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Update

Ausflug am Frauentag: Berliner legen Potsdam lahm

Es ist proppevoll auf Potsdams Straßen: Halb Berlin scheint den heutigen Feiertag zu nutzen, um die Nachbarstadt zu besuchen, denn hier sind die Geschäfte offen. Händler in Potsdam frohlocken. 

Von Valerie Barsig

In Zweierreihen stehen sie an, 50 Meter lang ist die Schlange auf dem Fußweg Richtung Fachhochschule: Viele Berliner haben am Frauentag beschlossen, die Potsdamer Biosphäre  zu besuchen. Aber nicht nur dort ist es an diesem Tag proppevoll: In der Potsdamer Innenstadt ist ab mittags für Autos kein Durchkommen mehr, laut Angaben der Verkehrsbetriebe waren die Trams voller als sonst und das Potsdamer blu musste kurzzeitig sogar den Einlass stoppen – kurzum: die Berliner haben Potsdam nahezu lahmgelegt. 

Was Verkehrsteilnehmer mit Sicherheit ärgert, freut die Händler im Stern-Center in Drewitz und im Holländischen Viertel – und Besuchermagneten wie die Biosphäre.

In der Biosphäre ist man "überrascht, was heute abgeht"

"Ich glaube, wir haben ganz Berlin vor der Tür", sagt Eckhard Schaaf, Geschäftsführer der Biosphäre auf PNN-Anfrage. Rund 2464 Menschen waren heute bis Kassenschluss in der Biosphäre - an einem normalen Freitag kommen rund 300 Besucher. Nur zwei Kassen seien laut Schaaf geöffnet gewesen, um den Besucherstrom zumindest ein bisschen zu regulieren. "Wir haben kaum Zeit, um auf die Toilette zu gehen", scherzt eine der Mitarbeiterinnen vor Ort. Geschäftsführer Schaaf gibt zu: "Ich bin doch etwas überrascht, was heute hier abgeht." Man habe in Berlin nicht extra für den Feiertag geworben, allerdings gebe es seit rund zwei Wochen einen Fernsehspot zur Biosphäre vor den Abendnachrichten im rbb. Offenbar, so sagt Schaaf, wissen die Berliner den Tipp, die Biosphäre zu besuchen, zu schätzen. 

Ebenfalls bereits am frühen Nachmittag zufrieden zeigte sich auch Frank Kosterka, Manager des Stern-Centers. Bereits seit dem Morgen habe er von seinem Bürofenster aus beobachten können, wie viele Autos, aufgereiht wie an einer Perlenkette, von der Nuthestraße aus Richtung Stern-Center abbogen. "Und der Strom reißt nicht ab." Auch auf den Parkplatz des Centers hat er sich schon begeben. "Dort sieht man viele Berliner Kennzeichen", sagt er. Dass vor allem Nicht-Potsdamer-Kunden heute in das Center gekommen sind, mache er auch daran fest, dass das Aufkommen an der Kundeninformation höher sei und sich regelrecht Trauben vor den Center-Wegweisern bildeten. 

Fehlende Sonntagsöffnung trotzdem nicht kompensiert

Kosterka ist zufrieden: "Der freie Tag wirkt sich sehr positiv auf den Potsdamer Einzelhandel aus." Allerdings mahnt er auch an, dass die Besucherzahlen am heutigen Tage kaum die drei fehlenden Sonntagsöffnungen des Stern-Centers im letzten Jahr im November und Dezember kompensieren würden. Wie berichtet sorgte das im vergangenen Jahr für Ärger: Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hatte mehrfach erfolgreich gegen die Sonntagsöffnungen geklagt – teilweise mussten ausgewiesene Verkaufssonntage deswegen kurzfristig wieder abgesagt werden. 

Künftig könnte der Berliner Feiertag aber zumindest für einen Schub bei den Potsdamer Händlern sorgen: Im nächsten Jahr ist er zwar an einem Sonntag, aber 2021 will Kosterka zumindest über größere Marketingaktionen für das Stern-Center nachdenken. "Dieses Jahr war es schlicht zu kurzfristig", sagt er. Allerdings müsse man zunächst die Besucherzahlen des heutigen Tages auswerten. Er rechnet aber mit einem Plus an Besuchern im zweistelligen Prozentbereich - auf mehr Prognose möchte er sich noch nicht einlassen.

Auch viele Brandenburger, die sonst in Berlin arbeiten, kommen heute nach Potsdam

Ebenfalls rund fünf Prozent mehr Besucher als vergangenen Freitag verzeichnen auch die Bahnhofspassagen. Allerdings zweifelt Managerin Jana Strohbach daran, dass es nur Berliner sind, die der Stadt das hohe Besucheraufkommen bescheren. "Ich glaube heute sind auch viele Brandenburger hier, die sonst in Berlin arbeiten." Das Parkhaus der Bahnhofspassagen sei bereits am Morgen voller gewesen, als sonst. "Viele erledigen heute die Dinge, die sie sonst an einem Samstag erledigen würden", sagt Strohbach. 

Auch im Holländischen Viertel sind die Händler bereits am frühen Nachmittag erfreut: "Es ist voll, voll, voll", sagt Anatara Elke Dusin von der Aktionsgemeinschaft Holländisches Viertel, der dortigen Händlervereinigung. Sie betreibt dort selbst ein Café und ein Geschäft. Es seien mehr Kunden unterwegs, als an einem normalen Freitag. "Das wird ein gutes Wochenende", prognostiziert Dusin. Das Wetter, das am Vormittag regnerisch war, aber inzwischen sonnig ist, tue jetzt das Übrige dazu.  

Frank Kallensee von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten wagt ein vorsichtiges Fazit des Frauentages: Im Neuen Palais gab es insgesamt sechs ausverkaufte Führungen, das sei für einen Freitag "sehr gut", so Kallensee. Auch in Sanssouci gebe es "einen Hauch" mehr Besucher als an den vergangenen Tagen. Allerdings, so sagt er, sei auch viel internationales Publikum dabei. Hinzu komme, dass in Bayern derzeit noch Ferien seien, demnach gebe es auch viele Besucher von dort.  

Anne Robertshaw von der Potsdam Tourismusmarketinggesellschaft PMSG  hat mit mehr Besuchern in der Stadt gerechnet. "Wir begrüßen es, dass wir einen Tag haben, an dem sich die Berliner Potsdam widmen", sagt sie auf Nachfrage. Man habe das Angebot allerdings nicht ausgeweitet, nur eine Führung "Potsdamer Hinterhöfe" habe man zusätzlich angeboten. Allerdings sei die Anmeldung erst vor zwei Wochen freigeschaltet worden und die Führung mit 25 Plätzen sei ausverkauft. Normalerweise rechne man mit einem Vorlauf von einem halben Jahr. Dass Potsdam bei Berlinern und Brandenburgern beliebt sei merke sie gerade jetzt auf der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin. Die PMSG teile sich dort derzeit einen Stand mit dem Rathaus, der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) und dem Barberini. Dort seien Besucher - Berliner wie Brandenburger - sehr interessiert an Potsdam, viele kämen immer wieder in die Stadt, sagt Robertshaw. Nun haben sie dazu einen weiteren Tag gewonnen.

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