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Das Potsdamer Klinikum Ernst von Bergmann.

© Ottmar Winter PNN

Bergmann-Klinikum in Potsdam: Klinikleitung will Pflegekräfte weiter entlasten

140 Beschäftigte der Service-Tochter sollen zur Muttergesellschaft Klinikum wechseln. Damit soll auch die Patientenversorgung besser werden. Verdi fürchtet eine Sparrunde bei den Verbliebenen.

Potsdam - Das kommunale Bergmann-Klinikum will sein Pflegepersonal stärker entlasten. Dafür sollen 140 Mitarbeitende der Service-Tochter des Klinikums im Herbst in die Muttergesellschaft wechseln. Das kündigte die Geschäftsführung am Dienstag an. Betroffen seien Beschäftigte des Stationsservice und des OP-Service, hieß es. Sie sollen ab 1. Oktober (OP-Service) und 1. November (Stationsservice) aus der Servicegesellschaft Ernst von Bergmann in die Klinikum gGmbH übergehen. Kosten entstehen dadurch nicht – beide Gesellschaften zahlen Tariflohn. Letzten Angaben des Klinikums zufolge hat die Service-Tochter insgesamt knapp 500 Beschäftigte.

Teil des Plans „Starke Pflege in der Klinikgruppe EvB“

Wie das Klinikum erklärte, sei die Überführung der Servicekräfte Teil des aus Sicht des Krankenhauses erfolgreichen Fünf-Punkte-Plans „Starke Pflege in der Klinikgruppe EvB“. Denn durch den Wechsel könnten „Schnittstellen zwischen Pflege und Stationsservice“ vereinfacht werden, es könnten einfacher gemeinsame Dienst- und Personalpläne aufgestellt werden. Man erwarte, dass der Schritt eine „Verbesserung der Arbeitsbedingungen für alle Mitarbeitenden auf den Stationen im Pflege- und pflegenahem Umfeld“ bringt, so Pflegedirektorin Katrin Fromm. Auch gehe es um eine „weitere Fokussierung auf Patientensicherheit und Versorgungsqualität im stationären Bereich“ und um mehr Mitarbeiterzufriedenheit.

Kommission erkannte Vernachlässigung von Pflege

Das Klinikum steht seit Langem unter Druck, die Arbeitsbedingungen besonders für die Mitarbeitenden in der Pflege zu verbessern. In der Aufarbeitung des schweren Corona-Ausbruchs am Klinikum im Frühjahr 2020 mit zahlreichen Toten hatte eine vom Klinikum-Aufsichtsrat eingesetzte Expertenkommission unter anderem eine Vernachlässigung von Pflege und Hygiene festgestellt. „Seit unserem Antritt als neue Geschäftsführung haben wir vor allem die Pflege im Blick“, hieß es entsprechend am Dienstag von Klinikumchef Hans-Ulrich Schmidt. Er führt als Sprecher der Geschäftsführung das Haus gemeinsam mit Tim Steckel, die beiden hatten nach dem Corona-Ausbruch übernommen.

Gewerkschaft begrüßt Wechsel zunächst

Die Gewerkschaft Verdi bewertet den Wechsel der Servicekräfte von der Tochter- zur Muttergesellschaft zunächst als positiv. Es sei von vornherein klar gewesen, dass die Pflege besser funktioniere, wenn alle Mitarbeitenden in einer Gesellschaft beschäftigt sind, sagte der zuständige Gewerkschaftssekretär Torsten Schulz auf PNN-Anfrage. Verdi bleibe bei seiner Forderung „Ein Haus, eine Belegschaft“. Alle Mitarbeitenden sollten in das Klinikum zurückgeführt werden.

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Hans-Ulrich Schmidt, Sprecher der Geschäftsführung des Klinikums "Ernst von Bergmann".
Hans-Ulrich Schmidt, Sprecher der Geschäftsführung des Klinikums "Ernst von Bergmann".

© Andreas Klaer

Das hat die Klinikum-Geschäftsführung aber offenkundig nicht vor – trotz der Rückkehr zur Bezahlung nach dem Tarif des öffentlichen Dienstes (TvöD) auch in den Tochtergesellschaften. In einer aktuellen Mitarbeiterinformation, die den PNN vorliegt, schreibt die Klinikleitung, dass „rein pflegeferne Tätigkeiten“ wie Flächenreinigungsleistungen, Sterilgutversorgung, Handwerker oder Betriebstechniker und Bauplanung weiter in der Servicegesellschaft verbleiben werden. „Hier gilt es auch zukünftig, eine klare Kostentransparenz über die Wirtschaftlichkeit der eigenen Leistung zu schaffen“, endet das Schreiben der Klinikleitung.

Servicegesellschaft mit Tarif teurer als freier Markt

Klar ist: Seit der von den Stadtverordneten beschlossenen Rückkehr zum Tariflohn zum 1. Juni 2020 kosten viele der Arbeiten, die die Servicegesellschaft übernimmt, mehr als wenn das Klinikum sie auf dem freien Markt einkaufen würde. Denn die allermeisten Firmen in diesem Bereich zahlen ihren Mitarbeitenden keinen Tariflohn. Verdi fordert in diesem Zusammenhang einen weiteren Beschluss der Stadtverordneten, wonach das Klinikum verpflichtet werden soll, die Servicegesellschaft wie bisher zu erhalten und Leistungen nicht zu verkaufen.

Tarifrückkehr kostet bis 2023 bereits 42 Millionen Euro mehr

Die Klinikum-Geschäftsführung allerdings steht wegen der Tarifrückkehr, die für Mehrkosten von 42 Millionen Euro von 2020 bis 2023 sorgt, vor einem scharfen Sparkurs. Die Stadtverordneten haben beschlossen, dass das Klinikum knapp die Hälfte der Mehrkosten selbst tragen muss: zum großen Teil finanziert aus Rücklagen, aber auch durch Kosteneinsparungen. Zudem hatte die Gewerkschaft Verdi erst kürzlich einen neuen Tarifvertrag zur Entlastung der Mitarbeitenden gefordert und mit Streik gedroht, sollten im Herbst keine Verhandlungen aufgenommen werden. 

Darüber, ob ein solcher Tarifvertrag über Mindestpersonalbesetzungen rechtens wäre, streiten Verdi und Kommunaler Arbeitgeberverband, in dem das Klinikum Mitglied ist. Verdi hatte zuletzt eine drastische Überlastung der Bergmann-Beschäftigten beklagt und auf eine Umfrage mit 500 Teilnehmenden verwiesen.

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