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Sind so schöne Töne. Ein Besucherkind des ersten Babykonzerts im Café Ricciotti schaut sich ganz genau an, was die Bratschistin Ekaterina Baranowa hier macht. Vier Musiker spielten Kinderlieder aus aller Welt – dabei konnte man gut entspannen und vielleicht sogar einschlafen.

© Andreas Klaer

Babykonzert im Nikolaisaal: Wickeln mit Violine

Das erste Babykonzert des Nikolaisaals war ausverkauft. Musiker und Publikum ließen es entspannt angehen.

Gerade sieben Wochen alt ist der kleine Kerl und hat bereits eine ganze Menge erlebt. „Wir waren schon auf einer Hochzeit, im Baby-Kino im Thalia und jetzt hier im Konzert“, sagt seine Mama. „Ich möchte mit Kind weiterhin das machen, was ich früher gern gemacht habe, also auch mal ausgehen oder ins Konzert gehen.“ Die junge Mutter zählte am gestrigen Donnerstag zu den Besucherinnen des ersten Babykonzerts des Nikolaisaals. „Hier stört es keinen, wenn das Kind mal schreit.“

Möglicherweise bekommt ihr Sohn sogar ein Konzertabo aufgebrummt. Denn das gestrige Konzert ist der Auftakt einer Reihe von Musikveranstaltungen für Eltern, Babys und Kleinkinder. Alle zwei Monate wird es ein Krabbelkinderkonzert geben, wobei die Altersgrenze praktische Gründe hat. Wer schon selber laufen kann, ist vermutlich schwer zu bändigen in einem kleinen, intimen Konzert. Für Kinder bis drei Jahre gibt es deshalb in den Monaten dazwischen Mitsingkonzerte. „Komm, sing mit“ findet erstmals am 6. Oktober statt.

Veranstaltungsort wird immer das Café Ricciotti in der Wilhelm-Staab-Straße sein, das seit seiner Eröffnung im vergangenen Jahr gern für ungezwungene kleinere Veranstaltungen genutzt wird. Aufgrund der sich bereits jetzt zeigenden großen Nachfrage finden von den halbstündigen Babykonzerten jeweils vier nacheinander statt, zwei davon in der Kirche am Neuendorfer Anger in Babelsberg. Drei der gestrigen Auftaktkonzerte waren ausverkauft. Für die neue Reihe wurde extra ein kleines Ensemble gegründet, ein Pool professioneller Musiker, die dann die Baby-Konzerte gestalten werden.

Kinder gehören unbedingt zur Zielgruppe des Nikolaisaals. Beliebt ist die Reihe „Das kleine Sinfoniekonzert“, bei der Musiker der Kammerakademie aktuelle sinfonische Produktionen und Instrumente kindgerecht und spielerisch vorstellen. Weiterhin gibt es Schülerworkshops und Probenbesuche. Jetzt also kommt ein Angebot für die ganz Kleinen dazu. „Das ist uns wichtig. Das Gehör ist schließlich das erste Sinnesorgan, das sich beim Baby entwickelt“, sagt Auli Eberle, verantwortlich für musikkulturelle Bildung und Hörvermittlung im Nikolaisaal.

Die Mütter – es sind beim 10.30-Uhr- Konzert ausschließlich Mütter, während um 9 Uhr auch einige Väter dabei waren – denken gestern allerdings nicht vordergründig an musikalische Früherziehung. „Es ist einfach eine schöne Idee und macht Spaß“, sagt eine Mutter. Die Konzertkarte habe sie von ihren Eltern geschenkt bekommen. Nun sucht sie sich im Café ein freies Plätzchen – auf dem Fußboden. Tische und Stühle gibt es nicht, stattdessen liegen überall große Bodenkissen. Der historische Dielenboden ist mit einem maßgeschneiderten, transparenten Plastikbelag abgedeckt. Nicht unbedingt wegen der Kinder, sondern damit das Holz geschützt ist – könnte ja sein, dass mal jemand spuckt, heißt es vom Haus.

Die vier Musiker vom Ensemble Junges Theater Münster sitzen verteilt mitten unter ihrem Publikum, zwanzig Mütter mit ihren Babys. Jonas Nondorf, der Laute und Glockenspiel bedient, macht die Ansage: „Lassen Sie die Kinder machen, wir kommen mit allem klar, mit Geschrei und vollen Windeln oder wenn sie etwas anfassen. Sollten wir Sie allerdings flehend anschauen, dann ist es an der Zeit, dass Sie einschreiten.“

Los gehts mit ein paar zaghaften Tönen, Tea Arnold zupft ihre Violine, die Töne hüpfen und husten und summen, bis die Kollegen einstimmen, Ekaterina Baranova an der erdig-warmen Bratsche, Alex Atzberger an der Gitarre, Jonas Nondorf mit Glockenspiel und afghanischer Schalenhalslaute. Auch eine Rahmentrommel, eine brasilianische Mandoline, ein afrikanische Kalimba mit vibrierenden Lamellen und eine finnische Kantele, eine Art Mini-Zither, werden im Laufe des Konzerts bespielt. Die Musik kommt, wie die Instrumente, aus allen Ecken der Welt. Traditionelle Weisen aus Israel und Lateinamerika, aus Europas Norden und Deutschland, mal sanft und verträumt, mal rhythmisch und lebendig, werden mit improvisierten Übergängen miteinander verbunden. „Numi Numi“, lautet der Konzert-Titel, „Kinder- und Wiegenlieder aus aller Welt“.

Die Kinder lauschen sofort auf die Töne. Suchen mit den Augen den Raum ab, finden Blickkontakt mit den Musikern – oder einem anderen Baby. Manche bleiben faul und entspannt in Mamas Schoß liegen, andere krabbeln über ihr Kissen, wippen mit, brabbeln und glucksen. Einer braucht ein kleines Frühstück zwischendurch, ein anderer möchte lieber auf dem Arm durchs Café getragen werden. Alles kein Problem. Manch einem klappen beim letzten Wiegenlied sogar die Äuglein zu. „Ich hätte gern noch länger zugehört“, sagt eine Mutter, „aber für die Kinder ist eine halbe Stunde ideal.“ Vielleicht ist sie beim nächsten Mal wieder dabei. Am 7. November gibt es Barockmusik von einem Streichquartett – Vogelstimmen und Tanzmusik.

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