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Bereit zum Wiederaufbau: Potsdam wartet auf verbannte DDR-Kunst

Die Transparente Weltkugel ist weg, die Familie Grün nicht mehr da und vom Staudenhof-Ensemble ist keine Spur mehr im Stadtbild. Etliche DDR-Kunstwerke sind seit Jahren von Potsdams Straßen verschwunden. Das soll sich bald ändern.

Von Peer Straube

Potsdam - Die „Transparente Weltkugel“? Wurde vor sieben Jahren abgebaut. „Familie Grün“? Fehlt seit vier Jahren im Stadtbild. Die Gruppe von drei Plastiken, die Jürgen von Woyski Mitte der 70er-Jahre für den Staudenhof geschaffen hatte? Wurde vor wenigen Wochen für den bevorstehenden Fachhochschul-Abriss abtransportiert und eingelagert. Immer mehr DDR-Kunst verschwand in den letzten Jahren aus der Potsdamer Innenstadt, Bestrebungen, die Kulturschätze einer untergegangenen Epoche andernorts wieder aufzustellen, verliefen oft im Sande oder verzögerten sich immer wieder. Eigentlich sollten die beiden erstgenannten 2017 wieder öffentlich zu sehen sein, doch auch dazu kommt es nicht. Ein Überblick über den Stand der Dinge.

Transparente Weltkugel

Die „Transparente Weltkugel“ war bis 2010 eines der markantesten Kunstobjekte in der Innenstadt. Die Eisenkugel, 1977/78 von Günter Junge geschaffen, stand neben der Stadt- und Landesbibliothek, bis sie wegen deren Umbau zum Bildungsforum abgebaut und eingelagert werden musste. Die Plastik besteht aus zwei Stahlbändern, die Zitate von Karl Marx und Johann Wolfgang von Goethe wiedergeben, und hat einen Durchmesser von fünf Metern. Mehrfach waren Anläufe zur Wiederaufstellung der Skulptur gescheitert, im vergangenen Jahr schließlich einigte man sich auf eine Grünfläche neben dem Markt-Center in der Breiten Straße als neuen Standort.

Allerdings sind die Schäden an dem Stahlkoloss größer als angenommen: Das Kunstwerk sei 2010 „zum Teil unsachgemäß“ abgebaut worden, sagte ein Stadtsprecher den PNN. Zudem sei das Objekt, das im städtischen Bauhof lagert, seit sieben Jahren nicht gepflegt worden, die Oberflächen daher verrostet. 65 000 Euro kostet allein die Restaurierung, inklusive Transport, Fundament und Aufstellung müssen sogar 93 000 Euro ausgegeben werden. Eigentlich sollte das Kunstwerk bereits in diesem Jahr aufgestellt werden. Nun dauert es noch ein weiteres Jahr. 2018 soll die „Transparente Weltkugel“ restauriert und am neuen Standort aufgestellt werden, sagte der Rathaussprecher. Der Bauantrag sei bereits eingereicht worden, die Baugenehmigung liege aber noch nicht vor. Die Linke will einen Teil der Kosten durch Spenden abdecken – Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg hatte zuletzt erklärt, es gebe bereits Sponsoren für das Fundament.

Familie Grün

Das 1982 aufgestellte und von dem verstorbenen Potsdamer Künstlerehepaar Hans-Joachim und Carola Buhlmann geschaffene Ensemble „Familie Grün“ gehörte jahrzehntelang zu den beliebtesten Kunstobjekten der Potsdamer. Auch viele Touristen ließen sich mit dem Keramik-Trio, bestehend aus einem bärtigen Mann, einer Frau mit Hut und grünem Kleid und einem Jungen, gern fotografieren. Nachdem Vandalen das Kunstwerk an der Ecke Brandenburger/Lindenstraße mehrfach schwer beschädigt hatten, gab ihm die Witterung den Rest. 2013 mussten die Figuren abgebaut werden, weil die Eisenträger im Innern verrostet waren und die Keramik zu sprengen drohten.

Anfang des Jahres hieß es nun, noch 2017 würden Kopien angefertigt und aufgestellt. 25 000 Euro aus dem Stadthaushalt zuzüglich gut 2000 Euro an Spenden standen zur Verfügung. Inzwischen haben sich die Kosten aber nahezu verdoppelt. Der Grund: Statt der ursprünglich geplanten Nachbildung der Figuren aus epoxidharzgebundenem Mörtel soll die Rekonstruktion nun durch „freie Nachschöpfung in glasierter Terrakotta“ erfolgen, sagte der Rathaussprecher. Darauf habe sich die Stadt nach Gesprächen mit der Tochter der Künstlerin, Katja Buhlmann, verständigt. 45 000 Euro soll das kosten, die entsprechenden Mittel seien für den Doppelhaushalt 2018/19 beantragt. Sobald das Geld zur Verfügung steht, werde die Kopie in Auftrag gegeben und nach Fertigstellung aufgestellt.

Staudenhof-Ensemble

Anfang bis Mitte der 70er-Jahre schuf Jürgen von Woyski ein Ensemble von drei Kunstwerken aus Keramik für die Grünanlage am Staudenhof: Die „Stehende unter dem Baldachin“, das „Sitzende Mädchen“ und den „Pflanzturm“ auf der Grünanlage an der Straße Am Kanal. Vandalismus und Witterung hatten den Objekten über die Jahre arg zugesetzt, erst im vergangenen Jahr wurden sie restauriert – und genau ein Jahr später erneut abgebaut und eingelagert, um Platz für den Abriss der Fachhochschule zu schaffen. 2018 sollen sie an einem neuen Standort aufgestellt werden, 40 000 Euro kostet das nach Angaben des Stadtsprechers. Nur der Ort ist noch unklar. Überlegungen, das Ensemble auf der Freundschaftsinsel aufzubauen, wo bereits eine große Zahl von DDR-Plastiken steht, scheiterten am Widerstand des Fördervereins für die Insel. Bis Ende Oktober soll der Beirat für Kunst im öffentlichen Raum nun einen geeigneten Standort auswählen.

Natur und Technik

Das Metall-Kunstwerk „Natur und Technik“ wurde von Werner Nerlich für die DDR-Schwimmhalle am Brauhausberg geschaffen, wo es bis kurz vor der Eröffnung in diesem Jahr auch hing. Erst vor wenigen Tagen wurde es an die Rückwand des neuen blu-Bades angebracht, was in den sozialen Netzwerken viel Kritik auslöste, weil es dort kaum jemandem auffalle. Zur Platzwahl teilte die Stadt mit: „Die alleinige Entscheidung liegt bei den Stadtwerken.“ Von dort hieß es, man könne das Kunstwerk doch von der nun fertigen Liegewiese des Bads sehen.

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