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Bauskandal in Potsdam: Giftiger Schadstoff über der Schulaula

Möglicher Pfusch bei Sanierung des Helmholtz-Gymnasiums hat Folgen. Die Stadt Potsdam will nun Schadenersatz verlangen. Die Schulplanung gerät zudem völlig durcheinander.

Innenstadt - Ein mutmaßlicher Bauskandal wirbelt die städtischen Schulplanungen durcheinander. Im eigentlich bereits sanierten Haupthaus des Helmholtz-Gymnasiums ist ein giftiger Schadstoff gefunden worden, deswegen verzögern sich die Sanierungsarbeiten auf dem Schulcampus an der Kurfürstenstraße um unbestimmte Zeit. Eine Folge: Unter anderem muss deswegen auch die Eisenhart-Grundschule noch einmal mehrere Monate länger in ihrer provisorischen Unterkunft in der Gutenbergstraße bleiben und kann nicht zurück auf den Schulcampus ziehen. Zudem drohen der Stadt kurzfristig zusätzliche Kosten in Höhe von mehreren Hunderttausend Euro – Geld, das sich das Rathaus aber mittels einer möglichen Schadensersatzklage wiederholen möchte.

Den Schadstofffund – es geht um giftiges DDT (siehe Kasten) – und die Folgen erklärte am Mittwoch der Chef des Kommunalen Immobilienservice (KIS), Bernd Richter, auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz. Zuvor hatte er die betroffenen Schulen informiert. Das DDT sei in „deutlich erhöhter Konzentration“ im Dachgebälk über der Aula des Helmholtz- Hauptgebäudes nachgewiesen worden. Der Bereich ist nun gesperrt, um weitere Gefährdungen auszuschließen.

Richter sagte, der Fund habe ihn „völlig überrascht“. Schließlich sei der betroffene Bereich von einer beauftragten Firma auf Schadstoffe untersucht worden. „Offensichtlich ist das aber nicht voll umfänglich geschehen“, so Richter. Vor etwa einer Woche habe er wegen der Tragweite des Vorgangs bereits eine auf Baurecht spezialisierte Potsdamer Anwaltskanzlei beauftragt, gegen mögliche Verantwortliche rechtlich vorzugehen. „Hier geht es auch um das Thema Schadensersatz.“ Auch intern prüfe der städtische Fachbereich Recht und Personal mögliche personalrechtliche Konsequenzen, betonte Richter: „Es ist nicht ausgeschlossen, dass es auch beim KIS zu Versäumnissen gekommen ist.“ Zu seiner Rolle sagte Richter: „Ich bin Werkleiter, nicht Projektleiter.“ Für Projekte wie den Campus an der Kurfürstenstraße sei jeweils ein Projektleiter zuständig. Ob die KIS-Projektleiter für dieses Großprojekt über die Jahre wechselten, wollte Richter nicht beantworten. Er habe sich den Sachverhalt nun persönlich auf den Tisch gezogen, so der KIS-Chef: „Über alles Weitere werden wir zeitnah und fortlaufend informieren.“

Noch ist vieles unklar, das DDT wurde bisher unter anderem in Staubproben nachgewiesen. Genaue Werte konnte Richter noch nicht nennen. Derzeit sei ein Schadstoffbüro beauftragt, den Umfang der Kontaminierung zu erfassen und einen Sanierungsplan zu erstellen. Nächste Woche sollen weitere Details feststehen.

Mehr als 1000 Schüler befinden sich nun in der Warteschleife – zum Beispiel etwa 330 Eisenhart-Grundschüler, die seit März 2011 in beengten Verhältnissen in der Gutenbergstraße unterrichtet werden und eigentlich diesen Sommer auf den fertig sanierten Campus an der Kurfürstenstraße zurückziehen sollten. Eigentlich sollten Arbeiten auf dem Campus – die Stadt investiert rund 19,3 Millionen Euro – schon im vergangenen Jahr beendet sein. Verzögerungen gab es unter anderem wegen strittigen Finanzierungsfragen, ungeahntem Schwammbefall und Denkmalschutz-Auflagen. Auch rund 700 Helmholtz-Schüler müssen nun länger mit der Baustelle auf ihrem Campus leben. „Natürlich sind die Schulen nicht sonderlich begeistert“, sagte Richter. Im besten Falle werde die Verzögerung vielleicht nur sechs Wochen betragen, hofft Richter vorsichtig – dann könnten die Schüler möglicherweise in den Herbstferien umziehen. Positiv sei zumindest, dass Schüler wegen der Probleme nicht auf andere Schulstandorte verteilt werden müssen.

Allerdings muss sich der KIS kurzfristig auf Zusatzkosten in Höhe von mehreren Hunderttausend Euro einstellen. Denn Container-Unterrichtsräume, die eigentlich für den am 31. August vorgesehenen Start der neuen Grundschule im Ortsteil Bornim vorgesehen sind, werden nun doch länger für das Helmholtz-Gymnasium benötigt. Deswegen muss schnell Ersatz geschaffen werden. Das Problem laut Richter: Der Markt für solche Container ist bundesweit leergefegt, weil solche Systeme von vielen Kommunen auch zur Unterbringung von Flüchtlingen eingesetzt werden. „Wir befinden uns mit drei Unternehmen in Verhandlung und hoffen auf ein Ergebnis in der nächsten Woche“, so Richter. Ob gekauft oder gemietet werden muss, sei noch offen. Auch diese Mehrkosten wolle man gegenüber den Verantwortlichen geltend machen.

Für die DDT-Sanierung selbst geht Richter derzeit von Kosten unter 100 000 Euro aus, aber eben einem zeitaufwendigen Verfahren. DDT im Holzgebälk könne etwa mit einem Schutzanstrich versiegelt werden, so Richter.

Am Mittwochabend wurde auch der Hauptausschuss informiert. Zu allem Überfluss merkte dort Carsten Linke von Die Andere an, dass auch im vor einem halben Jahr fertig gebauten Klassenhaus auf dem Campus noch Probleme mit der Brandschutzanlage bestünden. Richter antwortete, auch in diesem Fall seien Rechtsanwälte eingeschaltet worden.

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