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Unendliche Geschichte. Seit Jahren wird über Potsdams Kitagebühren debattiert

© Andreas Klaer

Aufarbeitung des Kitagebühren-Skandals: Rathaus verstößt gegen Vorgaben der Stadtpolitik

Kita-Elternvertreter und -Träger sprechen der Gutachterfirma die fachliche Expertise ab - und bemängeln die Vorgehensweise bei der Auswahl des Unternehmens.

Potsdam - Bei der Aufarbeitung der Affäre um über Jahre zu hoch angesetzte Kitagebühren verstößt die Rathausverwaltung gegen Vorgaben der Stadtverordneten. So konnten diese nicht über den externen Gutachter für die Aufklärung der Vorgänge mitbestimmen. Diesen Vorwurf haben Kita-Elternvertreter und -Träger am Donnerstagabend im Jugendhilfeausschuss erhoben – und machten deutlich, dass sie bei den jetzt bestellten Experten die nötige juristische Fachkenntnis vermissen. Jugenddezernentin Noosha Aubel (parteilos) will nun prüfen, was schiefgelaufen ist.

Seit drei Jahren soll untersucht werden

Eigentlich hatten die Stadtverordneten schon 2019 entschieden, dass ein externer Gutachter untersuchen soll, warum zwischen 2015 und Mitte 2018 die Kitagebühren in Potsdam derart hoch angesetzt waren, dass die Stadt angesichts von Klagedrohungen eine freiwillige Rückzahlung an Tausende Eltern vornahm und mehr als 30 Millionen Euro auszahlte. 

Ein Punkt dabei: Der Haupt-, Jugendhilfe- und Rechnungsprüfungsausschuss sollte bei der Gutachterauswahl beteiligt werden. Doch das sei nicht passiert, kritisierten Robert Witzsche vom Kita-Elternbeirat und Sabine Frenkler von dem großen Kita-Träger Arbeiterwohlfahrt. Warum das so nicht erfolgte, konnte Jugenddezernentin Aubel noch nicht erklären. „Ich kann mich nur dafür entschuldigen“, sagte sie.

Fehlende juristische Expertise?

In der Sitzung präsentierte sich auch der nun ohne Beteiligung und unter zwei Bewerbern ausgewählte Gutachter, das deutschlandweit aktive Institut für Public Management (IPM) am Berliner Institut für Prozessoptimierung und Informationstechnologien GmbH. Hier bemerkten Witzsche und Frenkler eine aus ihrer Sicht fehlende juristische Expertise bei den Gutachtern. Das seien „alles Betriebswirte“, sagte Witzsche, der daher auch eine neue Vergabe forderte. IPM-Berater Benjamin Wagner bestritt dies. Täglich setze man sich mit Gebührenkalkulationen, Gesetzestexten und der Rechtsprechung dazu auseinander. 

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Gleichwohl soll das Gutachten auch arbeits-, dienst- oder strafrechtlich relevante Tatbestände in Zusammenhang mit den fehlerhaften Gebühren prüfen. So soll der Gutachter klären, „wer Einfluss darauf genommen hat“, dass die im Sinne der Eltern ungünstige Kalkulation verwendet wurde – die der Stadt wiederum niedrigere Kita-Ausgaben bescherte. Allerdings gehöre die nun gewählte Firma zu jenen Unternehmen, die bei Elternbeitragsfragen eher auf Seite der Kommunen statt auf jener der Familien stünden, legten Witzsche und Frenkler in ihren Ausführungen nahe. Das Gutachten selbst soll bis September fertig sein – nach Rückabstimmung mit der Verwaltung, wie IPM-Mann Wagner sagte.

2017 wurde das Vorgehen ruchbar

Die falsche Kalkulation hatte der Kita-Elternbeirat im Herbst 2017 aufgedeckt. Viele der vorher handelnden Personen sind schon nicht mehr im Dienst, wie zum Beispiel die Ex-Sozialbeigeordnete Elona Müller-Preinesberger (parteilos). 

Für die Finanzen der Stadt war zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits der langjährige Kämmerer Burkhard Exner (SPD) zuständig. Potsdams heutiger Rathauschef Mike Schubert war damals noch Vorsitzender der SPD-Fraktion im Stadtparlament.

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