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Droht ein Schwimmer unterzugehen, sollte man ihm möglichst einen Rettungsring oder einen anderen Gegenstand reichen.

© Ottmar Winter

Baden, aber sicher: „Kinder ertrinken leise“

Nach dem tödlichen Badeunglück im Großen Lienewitzsee: DLRG-Rettungsschwimmerin Ines Rohrbach über die Gefahr am Wasser und Sicherheit beim Baden. Außerdem: Zehn Baderegeln der DLRG.

Ines Rohrbach (52) ist Rettungsschwimmerin, Rettungssanitäterin und Bootsführerin. Bei der Ortsgruppe Potsdam der DLRG kümmert sie sich auch um die Öffentlichkeitsarbeit.

Frau Rohrbach, woran erkennt man, dass ein Kind zu ertrinken droht?
Bei Kindern ist das sehr schwierig zu erkennen. Kinder ertrinken leise. Sie schreien nicht oder wedeln mit den Armen, sie gehen einfach unter. 

Wie können Eltern trotzdem erkennen, dass das Kind in Gefahr ist?
Eltern sollten ihre Kinder immer im Auge behalten, wenn diese im Wasser sind. Also auch nicht aufs Handy schauen oder in der Tasche kramen. Eltern kennen ihr Kind am besten und erkennen, wenn dieses sein Verhalten ändert und nicht mehr spielt oder tobt wie vorher. Es gilt: Lieber einmal zu viel rausholen.

DLRG-Rettungsschwimmerin Ines Rohrbach.
DLRG-Rettungsschwimmerin Ines Rohrbach.

© PRIVAT

Wenn man bemerkt, dass jemandem die Kraft ausgeht, wie kann man helfen?
Priorität Nummer eins ist die Eigensicherheit. Man darf sich nicht überschätzen, sonst bringt man sich selbst in Gefahr. Zuerst sollte man laut um Hilfe rufen, um möglichst viele aufmerksam zu machen. Dann hinschwimmen. Aber man darf nicht vergessen: Ein Ertrinkender entwickelt bis zu dem Dreifachen seiner Körperkraft. Deshalb sollte man etwas mitnehmen, was man der Person reichen kann. Das kann ein Rettungsring sein, zur Not aber auch ein Handtuch, an dem man die Person ziehen kann. Wenn man es sich zutraut, kann man auch tauchen und ein Kind herausziehen.

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Wovon geht beim Baden die Gefahr aus?
Selbstüberschätzung ist oft ein Problem. Das Alter spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Im See gibt es keine Balken, an denen man sich zwischendrin festhalten und ausruhen kann. Wenn man hinausschwimmt, darf man nie vergessen, dass der Rückweg genauso lang ist, wie der Hinweg. In Seen sind auch Abbruchkanten eine große Gefahr, gerade für weniger geübte Schwimmer. Der Boden geht langsam rein und plötzlich fällt das Gelände schlagartig ab. Auch Wasserpflanzen, die man nicht sieht und die man plötzlich um die Beine hat, können eine Panikreaktion auslösen.

Welche Regeln sollten Eltern beachten?
Ganz wichtig ist: Schwimmflügel oder Schwimmhilfen bieten keinen sicheren Schutz. Nichtschwimmer und Schwimmanfänger sollten immer nur bis zum Bauch ins Wasser, sie brauchen einen sicherer Stand. Oder die Eltern bleiben direkt beim Kind, wenn dieses dort schwimmt, wo es nicht stehen kann. Das Wasser hat eine andere Kräfteauswirkung auf Kinder, die Strömung kann sie schnell wegreißen, auch Wellenbewegungen durch Boote oder auch an Nord- und Ostsee können eine große Gefahr sein.

Am Montag wurde ein acht Jahre alter Junge leblos aus dem Großen Lienewitzsee geborgen.
Am Montag wurde ein acht Jahre alter Junge leblos aus dem Großen Lienewitzsee geborgen.

© Andreas Klaer

Wie können Eltern ihre Kinder für das Thema Badesicherheit sensibilisieren, ohne ihnen Angst vor dem Wasser zu machen?
Kinder haben grundsätzlich keine Angst, sind neugierig. Solange sie keine schlechte Erfahrung gemacht haben, finden sie das toll. Aber die Baderegeln sollten den Kindern immer vermittelt werden, bevor diese ins Wasser gehen. Auf der Homepage der DLRG haben wir die Regeln mit Bildern kindgerecht dargestellt. Eltern sollten auch sachlich auf die Gefahren hinweisen. Das ist das A und O. Man sollte so ehrlich sein zu sagen, dass man untergehen kann.

Während der Pandemie sind Schwimmkurse über Monate ausgefallen. Ist die Gefahr der Badeunfälle noch gewachsen?
Es ist ein großes Defizit entstanden. Ein ganzer Jahrgang fällt zurück, sowohl beim Schulschwimmen als auch bei Schwimmkursen. Das kann zu vermehrten Unfällen führen. Hier ist Wachsamkeit geboten. Die Eltern sind jetzt noch mehr gefragt als sonst. Kinder, die schon schwimmen können, verlernen es nicht, aber die Übung fehlt. Jetzt müssen die Sicherheit und die Qualität des Schwimmens durch Training verbessert werden.

Zehn Baderegeln der DLRG

Die Ortsgruppe Potsdam der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) kümmert sich um Wasserrettungsdienste. Etwa 60 Einsätze pro Jahr führt die Gruppe durch, neben Einsätzen zur Lebensrettung sind das auch Berge- oder Suchaufträge oder technische Hilfeleistungen. Der Wasserrettungsdienst kann über den Notruf 112 alarmiert werden. Zudem wird Schwimmunterricht erteilt, Aus- und Weiterbildungen angeboten. Die Ortsgruppe hat 470 Mitglieder. Die gesamte Tätigkeit erfolgt ehrenamtlich. Auf ihrer Homepage potsdam.dlrg.de informiert die Gruppe auch über die zehn wichtigsten Baderegeln.

1. Gehe nur zum Baden, wenn du dich wohl fühlst. Kühle dich ab und dusche, bevor du ins Wasser gehst.

2. Gehe niemals mit vollem oder ganz leerem Magen ins Wasser.

3. Gehe als Nichtschwimmer nur bis zum Bauch ins Wasser.

4. Rufe nie um Hilfe, wenn du nicht wirklich in Gefahr bist, aber hilf anderen, wenn sie Hilfe brauchen.

5. Überschätze dich und deine Kraft nicht.

6. Bade nicht dort, wo Schiffe und Boote fahren.

7. Bei Gewitter ist Baden lebensgefährlich. Verlasse das Wasser sofort und suche ein festes Gebäude auf.

8. Halte das Wasser und seine Umgebung sauber, wirf Abfälle in den Mülleimer.

9. Aufblasbare Schwimmhilfen bieten dir keine Sicherheit im Wasser.

10. Springe nur ins Wasser, wenn es frei und tief genug ist.

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