangt hatte. Die Villa erhielt seinen Namen, was sich bis heute erhalten hat.

Welche Geschichte beginnt nun?

Aber auch die Friedliche Revolution, die politische Wende in Potsdam, ist untrennbar mit diesem Ort verbunden. Im „Kellermann-Haus“ hatte sich 1988 die Arbeitsgemeinschaft für Umweltschutz und Stadtgestaltung, kurz „Argus“, gegründet. Es waren Potsdamer wie Carola Stabe, Wieland Eschenburg und Matthias Platzeck, der spätere Ministerpräsident, die dem erschreckenden Verfall ihrer Heimatstadt nicht länger zusehen wollten, die sich unter dem Dach des Kulturbundes – beobachtet von der Stasi – in der Villa trafen. Das Kellermann-Haus könnte viele Potsdamer Geschichten erzählen. Mal sehen, welche nun beginnt. 

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