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Arbeitsagenturchefin Ramona Schröder.

© Andreas Klaer

Arbeitsmarkt Potsdam: Dringend Fachkräfte gesucht

Die Zahl der unbesetzten Stellen ist in Potsdam in einem Jahr um 48 Prozent gestiegen. Vor allem Bürojobs sind vakant.

Von Matthias Matern

Potsdam - Der Fachkräftemangel beschäftigt nicht nur Unternehmen in Brandenburgs Randregionen. Auch in Potsdam und Umgebung haben Firmen immer mehr Probleme, Jobs zu besetzen. Um fast 48 Prozent ist die Zahl der freien Stellen in der Stadt nach Angaben der Potsdamer Agentur für Arbeit in den vergangenen zwölf Monaten gestiegen. Wurden im Februar 2015 noch 1144 unbesetzte Jobs gemeldet, sind es laut Agentur derzeit 1692. In Potsdam-Mittelmark sieht es ähnlich aus. Dort wuchs die Zahl der freien Arbeitsplätze seit vergangenem Jahr um knapp 41 Prozent auf 1236, teilte die Agentur am Dienstag auf PNN-Anfrage mit.

„Das Thema Fachkräftemangel hat zunächst wenig damit zu tun, ob eine Firma ihren Sitz im ländlichen Raum hat oder in der Stadt. Auch in Potsdam gibt es viele Stellen, die wir nicht besetzen können“, sagte Arbeitsagentur-Chefin Ramona Schröder. Die Entfernung eines Unternehmens verschärfe das Problem allerdings häufig noch.

Initiative strebt auch Qualifizierung von Geflüchteten an

Um Abhilfe zu schaffen, haben am Dienstag die Arbeitsagenturen von Potsdam und Neuruppin sowie die Industrie- und Handelskammer Potsdam (IHK) und die Handwerkskammer Potsdam (HWK) unter der Überschrift „Gemeinsam für Fachkräfte“ einen Kooperationsvertrag unterzeichnet. So wollen die Agenturen künftig Beratungen in den Kammern vor Ort anbieten, neue Qualifizierungsmaßnahmen abstimmen sowie gemeinsam Geflüchtete in Arbeit bringen.

Um Schulabgänger passgenauer in Ausbildung zu vermitteln, werden beide Kammern Azubi-Veranstaltungen anbieten, Nachvermittlungsaktionen organisieren sowie Einstiegsqualifizierungen und „assistierte Ausbildungen“ für Jugendliche mit Startschwierigkeiten ausbauen. Darüber hinaus soll bei der Unterstützung von Firmengründungen und -nachfolgen stärker kooperiert und in Berlin für eine Lehre in Brandenburg geworben werden.

Die meisten freien Stellen gibt es im Bürobereich

Am dringlichsten ist der Fachkräftebedarf in Potsdam laut Arbeitsagentur im Bürobereich. Dort sei die Zahl der offenen Stellen gegenüber Februar 2015 um 129 Arbeitsplätze gestiegen, in den Branchen Gesundheit, Bildung und Erziehung immerhin um 80 Stellen. In Potsdam-Mittelmark ist es vor allem die Logistikbranche, die Mitarbeiter sucht. Zuletzt waren 71 Stellen mehr vakant als vor einem Jahr.

Gründe für die Probleme der Potsdamer Firmen, geeignete Mitarbeiter zu finden, könnten laut Agenturchefin Ramona Schröder die in einigen Branchen geringeren Tariflöhne im Vergleich mit Berlin und die geringere Bekanntheit Potsdams als Wirtschaftsstandort sein. „Ich erlebe immer wieder, dass Potsdam zwar als Wohnstadt sehr beliebt ist, die Leute aber weiterhin nach Berlin zur Arbeit pendeln“, so die Agenturchefin.

Deshalb sei es wichtig, dass sich Potsdam noch stärker als Wirtschaftsstandort etabliere. Dazu gehöre, dass noch mehr Firmen ermöglicht wird, sich in der Stadt niederzulassen. „Ich empfehle der Stadt, dafür so viel Fläche wie möglich zu rekrutieren“, sagte Schröder. Wie berichtet kann in Potsdam immer wieder Anfragen von Firmen aufgrund fehlender Immobilien nicht entsprochen werde.

Auch immer mehr Lehrstellen bleiben unbesetzt

HWK-Chef Ralph Bührig sieht einen weiteren Grund für die Engpässe in der Wahl des weiteren Bildungsweges vieler Schüler. Schließlich gibt es nicht nur mehr freie Jobs, sondern auch immer mehr unbesetzte Lehrstellen. „Viele haben den Wunsch, später Abitur zu machen. Auch viele Eltern glauben, dass ihre Kinder dann bessere Berufschancen haben“, sagte Bührig. In Potsdam sei der Run auf die Gymnasien besonders stark. Zudem ziehe es viele Jugendliche nach der Schule eher ins „hippe Berlin“, so der HWK-Chef. Die Nähe zu Berlin erweise sich oft genug mehr als Fluch denn als Segen, glaubt auch IHK-Chef Mario Tobias.

Dass die Suche nach Fachkräften auch in Potsdam deutlich schwerer geworden ist, bestätigte gestern Jörn Hartwig, Geschäftsführer und Mitgründer der Potsdamer IT-Firma D-Labs. „Vor fünf oder sechs Jahren haben wir Stellen für Designer und Ingenieure ausgeschrieben. Da konnten wir uns die Besten aussuchen. Heute müssen wir manchmal Stellen mehrfach ausschreiben und bekommen sie doch nicht besetzt“, so Hartwig. Derzeit sind bei D-Labs acht Stellen unbesetzt.

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