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AUS DER HISTORIE: Die Geschichte des Gutes Kartzow Urmeer speist Schloss-Quelle Kartzow

Hotelbetrieb in Eugen Schmohls Expressionismus-Bau / Wellnessbereich mit Salzwasser / Mineralwasser-Verkauf geplant

1375 wird Kartzow als Rittergut „uff der heyde“ erstmals erwähnt. 1416 wird es von Cuno von Hünicke gekauft, 1729 von Ludwig von Fronhofer, 1732 von Christoph Johann von dem Knesebeck. 1769 wird der Ort durch den Sohn an Rittmeister Hans Heinrich Wülcknitz verkauft. 1817 erwirbt Familie Harms das Haus, im selben Jahr Apotheker Hübner aus Nauen. 1837 heißt der Besitzer Carl Stieler. 1847 erfolgt unter Stielers Sohn ein Umbau als „herrschaftliches Wohnhaus“ mit Park von Gartenarchitekt Finkenmann. 1873 zerstört ein Brand das Dorf und beschädigt das Gutshaus. 1912 kauft der Spirituosenfabrikant Arthur Gilka das Gutshaus. Er lässt es abreißen und durch Eugen Schmohl das Schloss errichten. 1937 erwirbt Major Krossa das Haus und übergibt es 1942 der Wehrmacht. 1945 verstaatlicht, ziehen Umsiedler ein. Von 1974 bis 1991 ist es Kinderheim, dann bis 1998 Sanatorium. Ab 1998 steht es leer. PNN

Kartzow - Das vom Leerstand gezeichnete neobarocke Schloss Kartzow könnte in naher Zukunft ein Quell der Gesundheit und Erholung sein: Das Ehepaar Ina und Ralf Sonntag plant das 1912 vom Architekten Eugen Schmohl errichtete und bis 1998 als Sanatorium für nierenkranke Kinder genutzte Gebäude für zwei Millionen Euro zu restaurieren und bis 2009 in ein Hotel umzuwandeln.

Die drei Solequellen der „Kartzower Sole“, die auf dem Parkterrain entspringen, sollen aktiviert und im Wellnessbereich genutzt werden. Und mehr noch: Wie Ina Sonntag gestern den PNN erklärte, entspringt einer der Quellen ein Nass mit Trinkwasserqualität. Ein hydrologisches Gutachten von 1988, das der damalige Klinik-Chefarzt und das Potsdamer Getränkekombinat in Auftrag gaben, bestätige dies. Gegenwärtig sei noch das Land Brandenburg Eigentümer von Schloss Kartzow, das Ehepaar besitze einen Überlassungsvertrag. Nach dem Kauf des Anwesens „werden wir eine neue Wasseruntersuchung in Auftrag geben“, so die Investorin. Sie bestätigte, dass „in einer nächsten Stufe“ – nach der Sanierung des Schlosses – eine Flaschenabfüllung und ein Außer-Haus-Verkauf des Kartzower Wassers geplant ist. Ob auf dem Etikett dann „Schlossquell Kartzow“ stehen wird, wisse sie zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht. Wie sie sagte, ziehe sich Geologen zufolge „ein Urmeer“ unter Kartzow hin bis zur Stadt Brandenburg. Dessen Wasser sei von hoher Qualität.

300 Meter unter Kartzow gibt es ein Salzwasserstockwerk in einer Mächtigkeit von 5000 Metern, erklärte gestern Berthold Rechlin, Dezernent für Hydrologie beim Landesamt für Bergbau und Geologie in Kleinmachnow. Das ist eine Sandsteinschicht mit Porenräumen, in den sich Wasser mit einem Salz- bzw. Chloridgehalt befindet, der zehn Mal über dem des Atlantiks liegt: 200 000 Milligramm Chlorid pro Liter. Über diesen Salzwasserschichten gebe es Süßwasserbereiche, die voneinander durch eine 100 Meter breite Tonschicht getrennt sind. Ist diese Tonschicht durch geologische Bewegungen verletzt, steigt Salzwasser auf. Das ist in Kartzow der Fall, so Rechlin. Das Wasser der Salzquellen am Schloss Kartzow mit einem Chloridgehalt von bis zu 6000 Milligramm pro Liter sei ungenießbar, könne aber zur Heilung von Gürtelrosen und gegen Hautkrankheiten helfen. Das Wasser der Süßwasserquelle des Schlosses sei dagegen „mineralarm und uralt“. Der Chloridgehalt liege „unter zehn Milligramm“ pro Liter, auch der Natriumgehalt sei sehr gering. Wegen seiner physiologischen Eigenschaften sei dieses Kartzower Wasser geeignet, das Herz-Kreislaufsystem zu entlasten. Es sei völlig frei von anthropologischen Belastungen – von Verschmutzungen des Menschen. Hydrologe Rechlin bestätigt: „Frau Sonntag kann mit diesem Wasser Menschen helfen.“

Schloss Kartzow wird an diesem Sonntag zum Tag des offenen Denkmals seine Pforten öffnen. Bereits gestern verschaffte sich Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs vor Ort einen Eindruck vom „ganz besonderen Zauber“, den das Schloss und der gegenwärtig „wildromantische“ Park bietet. Er sagte Ina Sonntag seine Unterstützung bei der Heilung eines Fehlers von Treuhand und Gemeinde zu, die das Areal nach dem Auszug der Kinderklinik „in Scheiben“ veräußerte. Torhäuser, eine ehemalige Brennerei und Verwaltungsgebäude wurden einzeln verkauft. Hotelketten seien daher immer vor einer Übernahme zurückgeschreckt, da sich durch eine zu niedrige Bettenzahl das Projekt nicht rechne. Ina Sonntag zufolge habe das Schloss 16 Zimmer. Auch sie möchte in ihrem beabsichtigten Familienbetrieb 80 Zimmer anbieten und daher Nebengebäude zurück kaufen und dort eine Million Euro investieren. Eines der Gebäude gehört zur Hälfte der Stadt Potsdam. Jakobs sagte seine Unterstützung zu, die verschiedenen Eigentümer an einen Tisch zu bekommen.

Begeistert von den Sanierungsplänen zeigte sich Stadtkonservator Andreas Kalesse. Architekt Eugen Schmohl (1880 - 1926) sei „unbekannt aber bedeutend“. So stammen das erste Berliner Hochhaus, der Borsigturm in Tegel, sowie das Ullstein-Haus in Tempelhof von ihm. Zu dieser Architektur sagt Kalesse: „Besseren Expressionismus kann man nicht haben.“

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