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Beerdigung: Trauer um den „Tonmeister von Babelsberg“

Am Dienstag wird Ulrich Illing beigesetzt. Er wusste alles über Tonfilme – und wie man andere dafür begeistert.

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Die Nachricht war für viele ein Schock. Am Freitag, dem 30. November, war Ulrich Illing noch bei einer Preisverleihung der Defa-Stiftung in Berlin, traf dort alte Kollegen und Weggefährten aus dem Studio Babelsberg, war guter Dinge. Zwei Tage später war der „Tonmeister von Babelsberg“ tot, ohne bekannte Vorerkrankung und völlig überraschend. Es war Sonntag, der 2. Dezember 2018, als er einfach nicht mehr aufwachte. Am Dienstag findet die Beisetzung statt.

Schon 1970 war Illing zu den Defa-Filmstudios in Babelsberg gekommen. Zunächst war er als Wartungsingenieur angestellt, später wurde er Abteilungsleiter Tontechnik und damit Chef von 70 Mitarbeitern. Auch nach der Wende, als aus der Defa das Studio Babelsberg wurde, blieb er Technischer Leiter der Tonabteilung, 2005 ging er in den Ruhestand. Doch sein enormes Wissen über den Tonfilm und die Geschichte von Studio Babelsberg blieb erhalten – denn Illing baute in dem gleichen Haus, in dem er jahrzehntelang gearbeitet hatte, ein kleines Museum auf. Zahllosen Kollegen, Freunden, Studiobesuchern, Studenten und Schülern zeigte er dort auf Anfrage seine Sammlung historischer Filmprojektoren, Grammofone und Mikrofone, sogar ein originaler Phonograf von Edison – das Patent dafür stammt von 1878 – war darunter. Illing war und blieb eine Institution für das Studio, bis zuletzt.

„Er war ein Fachmann durch und durch“, erinnert sich Kollegin Angelika Müller an den 73-Jährigen. Keiner habe ihm was vormachen können, was die Technik anging. Dennoch sei Ulrich Illing aber nie überheblich gewesen, sondern habe auch technisch weniger versierten Menschen „mit einer Engelsgeduld“ alles erklärt. Er habe es auch geschafft, den Bogen zur heutigen Zeit zu schlagen. Studenten, die anfangs skeptisch ob der uralten Gerätschaften in seinem kleinen Museum waren, hätten schnell gemerkt, dass diese die Grundlage für die moderne Technik waren, so Müller. Sie selbst war seit 1981 bei den Studios angestellt, schrieb zunächst für die Betriebszeitung und war später im Bereich Öffentlichkeitsarbeit tätig. Heute organisiert Müller Führungen durch die Filmstudios und führt sie auch selbst durch. Bis zuletzt auch in Illings Museum. „Er war ein so liebenswerter und freundlicher Kollege“, erinnert sie sich. Und sehr akribisch sei er gewesen, vor allem wenn es um die Geschichte des Studios ging. „Wenn er zum Beispiel nicht wusste, ob ein Ereignis 1931 oder 1932 stattgefunden hat, hat ihn das nicht mehr losgelassen und er hat weitergeforscht, bis er es herausgefunden hat.“ Seine Leidenschaft für Filme habe ihn immer begleitet, ohne Fotoapparat und Kamera habe man ihn selten gesehen, auch privat. Seine Familie habe ihn bei seiner Begeisterung für den Film immer unterstützt.

1972 hatten Illing und seine Frau Ute geheiratet, sie arbeitet bis heute in der Videothek der Potsdamer Filmuniversität. 1973 wurde die gemeinsame Tochter, 1975 der Sohn geboren. Zuerst wohnte die Familie in Babelsberg, später Am Stern, zuletzt lebten Ulrich und Ute Illing in Bergholz-Rehbrücke. Auch in der Nachbarschaft war Illing aktiv, half etwa dem Mehrgenerationenhaus Nuthetal mit der Tontechnik, leitete den örtlichen Videoclub und zeigte Filme. Nicht nur dort ist man bestürzt über den plötzlichen Tod von Illing, der noch so vieles vorhatte, wie der Vorstand mitteilte. Auch aus dem Filmmuseum kamen wie berichtet Beileidsbekundungen und der Studiengang Filmkulturerbe der Filmuniversität Potsdam trauert ebenfalls öffentlich. „Mit seinem großen Fachwissen und seinem Talent für dessen unterhaltende Vermittlung war er eine Attraktion für alle bisherigen Jahrgänge des Studiengangs“, hieß es. Der Besuch seines Tonfilmmuseums habe fest zum Auftaktprogramm der Erstsemester gehört.

Groß ist die Bestürzung natürlich auch beim Studio Babelsberg. Sein profundes Wissen und „sein unermüdliches Streben, dieses Wissen weiterzugeben, machten ihn zu einem hochgeschätzten Mitarbeiter und liebenswerten Kollegen“, hieß es. Was mit dem Museum passiert, ist laut Studio-Sprecherin Bianca Makarewicz noch nicht geklärt. Sicher ist aber schon, dass es eine Gedenkveranstaltung für Illing geben wird. Wahrscheinlich noch im Januar.

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