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Die Amerika ergänzt nun die Kontinente Afrika, Asien und Europa auf dem Sims des Eckgebäudes.

© Andreas Klaer/PNN

Attikafiguren auf der Alten Post: Römische Götter für Potsdam

Auf dem Dach der Volksbank an der Yorckstraße ist der Figurenschmuck jetzt komplett. Mit einem Kran schwebten die Figuren am Mittwoch nach oben.

Potsdam - Amerika ist zurück. Mitten in Potsdam. Als Frauenfigur. Seit Mittwoch steht die Personifikation des Doppelkontinents auf dem Dach der Volksbankfiliale an der Friedrich-Ebert- Straße. Von der Ladefläche eines Lastwagens in der Yorckstraße schwebte sie sanft am langen Arm eines Krans hinauf auf den Sims des Eckgebäudes. Es ist der Nachfolgebau der nach Plänen von Georg Christian Unger Ende des 18. Jahrhunderts errichteten Alten Post.

In Sandstein gehauen ziert die Dame nun das Dach des Bankgebäudes. Die Amerika trägt auf dem Kopf einen Federschmuck, sie führt einen Köcher mit Pfeilen mit sich. Nicht nur die Figur der Amerika, auch die römischen Götter Fama und Merkur wurden am Mittwoch auf das Attikageschoss des stadtbildprägenden Eckhauses gehievt. Schon bisher schmückten hier die Allegorien der Kontinente Afrika, Asien und Europa den Sims des Gebäudes. Jetzt ist der Figurenschmuck komplett. Die sechs Skulpturen blicken nun auf Potsdams Mitte.

Die Alte Post war einst reich verziert

Das Skulpturenprogramm auf dem Dach des Eckbaus geht zurück auf die Ungersche Alte Post. Sie war einst reich verziert. Die Allegorien der Kontinente symbolisierten das Postwesen. Der Götterbote Merkur mit seinen kleinen Flügeln am Helm, sowie Fama, die römische Göttin des Ruhms und des Gerüchts, komplettierten den Figurenreigen auf dem Dach. Einst standen auch noch drei Obelisken zwischen den Skulpturen. Sie werden auf dem heutigen Gebäude nicht mehr Platz nehmen.

Während es sich bei den Allegorien, die schon auf dem Dach standen, um Originale handelt, die den Krieg überlebten, sind die gestern aufgestellten drei Skulpturen Kopien der historischen Vorbilder. Für die Bildhauer bedeutete die Nachschöpfung der verlorenen Originale gewissermaßen Detektivarbeit, um sich den historischen Vorbildern so weit wie möglich anzunähern. „Es gab Messtischfotos vom Anfang des 20. Jahrhunderts“, sagte Bildhauer Rudolf Böhm, der die Arbeiten an den neuen Skulpturen künstlerisch betreut hat. Doch diese 100 Jahre alten Fotos ließen zu wünschen übrig. „Nur von schräg unten aus ungünstigen Positionen“ seien die damaligen Aufnahmen gemacht worden, so Böhm, der früher als Restaurator fast 40 Jahre lang die Skulpturenwerkstatt der Schlösserstiftung leitete.

Bis in die kleinsten Details hinein, etwa dem Federschmuck der Amerika oder den Flügeln am Helm Merkurs, hat Bildhauer Frank Kösler unter Mitarbeit seiner Tochter Ada die Originale nachempfunden und so Modelle der Figuren geschaffen. Die eigentlichen Sandsteinfiguren, die seit Mittwoch neu auf dem Dach der Volksbank stehen, sind in der Potsdamer Werkstatt der Steinmetzfirma BMP entstanden. Als gestern die Figur der Amerika als erste der drei Skulpturen hinauf schwebte, freute sich Bildhauer Eckhart Böhm, einer der Geschäftsführer von BMP und Sohn von Rudolf Böhm: „Ich bin unheimlich erleichtert darüber, weil wir wirklich bis zuletzt an der Figur gearbeitet haben.“ Die Fertigung jeder der drei Skulpturen habe etwa ein halbes Jahr gedauert, sagte Eckhart Böhm. Hinzu kommt die Zeit für die Herstellung der jeweiligen Modelle.

Auch Roland Zurkuhlen von der Unteren Denkmalschutzbehörde Potsdam zeigte sich zufrieden über die Komplettierung des Figurenschmucks auf dem Volksbankdach. Zurkuhlens Behörde hatte das – an sich private – Bauvorhaben fachlich begleitet. „Schade, dass man die Qualität nicht mehr so sieht, wenn die oben sind“, sagte Zurkuhlen mit Blick auf die drei Figuren, als sie noch auf der Ladefläche in der Yorckstraße standen – und so aus nächster Nähe zu betrachten waren.

Der Bau war nicht unumstritten 

Die Berliner Volksbank als Bauherr wollte sich zu den Kosten des Figurenschmucks auf PNN-Anfrage hin nicht äußern. Das Geldhaus hatte das Gebäude, das an einer für das Stadtbild wichtigen innerstädtischen Kreuzung steht, vor drei Jahren fertiggestellt – bis auf den Figurenschmuck. Über die Farbe der Fassade hatte es damals einen heftigen Streit gegeben. Die Bürgerinitiative Mitteschön kritisierte die Farbgebung als zu dominierend im Vergleich zu der Bebauung in der Umgebung. Doch auf den von vielen Kritikern gewünschten Farbton Ocker wollte sich die Volksbank nicht einlassen. Die Auseinandersetzung wurde sogar vor Gericht ausgetragen. Die Pro Potsdam als vormalige Eigentümerin wollte unter Verweis auf angebliche Festlegungen im Zuge des Grundstücksverkaufs die Volksbank zu einem anderen Farbton zwingen – letztlich ohne Erfolg.

Während das jetzige Volksbankgebäude den Ungerschen Bau in seiner Architektur nur zitiert, hatten sich Puristen des alten Stadtbildes eine äußerlich originalgetreue Rekonstruktion gewünscht. Barbara Kuster von Mitteschön erklärte am Mittwoch: „Wir wollten da ja eigentlich wieder ein historisches Gebäude haben. Immerhin haben wir erreicht, dass das kein ganz moderner Bau ist.“ Zugleich begrüßte Kuster das Aufstellen der Attikafiguren.

Der Potsdamer Projektentwickler Willo Göpel, ebenfalls bei Mitteschön aktiv, hatte wiederum vor drei Jahren die Aufstellung der ersten Skulpturen kritisiert. Die gewollte Versöhnung von zeitgenössischer Architektur und Geschichte verkomme zu einer „billigen Karikatur“. Gestern sagte Göpel, die feinen Figuren passten nicht zu der Architektur des Hauses. Roland Zurkuhlen von der städtischen Denkmalbehörde gab sich am Mittwoch gelassen: „Es muss doch nicht in jedem Fall eine originalgetreue Rekonstruktion sein.“ (mit wik)

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