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Um Kitabeiträge wird in Potsdam viel diskutiert.

© Ralf Hirschberger/dpa

Aufarbeitung am Anfang: „Fragwürdiges erzieherisches Verhalten“

Die Stadt verlangt von Träger Konsequenzen aus Klebeband-Vorfall in Bornim. Es gibt indes Hinweise auf Unterbesetzung.

Potsdam - In der Affäre um Gewaltvorwürfe im Hort der Grundschule Bornim fordert die Stadtverwaltung vom Träger Konsequenzen. Gleichzeitig weiten sich Vorwürfe gegen den Hort-Träger aus – während sich jedoch der Auslöser der Diskussion relativiert. Die Aufarbeitung, so viel ist klar, steht jedoch erst am Anfang. Am Dienstag waren Vorwürfe öffentlich geworden, wonach Mitarbeiter des Hortes am 23. Januar einem Kind den Mund mit Klebeband zugeklebt hätten.

Die Vorwürfe beschäftigen nun auch den für das Potsdamer Jugendamt zuständigen Sozialdezernenten Mike Schubert (SPD). Er habe am Mittwoch die Geschäftsleitung des Trägers – es ist der Internationale Bund (IB) – zum Gespräch mit dem Leiter des Jugendamtes gebeten. Der Sachverhalt sei nochmals erörtert worden, teilte ein Stadtsprecher auf PNN-Anfrage mit. Man habe den Träger aufgefordert, dem Jugendamt über die geplanten Konsequenzen in der qualitativen Arbeit in der Einrichtung zu berichten. Das Jugendamt sei am 1. Februar durch Eltern informiert worden – und nicht vom Hort-Träger.

Erzieherin und Praktikant von Aufgaben entbunden

Rückblick: Das Zukleben des Mundes hatte das für die Hortaufsicht zuständige Bildungsministerium den PNN auf Anfrage am Dienstag bestätigt. Wegen des fragwürdigen erzieherischen Verhaltens seien eine Erzieherin und ein Praktikant von ihren Aufgaben entbunden worden, hieß es. Der Betriebsleiter des IB, Maik Boldau, hatte von „grenzüberschreitendem Verhalten“ gesprochen und die Trennung von den Mitarbeitern bestätigt.

Mittlerweile deutet viel darauf hin, dass es nicht zum Zukleben des Mundes eines Kindes gekommen ist. Nach Boldaus Angaben sei das Zukleben zwar angekündigt, jedoch nicht vollzogen worden. Dennoch sei dieses erzieherische Verhalten unangebracht. Ob das betroffene Kind vom Träger befragt wurde, blieb offen. Man befinde sich im aktiven Aufklärungsprozess und könne hierzu aktuell keine Aussage treffen, so Boldau.

Drohung in scherzhaftem Zusammenhang

Nach PNN-Informationen soll die Erzieherin die Klebe-Drohung in einem scherzhaften Zusammenhang ausgesprochen haben. Eine Rolle Tesa-Film sei vorgezeigt worden – verbunden mit der Aufforderung, weniger laut zu sein. Die Erzieherin und der Praktikant hatten demnach kurzfristig die Aufsicht über eine zweite Klasse übernommen, weil der Unterricht ausgefallen war. Die Kinder sollen für die Zeit Schulaufgaben bekommen haben. Einige Kinder sollen jedoch früher mit den Aufgaben fertig und lauter gewesen sein.

Der Vorfall hat unter den Eltern für Unruhe gesorgt. Eine Mutter teilte den PNN mit, sie habe die Erzieherin gegenüber den Kindern und Eltern immer als herzliche und engagierte Person erlebt. Ihr Kind hoffe jeden Tag darauf, dass die Erzieherin und der Praktikant zurückkommen. Ein Vater eines anderen Kindes erhob hingegen weitere Vorwürfe wegen übergriffigen Verhaltens von Personal. So sei einem Kind die Milch weggenommen und selbst getrunken worden.

Ausgelöst durch den Vorfall gibt es nun auch Vorwürfe, dass das Personal in dem Hort nicht ausreicht, von einer dauerhaften Unterbesetzung war die Rede. Die PNN erreichten unter anderem Schilderungen, dass Erzieher häufig bis zu 40 Kinder allein beaufsichtigen. Diese Aufgabe soll teilweise auch Praktikanten anvertraut worden sein.

Träger hält Personalschlüssel für ausreichend

Der Träger widerspricht dem: „Der aktuelle Personalschlüssel entspricht den gesetzlichen Vorgaben und wird quartalsweise überprüft.“ Allerdings beantwortete er nicht die Frage, wie viele Erzieher in der Einrichtung wie viele Kinder betreuen – also wie der Betreuungsschlüssel ist. Ebenso wenig wurde die Frage beantwortet, wie viele Erzieher im Januar während des angeblichen Klebe-Vorfalls im Einsatz waren. Praktikanten oder Freiwilligendienstleistende seien grundsätzlich nie allein mit den Kindern, hieß es.

Außerdem steht der Vorwurf im Raum, dass bereits im Herbst Kindern im Hort Zeichentrickfilm-DVDs gezeigt wurden. Dazu erklärte der Träger, dass die Stärkung der Medienkompetenzen der Kinder zu den pädagogischen Bildungsaufgaben gehöre. Dazu zählten Kinderfilmvorführungen genauso wie Hörspielkassetten und der Umgang mit dem Computer.

Der Träger wandte sich am Freitag mit einem Brief an die Eltern und versprach eine Aufarbeitung des Vorfalls. Einbezogen seien auch Fachkräfte für präventiven Kinderschutz. Das Vertrauen sei strapaziert. Am Donnerstag soll es einen Elternabend für alle Klassenstufen geben.

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