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Aufzugsposse in Potsdam: "Gravierende und peinliche Fehlplanungen"

Die Kritik am Lift an der Alten Fahrt reißt nicht ab: Ein Ex-Rathausmann und die Grünen finden klare Worte.

Potsdam - Nach der Posse um den wochenlang nur mit einem Spezialschlüssel nutzbaren neuen Lift zur Uferpromenade an der Alten Fahrt meldet sich nun auch Potsdams ehemaliger Behindertenbeauftragter Karsten Häschel zu Wort – und kritisiert die Planer im Rathaus.

An dem Standort gelte offensichtlich das Prinzip „vermeintliche Schönheit vor Praktikabilität“, schreibt Häschel in einem Leserbrief – weil die Bauverwaltung eine Rampe verhindert habe, um die Ästhetik des Raumes nicht zu gefährden. Genau das hat die Verwaltung zuletzt vehement bestritten. Auch am Freitag wiederholte Stadtsprecher Stefan Schulz auf PNN-Anfrage, eine zum Beispiel geschwungene Rampe sei aus technischen und lebenspraktischen Gründen nicht möglich, weil sehbehinderte Menschen schlicht gefährdet worden wären. Nach Protesten ist zumindest der Lift zwischen 6 Uhr morgens und 23 Uhr abends jetzt wie berichtet auch ohne Schlüssel bedienbar. Nachts ist aber ein sogenannter kostenpflichtiger Euro-WC-Schlüssel nötig.

Runde Tische zum Thema Barrierefreiheit

Für Häschel, der Anfang 2013 nach längerer Krankheit und auf eigenen Wunsch seinen Posten räumte, liegt das Problem mit der Barrierefreiheit in Potsdam allerdings tiefer. „Die Rechte von Menschen mit Behinderung werden von weiten Teilen der Politik nur bedingt wahrgenommen – das ist das eigentliche Problem und der Hublift nur ein Zeichen“, so Häschel. Menschen, die sich mit behindertenpolitischen Themen beschäftigen, würden vor allem mit vielen Plänen und Ankündigungen konfrontiert, was alles getan wird: „Es regt sich der Verdacht, dass manche Beteiligungsverfahren dazu dienen, um den Ärger ins Leere laufen zu lassen.“ Häschel hatte sich in seiner Amtszeit dafür eingesetzt, den öffentlichen Raum in Potsdam möglichst schnell weitgehend behindertengerecht anzulegen. Anders als bei seinen Vorgängern und Nachfolgern gab es keine größere Kritik an seiner Arbeit.

Unterdessen haben die Potsdamer Grünen einen auf ihre Initiative jüngst gefassten Beschluss der Stadtverordneten gelobt, runde Tische zum Thema Barrierefreiheit in Gebäuden und im öffentlichen Raum einzurichten. Dort sollen der Beirat für Menschen mit Behinderungen und die Bauplaner der Stadt Prioritätenlisten für mehr Barrierefreiheit erarbeiten. Damit würden „gravierende und peinliche Fehlplanungen“ wie an der Alten Fahrt künftig vermieden, hoffen die Grünen.

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