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Landeshauptstadt: Auf dem Trockenen

Eine neue Verordnung macht den Betreibern von Partybooten einen Strich durch die Rechnung: Potsdamer Anbieter fürchten um ihre Existenz, weil die Vermietung von Booten samt Kapitän verboten wird

Von Katharina Wiechers

Ein Ponton aus hellem Holz, darauf ein taubenblauer Aufbau und eine Dachterrasse mit Stehtischen. Das Veranstaltungsfloß des Potsdamer Bootsvermieters Havelmeer kann für Hochzeiten, Geburtstagsfeiern oder Firmenveranstaltungen gemietet werden. Doch wenn es nach dem Bundesverkehrsministerium geht, bleibt es diesen Sommer und auch in den kommenden Jahren an seinem Steg an der Havel vertäut. Denn laut einer neuen Verordnung dürfen Sportboote künftig nicht mehr samt Kapitän vermietet werden. Wie für viele andere Charterboot-Betreiber in der Region steht damit die Existenz des jungen Unternehmens auf dem Spiel. „Damit fällt einer unserer Hauptumsatzbringer weg“, sagt etwa Havelmeer-Geschäftsführer Yves Takke. Er und viele seiner Mitbewerber sind sich sicher, dass Lobbyismus hinter der neuen Verordnung steckt.

Im Verkehrsministerium heißt es hingegen, das bislang große Gefälle zwischen den Sicherheitsanforderungen bei klassischen Fahrgastschiffen und bei Charterbooten sei der Grund für die Gesetzesänderung. Während Reedereien schon lange strenge Auflagen im Bezug auf Brandschutz oder Notfallpläne befolgen müssen, galten diese bislang nicht für die meist als Sportboote deklarierten Veranstaltungsflöße oder Charter-Jachten.

Doch für die Betroffenen in Potsdam sind das fadenscheinige Argumente. „Es ist doch offensichtlich, dass hier eine Art Marktbereinigung betrieben werden soll, die Sicherheitsbestimmungen sind doch nur ein Vorwand“, sagt Ole Bemmann, der die Huckleberry Tours an der Schiffbauergasse betreibt. Sein Partyboot sei bei der Behörde für 25 Personen zugelassen worden, inklusive klarer Regeln für Brandschutz und Rettungsmittel. Ähnlich argumentieren auch die Betreiber von Havelmeer. Der Schiffsführer habe jahrzehntelange Erfahrung, zudem lägen sowohl für das Veranstaltungsfloß als auch für das „Event-Ponton“ alle erdenklichen Sicherheitszertifikate vor, sagt Takkes Geschäftspartner Mathias Schubert. Außerdem zeige die Statistik, dass es in den vergangenen Jahren keinerlei Unfälle mit Charterbooten gegeben habe.

Tatsächlich drängt sich der Verdacht auf, dass mit der neuen Verordnung unliebsame Konkurrenz der klassischen Fahrgastschifffahrt beseitigt werden soll. Der Chef der Weissen Flotte in Potsdam, Jan Lehmann, macht aus seiner Freude über die seit Anfang des Jahres geltende Regelung auch gar keinen Hehl: „Wir haben das wohlwollend zur Kenntnis genommen“, sagt er und lässt durchklingen, dass er seinen Anteil an dem neuen Gesetz hat. Allerdings betont er: „Wir wehren uns nicht gegen Konkurrenz, sondern setzen uns für gleiche Bedingungen ein“. Durch die Verordnung werde eine Gesetzeslücke geschlossen, die die Fahrgastschifffahrt bisher benachteiligt habe.

Doch nicht nur an den neuen Bestimmungen an sich gibt es scharfe Kritik aus der Branche, auch die Kommunikation des Ministeriums wird bemängelt. „Wir haben von dem Gesetz nur durch einen Kollegen erfahren“, sagt Schubert von Havelmeer. Auch Huckleberry-Chef Bemmann zeigt sich verwundet: „20 Jahre lang war die Verordnung tragbar und dann musste sie auf einmal innerhalb von drei Jahren geändert werden?“

Im Verkehrsministerium betont man zwar, dass es sich um „ein ganz normales Verfahren unter Beteiligung der Verbände“ gehandelt habe. Dem widerspricht allerdings der Wirtschaftsverband Wassersport Berlin-Brandenburg. „Das war eine Nacht-und-Nebel-Aktion“, sagt Verbandschef Max Hiller. Auch er ist der Meinung, dass sich das Ministerium zum „Handlanger einer Lobbyistengruppe“ gemacht hat. Die Verordnung komme für viele einem Berufsverbot gleich. Allein in Ostdeutschland seien 200 Arbeitsplätze in Gefahr. Tatsächlich spricht man bei Havelmeer von 34 Arbeitsplätzen, die an der Vermietung der Flöße samt Schiffsführer hingen - Catering, Reinigung und ähnliches miteingerechnet. Auch Ole Bemman denkt über die Kündigung zweier Angestellter und eines Auszubildenden bei Huckleberry nach.

Hinzu kommt aus Sicht von Wassersportverbandschef Hiller noch die touristische Bedeutung der Flöße und Charterboote für die Region. Statt niedrigschwelliger Angebote seien in Zukunft nur noch „Dampfer mit dem Charme einer Autobahnraststätte“ erlaubt, warnt er. In der Tat scheint der Vorstoß des Bundesministeriums nicht zur bisherigen Strategie der Brandenburger Landesregierung zu passen. Allein 2011 wurde die touristische Infrastruktur mit 30 Millionen Euro gefördert, viele dieser Steuergelder flossen in den Wassertourismus. Allein Havelmeer hat eine Million Fördergelder eingestrichen - unter anderem für Boote, die nun nicht mehr aufs Wasser dürfen.

Auch wenn derzeit keine Saison für Partyboote auf der Havel ist, kommt die neue Verordnung äußerst ungünstig: Derzeit werden die großen Buchungen für den Sommer angenommen. Letzte Hoffnung ist eine Ausnahmegenehmigung durch das Ministerium, die bereits bestehende Unternehmen beantragen können. Die Boote auf dem Trockenen zu lassen kann sich schließlich keiner leisten.

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