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Rolltreppen im Hauptbahnhof versagten den Dienst.

©  Sebastian Gabsch

Badeverbot, Kleingärten, Wasserpreise: Die Liste der Potsdamer Aufreger ist 2019 besonders lang

Für viele Potsdamer gab es 2019 zahlreiche Gründe, sich aufzuregen. Mal ärgerten sich Bürger über kaputte Rolltreppen, mal über einen Party-Pfusch. Ein Überblick.

Peng, peng. Nach Meldungen über schwere Verletzungen und Sachbeschädigungen in der Silvesternacht entbrannte in Potsdam im Januar eine Diskussion um ein Böllerverbot. Das Rathaus gelobte, bis zur Sommerpause die rechtlichen Grundlagen zu prüfen. Offenbar war das ziemlich kompliziert, denn monatelang tat sich nichts. Erst Anfang Dezember sagte Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) dann das Böllerverbot ab, weil „keine ausreichende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ gegeben sei. Also bleibt alles wie immer.

Ehre. Die Entscheidung von Oberbürgermeister Mike Schubert, dass sich mit Lutz Boede die Galionsfigur der linksalternativen Wählergruppe Die Andere ins Goldene Buch der Stadt eintragen kann, sorgte im Januar für Kritik. Insbesondere die CDU fand das unpassend. Boede trug sich trotzdem ein und versprach, auch künftig nicht in den Ruhestand zu gehen.

Beim Neujahrsempfang der Stadt Potsdam trug sich Lutz Boede ins Goldene Buch der Stadt ein.
Beim Neujahrsempfang der Stadt Potsdam trug sich Lutz Boede ins Goldene Buch der Stadt ein.

© Manfred Thomas

Badefreude. Die Fraktionen von SPD und CDU/ANW kritisierten, dass ein Teil der Steganlage an der Yachthafenresidenz „Havelwelle“ in Potsdam-West nur für Bewohner des Luxuswohnriegels zugänglich sein soll. Man störte sich am geplanten Badebecken. Schade nur, dass alles längst genehmigt war.

Digital. Pläne für ein Digitalzentrum in der früheren RAW-Halle blieben umstritten. Das Projekt stand sogar kurz auf der Kippe als der Baubeigeordnete Bernd Rubelt (parteilos) ein Werkstattverfahren ins Spiel brachte. Schließlich ruderte die Verwaltung zurück, der Bebauungsplan wurde beschlossen. Im September erklärte sich der bis dahin geheimgehaltene Investor Michael Zeligman öffentlich und der Bauantrag wurde gestellt.

Brennpunkt. Nachdem zu Jahresanfang bekannt wurde, dass an Silvester im Hauptbahnhof Minderjährige belästigt wurden und es bereits vorher Vorfälle gab, wird über die Sicherheit diskutiert. Zusätzliche Streifen von Polizei und Ordnungsamt sollten das Sicherheitsgefühl verbessern. Auch sonst gab Potsdams belebtester Ort kein gutes Bild ab. Über das Jahr verteilt waren mehrere Rolltreppen teils über Wochen defekt – zur Empörung von Behinderten- und Tourismusvertretern. Außerdem bröckelt der erst drei Jahre zuvor erneuerte Fußboden. Bis 2022 soll überalterte Technik im Hauptbahnhof ausgetauscht sein, hieß es im Oktober.

Schleichfahrt. Eigentlich sollte eine neue Einbahnstraße in Potsdam-West das Ausweichen von der stark befahrenen Zeppelinstraße erschweren. Doch Anwohner beklagten, dass die Autos nun einfach durch andere Nebenstraßen fahren oder sich in der Kastanienallee stauen. Das Rathaus blieb entspannt: Neue Verkehrsregelungen bedürften einer Eingewöhnungszeit, hieß es.

Patt. Das Rathaus versucht die Babelsberger Kleingartensparte Angergrund zu retten. Der Grundstückseigentümer Tamax will dort aber Wohnungen bauen. Die Suche nach einem Kompromiss scheiterte. Die Stadt beharrte auf den Kleingärten, der Investor droht nun mit Klage.

