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Auktion in Berlin: Kleine Knöpfe, große Geschichte

Wie ein königliches Weihnachtsgeschenk von einer Potsdamer Familie jahrelang behütet wurde und warum es jetzt versteigert wird.

Potsdam - Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft, das galt seinerzeit auch für die Hohenzollern. An einem der letzten Weihnachtsfeste vor 1918 bedankte sich beispielsweise Kronprinzessin Cecilie bei ihrem Chauffeur mit einem Paar edler Manschettenknöpfe. Eine feine Arbeit aus der königlichen Hofgoldschmiede Sy & Wagner in Berlin: das Initial, ein doppeltes, Spiegelverkehrtes C unter einem Krönchen aus Gold und Platin, verziert mit insgesamt 24 Diamantrosen und sechs Rubinen. Acht Gramm schwer, 2,8 Zentimeter lang – laut Beschreibung im Katalog des Berliner Auktionshauses Grisebach. Denn die Knöpfchen werden dort im Rahmen der Frühjahrsauktion am morgigen Donnerstag versteigert, nachdem sie das Ende der Monarchie, Weimarer Republik, Nazizeit und Kommunismus in einer kleinen Schmuckschatulle in Potsdam-Waldstadt überdauert haben.

„Bei mir liegt’s ja nur rum“, sagt noch-Besitzer Herr S. aus Potsdam, der seinen Namen jedoch nicht nennen möchte. Auch bei Grisebach wird Wert auf Diskretion gelegt. Die Kunden, sagt Kunsthistoriker Stefan Körner, sollen nicht behelligt werden. Die Geschichte der Knöpfe erzählt Herr S. aber gerne.

Die Ehefrau von Friedrich Burgwedel, dem Wagenmeister des Kronprinzen Wilhelm, und die Großmutter von Herrn S. waren gute Bekannte. Sie hatten sich nach Kriegsende 1945 kennengelernt. Burgwedels, die bis dahin in der Nähe des Neuen Gartens gelebt hatten, mussten dort weg, als die russische Armee das Viertel besetzte. Sie zogen nach Waldstadt in die Nachbarschaft seiner Großmutter. „Burgwedels hatten nun keine Rente und nichts“, sagt Herr S., der 1953 geboren wurde und erlebte, wie Großmutter und Frau Burgwedel einander halfen. Frau Burgwedel bekam Obst und Gemüse aus Omas Garten und besorgte dafür anderes, auch mal Milch für mutterlose Hundewelpen, erinnert sich Herr S.. Nachdem Herr Burgwedel verstorben war, brachte seine Frau die Knöpfe, aus Dankbarkeit und mit demselben Spruch, den Herr S. heute benutzt: „Nimm mal, bei mir liegen sie nur rum...“

Sie gefielen ihm und er hätte sie als Jugendlicher sogar getragen, aber die Mutter bremste. Zu gefährlich. „Das war in den 1960er. Vielleicht hätte man gedacht, wir haben das geklaut oder geplündert oder unterstützen heimlich die Monarchie“, sagt Herr S. Also blieben sie im Kästchen und wurden gut verwahrt. Noch kurz vor dem Mauerbau hatte seine Mutter den Schmuck nach West-Berlin geschmuggelt und bei einem Juwelier schätzen lassen. 800 D-Mark hatte der geboten. Viel Geld für jemanden aus der DDR, aber die Mutter nahm sie wieder mit. „Irgendwie hing sie dran“, sagt Herr S.

Auch Herr S. hing an ihnen, und trotzdem will er sich nun trennen. Sie sollen eben nicht mehr nur rumliegen sondern zu jemandem kommen, der damit etwas anfangen kann und sie schätzt. Stefan Körner vom Auktionshaus Grisebach freute sich sofort über das Angebot. „Sie spiegeln ein Stück großer Geschichte: Das der Monarchie, die auch in Potsdam vor 100 Jahren zu Ende ging“, sagt Körner.

Jörg Kirschstein, Historiker, Hohenzollernexperte und Kurator der kommenden Ausstellung „Kaiserdämmerung“ über das Ende der Monarchie, findet solche kleinen Geschichts-Bausteine wertvoll. „Das war damals durchaus ein besonderer Gunstbeweis“, sagt Kirschstein. Es seien unsichere Zeiten für die königliche Familie gewesen, es galt das Vermögen zu sichern. Und trotzdem habe man sich offensichtlich die Mühe gemacht, einem Angestellten für jahrelange Treue mit einem persönlichen Geschenk zu danken. In der Rangfolge der Angestellten stand der Chauffeur dabei in der angesehen Mitte: „Ein Fahrer wusste viel. Er musste absolut vertrauenswürdig sein“, sagt Kirschstein. Von den Manschettenknöpfen wird es vielleicht drei ähnliche Paare gegeben haben, wie anderes, das auf Vorrat angeschafft und dann bei Gelegenheit verschenkt wurde. Friedrich Burgwedel hatte Glück, er bekam etwas Praktisches, keine Ehrennadel oder signierte Fotografie. „Die Knöpfe wird er getragen haben“, ist sich Herr S. sicher, „es wäre ein Fauxpas gewesen, das nicht zu tun.“ Ohnehin hatten Männerhemden damals keine angenähten Knöpfe, die wären beim Waschen und Mangeln nur hinderlich gewesen.

Auch heute gibt es noch oder wieder Männer, die so etwas gerne tragen oder zumindest bei besonderen Anlässen. „Solche Dinge sind allerbeste Konversationsobjekte, über die man reden, staunen und philosophieren kann,“ sagt Stefan Körner. Auch das könne Kunst leisten.

Sammler finden im Auktionskatalog noch weitere königliche Klunker: Ein Diamant-Armband, das Kaiser Wilhelm Gräfin Hohenthal, der Hofdame seiner Mutter, schenkte, und ein Armband von Friedrich Wilhelm IV. für Prinzessin Marie, die später nach Bayern heiratete und Mutter des sogenannten Märchenkönigs wurde – kleine Geschenke erhielten die Freundschaft. www.grisebach.com

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