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Der öffentliche Nahverkehr in Potsdam steht vor Veränderungen (Symbolbild).

© Ottmar Winter

Attraktivere Trams und Busse: Millionensummen für den öffentlichen Nahverkehr in Potsdam

Der Verkehrsbetrieb plant trotz Corona-Ausfällen mit enormen Investitionen - in bessere Trams und Busse. Die Herausforderungen sind aber enorm, zumal es auch um Verkehr auf dem Wasser geht

Trotz der Belastungen in der Coronakrise hält der Potsdamer Verkehrsbetrieb (ViP) an dem Ziel fest, dass bis Ende 2024 die gesetzlich vorgeschriebene Barrierefreiheit in seinen Bussen und Bahnen erreicht wird. Diese und andere wichtige Neuerungen und wie das kommunale Unternehmen die Coronakrise überwinden will, erklärten ViP-Vertreter bei einer digitalen Pressekonferenz am Freitag. Die PNN geben einen Überblick.

Fahrgastschwund wegen Coronakrise

Die Coronakrise hat die Fahrgastzahlen des ViP auch in diesem Jahr einbrechen lassen. So verbuchte man auf seinen Strecken 2019 noch zwischen 3,1 und 4,1 Millionen Personenfahrten pro Monat, in diesem Jahr lag der Höchstwert bei bisher 2,1 Millionen sogenannter Beförderungsfälle im März. Im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 war diese Zahl sogar auf 950 000 abgestürzt. Gleichwohl seien die Verluste des ersten Coronajahrs durch 3,5 Millionen Euro aus diversen Rettungsschirmen aufgefangen worden – man hoffe auf ähnliche Unterstützung in diesem Jahr, sagte Geschäftsführerin Claudia Wiest. Sollte das nicht reichen, gebe es auch ein Verlustübernahmeversprechen im kommunalen Stadtwerke-Verbund, wie Wiest es ausdrückte.

Durch umfangreiche Hygiene- und Desinfektionsbemühungen für eine Gesamtsumme von rund 300 000 Euro habe man es geschafft, dass sich kein einziger Fahrer infiziert habe, die mehr als ein Dutzend Coronafälle im Unternehmen seien privat bedingt gewesen. Optimistisch sei man, weil sich die Zahl der Abo-Bezieher – bedingt auch durch das neue Angebot eines flexiblen Jobticket für Arbeitgeber und -nehmer in Potsdam – kaum verringert habe. Nun gehe es um die Rückgewinnung von Kunden – zum Beispiel mit einer Imagekampagne, dass gerade in Trams und Bussen das Infektionsrisiko auch durch das regelmäßige Lüften deutlich gesenkt werde. Ausdrücklich lobte Wiest die Disziplin der Kundschaft: So habe man nur in rund zehn Fällen notorischen Maskenverweigerern die Weiterfahrt untersagen müssen, so Wiest.

Claudia Wiest
Claudia Wiest

© Promo/ Reinhardt & Sommer

Millionensummen für neue Trams

Gerade für die eigentlich schon ab 2022 gesetzlich geforderte Barrierefreiheit im öffentlichen Nahverkehr, den Ausbau des Streckennetzes in Richtung Krampnitz und für mehr Klimaschutz muss der ViP in den kommenden Jahren erhebliche Investitionen einplanen, gerade in seine Fahrzeugflotte. So hat gerade die Beschaffung von bis zu 25 neuen Niederflurbahnen begonnen, die bis Ende 2024 gerade die kaum barrierefreien Tatrabahnen ersetzen sollen. Pro Bahn kann dabei mit mindestens vier Millionen Euro Kosten gerechnet werden. ViP-Technikchef Uwe Löschmann sagte, die klimatisierten Modelle sollten Platz für mindestens 250 Fahrgäste bieten, wovon rund ein Drittel sitzen können soll. Mehr Türen und der Verzicht auf Längs- und Klappsitzen sollen für weniger Gedränge in den Eingangsbereichen sorgen und mehr Platz für Kinderwagen oder Rollstuhlfahrer bieten.

Bis Ende des Jahres wolle man sich für einen Anbieter entscheiden, sagte er. Ferner sollen die neuen Bahnen bessere Unfallvermeidungssysteme besitzen – hier hofft der ViP von einem bereits in Zusammenarbeit mit Siemens laufenden Modellversuch zu autonom fahrenden Trams zu profitieren. Ein Problem bei der Beschaffung: Förderprogramm des Bundes für Trams gibt es aktuell nicht – sondern laut Löschmann nur für neue Schienen, wie sie nach Krampnitz gebaut werden sollen.

80 weitere Busse nötig

Bis 2038 ist laut ViP auch der Kauf von 80 weiteren Bussen geplant. Ab 2026 muss dabei der Anteil der Fahrzeuge mit sauberen Antriebstechnologien bei 65 Prozent liegen, „der Diesel wird also weiter zurückgedrängt“, so Löschmann. Allerdings werden noch in diesem Jahr weitere neun Neun-Liter-Modelle angeschafft, auch weil die Reichweiten der aktuell erhältlichen E-Busse nicht den nötigen Anforderungen entsprechen würden. Ohnehin seien etwa auch dem Umstieg auf zum Beispiel Wasserstoffbetrieb technisch derzeit noch schwierig, schon Produktionsanlagen dafür mit Kosten von bis zu 20 Millionen Euro verbunden. Hier prüfe man aber Kooperationen mit anderen Unternehmen, die vor ähnlichen Herausforderungen stünden, so Löschmann.

Uwe Löschmann
Uwe Löschmann

© Promo/ Reinhardt & Sommer

Gleichwohl wolle der ViP das Thema Elektromobilität voranbringen, hieß es. Geplant ist dafür ein Modellprojekt in der Medienstadt ab 2023. Dafür könnten schon ab dem Sommer bis zu 30 Millionen Euro Fördermittel fließen, wenn das eingereichte Konzept dafür im Bundesverkehrsministerium überzeugen sollte – mit E-Bussen würde dann die Medienstadt erschlossen, mit einer App sollen diese dann gerufen werden können. Man hoffe auch auf eine Umsetzung in anderen Quartieren wie Krampnitz, sagte Löschmann. Ziel sei es aber künftig auch, mit dem ViP die Mobilitätsdienstleitungen von weiteren Anbietern vermitteln zu können, genannt wurden zum Beispiel Kooperationen mit Fahrradverleihern.

Fähre fährt mindestens bis 2027

Ein Dauerstreitpunkt in der Kommunalpolitik ist die Zukunft der störanfälligen Seilfähre zwischen Hermannswerder und Kiewitt. Da es bisher keine Entscheidung gibt, wird diese nun im Herbst generalüberholt – damit könnte die Betriebserlaubnis laut Löschmann bis 2027 verlängert werden. Die Stadtpolitik schwankt derzeit, ob die Fähre lieber durch ein Solarboot abgelöst werden soll – oder eine neue Fußgängerbrücke besser wäre, wie es die SPD favorisiert. Löschmann wollte keine Präferenz nennen. Jedoch sagte er, eine von der Politik geforderte Ausweitung der Fahrzeiten in die eigentlich nachfrageschwachen Abendstunden würde 30 000 bis 40 000 Euro mehr Personalkosten bedeuten. Dabei sei die Fähre schon jetzt unrentabel, so der Technikchef.

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