Kinder und Tiere. Der vom Abriss bedrohte Kitabauernhof in Groß Glienicke bekam Unterstützung aus der Politik: Linke und die Fraktion Die Andere setzten sich für den Erhalt ein, doch die Stadt blieb hart. Schließlich gewann die Stadtverwaltung ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht um Abrissverfügungen. Vorbei ist der Streit dennoch nicht.

Klamm. Das private Mitmachmuseum Extavium ist in Geldnot. Die Stadt stellte für 2019 zwar 200 000 Euro bereit. Ein Gutachten soll aber noch prüfen, ob eine dauerhafte Förderung möglich ist.

Überwachung. In einer Toilette der Voltaireschule wurden im Juli illegal angebrachte Kameras entdeckt. Der Hausmeister wurde vom Dienst freigestellt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Raubkunst? Erben eines französischen Kunstsammlers beantragten per einstweiliger Verfügung die Herausgabe eines Gemäldes, das im Museum Barberini ausgestellt wird. Begründung: Es handele sich um Raubkunst. Am Ende wurde das Gemälde wieder nach Houston (USA) gebracht. Die Kläger könnten dort den Rechtsweg einschlagen, hieß es.

Das Bild „Regatta in Venedig“ im Museum Barberini.
Das Bild „Regatta in Venedig“ im Museum Barberini.

© Manfred Thomas

Welterbe. Der neue Generaldirektor der Schlösserstiftung, Christoph Martin Vogtherr, begann zu Jahresbeginn seine Arbeit. Im Sommer schlug er Alarm: Die Schäden in den Parks nehmen zu – durch die Erderwärmung und durch unachtsame Besucher. Es begann eine Debatte über ein Badeverbot am Heiligen See.

Sterne. Das Planetarium rief um Hilfe: Dringend wurde Geld benötigt, um die steigenden Besucherzahlen mit mehr Personal zu betreuen. In der Sommerhitze musste das Haus dann schließen, weil der Beamer die Hitze ohne Klimaanlage nicht mehr aushielt. Die Stadtpolitik bewilligte eine Soforthilfe.

Armut. Potsdam hat zwar die niedrigste Armutsquote aller ostdeutschen Großstädte, doch Kinder, Ältere und Ausländer gehören zu den Verlierern. Die neue Sozialdezernentin Brigitte Meier (SPD) will nun erstmals einen Armutsbericht erstellen.

Abriss. Ärger gab es um die Wohnanlage Nutheschlange: Anwohner klagten über tote Fische in den Teichen, eine Stechmückenplage und üblen Geruch. Parallel tobte ein Streit zwischen der kommunalen Pro Potsdam und dem Architekten um den geplanten Abriss des Kopfbaus.

Anwohner protestierten gegen Abrisspläne der Nutheschlange.
Anwohner protestierten gegen Abrisspläne der Nutheschlange.

© Manfred Thomas

Kein Weg. Der Uferweg in der Speicherstadt bleibt noch über Jahre zu – trotz mehr als 1000 Unterschriften. Das Rathaus beteuerte, eine provisorische Lösung sei nicht möglich.

Verdacht. Einem in Babelsberg ansässigen Sozialprojekt wurde vorgeworfen, deutsche Teenagern in Rumänien zu „übermäßig schwerer Arbeit“ gezwungen zu haben. Betroffene kamen auch aus Brandenburg.

Pfusch. Am 10. November feierte Potsdam die Grenzöffnung 1989 auf der Glienicker Brücke. Doch vom Gesang eines Schülerchores bekamen Besucher wenig mit, weil die Staatskanzlei die Mikrophone vergessen hat.

Preisfrage. Das Verwaltungsgericht hält Potsdams Wasserpreise für nicht für nachvollziehbar und gab einem klagenden Ehepaar nach sieben Jahren Verfahrenszeit recht. Viele Großvermieter wollen deshalb vorsorglich in Widerspruch gehen.

Rechts. In den Pfarrgemeinderat der katholischen St. Peter und Paul-Kirche ist ein Vorstandmitglied der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative gewählt worden – der Verfassungsschutz rechnet die Organisation dem rechtsextremen Spektrum zu. Die Gemeindemitglieder hatten keine Ahnung.

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