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Atelierhaus: Mehr Platz für Kreative in der Scholle 51

Kunst- und Atelierhaus in Potsdam-West Scholle 51 plant umfangreiche Sanierungsarbeiten. Die Miete der Ateliers wird sich dadurch erhöhen.

Von Birte Förster

Potsdam - Die Flure sind leer, alles ist ruhig. Kaum jemand scheint sich in dem großen, alten Haus aufzuhalten. Aber der erste Eindruck täuscht. Die Ateliers in der Scholle 51 am Rande des Schlossparks Sanssouci in Potsdam-West sind gut versteckt. Große sowie schmale und verwinkelte Flure und Treppen führen zu den verschiedenen Räumen, in denen Künstler arbeiten. An verschiedenen Stellen in dem Haus in der Geschwister-Scholl-Straße tut sich plötzlich eine weitere Treppe oder ein Gang auf, der in einen anderen Atelierbereich führt. Immer mal wieder würde sich jemand dort verlaufen, erzählt Jan Gabbert, Vorstandsmitglied des Hausvereins Scholle 51. Zwischen 70 und 80 Künstler und Kreativschaffende arbeiten in dem Haus, schätzt Gabbert. Darunter sind bildende Künstler, Restauratoren, Filme- und Theatermacher, Grafiker, Musiker sowie Start-ups.

Die Musiker haben ihre Studios vor allem im Untergeschoss, wo sich Aufnahmestudios und Probenräume befinden. In einem kleinen Raum unterrichtet Antje Janssen seit zwei Jahren Kindern und Jugendlichen Geige. „Ich bin froh, dass ich das trennen kann und einen Raum habe“, sagt Janssen, die irische Musik auf ihrer Geige spielt, bis ihre Schülerin in der Tür steht.

Oben sind die Stillen

Auf der oberen Etage befinden sich die stillen Gewerbe, erklärt Gabbert bei einem Rundgang. Auch der Verein Stadtteilnetzwerk Potsdam-West hat einen Raum in dem Atelierhaus gemietet. Gabbert arbeitet in der Scholle 51 in einem der Ateliers als Filmemacher. Ein Blick in die Ateliers verrät, woran die Künstler arbeiten. In einem Raum ist ein großes Gemälde mit abstrakter Malerei zu sehen.

In einem anderen ist auf einem großen Tisch ein langes dunkelrotes Stück Stoff mit goldenen Fransen zu sehen. Davor sitzt Julia Zitzmann und nimmt mit der Nadel feinste Stiche vor. Die Fäden, die sie verwendet, bestehen aus Pergament und einer Seidenumwicklung. Ein Mikroskop, das Zitzmann auf dem Kopf trägt, hilft ihr dabei, das feine Material einzuarbeiten. „Jedes Fädchen einzeln“, sagt sie. Bei den Textilien handelt es sich um den Thronbaldachin des Dresdener Schlosses. „Wir versuchen, die Materialien so wie sie sind zu erhalten“, erklärt die Restauratorin und betont: „Wir fügen nichts hinzu.“ Zusammen mit zwei anderen Restauratoren arbeitet sie seit anderthalb Jahren an den wertvollen Stoffen. Vor allem durch Licht würden die Materialien mit den Jahren zerfallen, erklärt Zitzmann. Zitzmann arbeitet seit drei Jahren in dem Atelier in der Scholle 51. Sie restauriert für Privatleute und Museen sowie auch für das Berliner Humboldt-Forum. An dem Thronbaldachin arbeiteten sie und ihre Kollegen zuvor aber in Brandenburg an der Havel. Erst seit März führten sie das Projekt in der Scholle 51 fort, sagt Zitzmann. Schließlich haben sie erst seit Anfang des Jahres Gewissheit, dass sie das Atelier langfristig nutzen können.

Nach Sicherung kommt Sanierung

Im Dezember vergangenen Jahres hat der Hausverein, der sich 2014 gegründet hat, und der Eigentümer des Gebäudes, die Evangelische Heilig-Kreuz-Gemeinde, wie berichtet einen Erbpachtvertrag für 99 Jahre unterzeichnet. Durch das langfristige Nutzungsrecht hätte der Verein nun die Grundlage für einen Kredit, um die dringend nötigen Sanierungs- und Umbauarbeiten vorzunehmen, berichtet Vorstandsmitglied Gabbert. „Wir wollen das Haus als Atelierhaus optimieren.“ Bereits jetzt sind in der alten Villa von 1910, die 1982 um einen Anbau erweitert wurde, viele Ateliers vorhanden. Es gebe aber noch großzügige Foyers und Sanitärbereiche, die effizienter genutzt werden könnten, so Gabbert.

Mit dem Umbau soll sich die vermietete Fläche um 250 Quadratmeter auf insgesamt 800 Quadratmeter erhöhen. Außerdem sei ein zentraler Eingang geplant und auch die Elektrik in beiden Gebäudeteilen müsse erneuert werden. Viele Probenräume für Musiker müssten noch mit einem Schallschutz ausgestattet werden, so Gabbert. Der Bedarf ist in jedem Fall da. Anfragen gebe es vor allem von Musikern. Schließlich mangelt es in der Stadt seit Langem an geeigneten Probenräumen. Bereits jetzt teilen sich mehrere Musiker in der Scholle 51 einen Probenraum. Ein freies Atelier gibt es derzeit nur für stille Künstler. Ein zweites richten sie gerade ein: Ein altes Badezimmer wird zum Atelier umgebaut.

Steigende Kosten zwingen zur Mieterhöhung

Die Kosten für die Bauarbeiten schätzt der Verein auf 1 bis 1,3 Millionen Euro. „Aber es kann auch viel mehr werden und dann wird es zum Problem“, weiß Gabbert. Die Kosten möchte der Verein über eine Mieterhöhung wiederbekommen. „Alle Ateliermieter zahlen das über die nächsten 30 Jahre zurück“, sagt Gabbert. Die derzeit zehn Euro Warmmiete pro Quadratmeter werden sich voraussichtlich auf 12,50 bis 14,80 Euro erhöhen. Die Stadt habe bislang noch keine Einwilligung gegeben, sich an den Kosten für die Bauarbeiten zu beteiligen. Für den Haushalt 2020/21 habe der Verein aber einen Antrag bei der Stadt gestellt.

Derzeit plant der Verein die nächsten Schritte. Ob sie bei laufendem Betrieb partiell oder während einer kürzeren Schließzeit komplett sanieren, stehe bislang noch nicht fest, so Gabbert. Nun werden Fachplaner sich zunächst mit den konkreten Möglichkeiten der Umsetzung beschäftigen. Das gilt auch für Brandschutz, Statik und Haustechnik. „Dann finden wir hoffentlich eine machbare Lösung, die die Kosten nicht zu sehr sprengt.“

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