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Elektronenmikroskopische Aufnahme von Affenpocken-Viren, koloriert. 

© Andrea Männel/Andrea Schnartendorff/RKI/dpa

Ausbreitung der Affenpocken: Potsdam erwartet mehr Fälle, sieht aber keine dramatische Lage

Das Rathaus sieht derzeit eine „entspannte Lage“ nach der ersten Affenpocken-Infektion in der Stadt. Eine stationäre Behandlung sei selten notwendig, sagt ein Infektiologe.

Potsdam - Nachdem in Potsdam eine erste Infektion mit Affenpocken bestätigt ist, rechnet das städtische Gesundheitsamt mit dem Auftreten weiterer Fälle. „Potsdam liegt im unmittelbaren Anschluss an Berlin und hat eine hohe Mobilitätsrate zwischen Berlin und Umland. Daher liegt die Vermutung nahe, dass es noch weitere Fälle geben wird“, teilte Rathaussprecherin Juliane Güldner am Montag auf PNN-Anfrage mit. Die Lage in Potsdam sei dennoch aktuell „als entspannt zu beurteilen“ – es gebe keine Hinweise auf ein unkontrolliertes Infektionsgeschehen mit Affenpocken.

Auch der Oberarzt der Infektiologie des Potsdamer Bergmann-Klinikums, Tilmann Schumacher, sieht keine besorgniserregende Entwicklung: „Wie jede übertragbare Erkrankung nehmen wir diese ernst und versuchen, sie zu kontrollieren beziehungsweise eine Ausbreitung zu verhindern.“

Infektiologe Tillmann Schumacher.
Infektiologe Tillmann Schumacher.

© Ottmar Winter

Am Samstag hatten das Brandenburger Gesundheitsministerium und die Stadt Potsdam über den landesweit ersten Affenpocken-Fall informiert. Betroffen ist den Angaben nach ein 40-jähriger Mann aus Potsdam. Ihm gehe es „so weit gut“, teilte Sprecherin Güldner am Montag mit. Das Gesundheitsamt stehe in regelmäßigem Kontakt mit dem Mann. Ob er sich zuhause oder im Krankenhaus befindet, wollte die Stadt zum „Schutz des Persönlichkeitsrechtes“ nicht mitteilen. Woher der Mann die Infektion habe, dazu habe die Stadt „keine Anhaltspunkte“.

21 Tage Isolation empfohlen

Insgesamt meldete das Robert Koch-Institut (RKI) am Montag bundesweit 21 Affenpocken-Fälle aus sechs Bundesländern. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) empfiehlt Infizierten, sich 21 Tage in Isolation zu begeben. Für Kontaktpersonen gelte die „dringende Empfehlung“ von 21 Tagen Quarantäne. Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) hatte am Samstag versichert, es werde „alles für eine schnelle Eindämmung getan“.

Welche Auswirkungen die Verbreitung der Affenpocken haben könnten, dazu sind bislang auch für Expert:innen einige Fragen offen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilte am Montag mit, sie rechne nicht mit einer Pandemie durch die jüngsten Ausbrüche außerhalb Afrikas. Im Mai seien der WHO bislang mehr als 300 Verdachtsfälle und bestätigte Fälle gemeldet worden, die meisten in Europa. „Im Moment sind wir nicht besorgt über eine weltweite Pandemie“, sagte Rosamund Lewis vom WHO-Programm für Gesundheitsnotfälle. 

Noch wisse man nicht, ob die Affenpocken das Potenzial hätten, sich zu einer Pandemie auszuweiten. Man gehe aber nicht davon aus. Bislang seien keine Todesfälle durch das Virus gemeldet worden, so die WHO. Das RKI teilte am Montag mit, eine „Gefährdung für die Gesundheit der breiten Bevölkerung in Deutschland“ werde nach „derzeitigen Erkenntnissen als gering eingeschätzt“. Das RKI beobachte die Lage aber aufmerksam.

Bisher keine Extra-Betten im Bergmann-Klinikum

In Potsdam hält das Bergmann-Klinikum bislang keine Extra-Betten für Affenpocken-Fälle vor. Sollten Menschen mit Verdacht auf Affenpocken – auch Monkeypoxvirus, kurz MPV – genannt, ins Krankenhaus kommen, würden sie dort isoliert, teilte Klinikumsprecherin Theresa Decker auf Anfrage mit. 

Infektiologe Schumacher sagte: „Bei einer Erkrankung mit MPV wird eine stationäre Behandlung selten notwendig sein, so die bisherige Erfahrung mit dieser Virusinfektion.“ Mögliche Patientenzahlen abzuschätzen, sei daher derzeit schwierig. „Eine denkbare stationäre Behandlung könnte zum Beispiel bei einer Beteiligung der Augen – der Hornhaut – nötig sein, je nachdem, wie ausgeprägt diese Beteiligung ist“, sagte Schumacher. 

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Erste Symptome der Affenpocken sind laut RKI Fieber, Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen und geschwollene Lymphknoten. Es kann großflächiger Hautausschlag dazukommen, auch eine Infektion der Hornhaut. Übertragungen von Mensch zu Mensch seien vor allem bei sehr engem Kontakt möglich. Die Inkubationszeit betrage etwa fünf bis 21 Tage. Laut RKI sei „jeder, der engen körperlichen Kontakt mit einer ansteckenden Person hat“, gefährdet, sich zu infizieren. Wer Symptome habe, die Affenpocken sein könnten, „sollte enge körperliche Kontakte vermeiden und sofort einen Arzt aufsuchen“.

Gesundheitsamt empfiehlt alltägliche Hygienemaßnahmen

Laut Potsdamer Gesundheitsamt sind „die normale Alltagshygiene, regelmäßiges Händewaschen sowie den Kontakt zu bekannten Erkrankten zu meiden“ wichtige Maßnahmen zum Schutz vor einer Ansteckung. Das Klinikum ergreife derzeit keine zusätzlichen Infektionsschutzmaßnahmen, so Sprecherin Decker.

Diagnostiziert werden Affenpocken bislang im RKI-Labor. Es gebe keine Standardverfahren dafür, so das Klinikum. Die Bergmann-Diagnostikgesellschaft, die mit der Corona-Pandemie ihr Labor aufgerüstet hatte, beobachte die Situation jedoch und bewerte „regelmäßig die Möglichkeiten, die Untersuchungen selber durchzuführen“. (mit Reuters, AFP)

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