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Immer am Monatsende veröffentlicht die Agentur für Arbeit die aktuellen Zahlen.

© Sebastian Gabsch/PNN

Arbeitsmarkt in Brandenburg: Ausnahme Potsdam

Fast überall in Brandenburg sind die Arbeitlosenzahlen gesunken, doch in Potsdam sind sie gestiegen. Dies hat wahrscheinlich mit Flüchtlingen zu tun - und birgt auch eine Chance. 

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Brandenburgweit sinken die Arbeitslosenzahlen, überall geht die Quote der Erwerblosen zurück. Auch im Agenturbezirk Potsdam, zu dem auch Brandenburg/Havel und die Landkreise Potsdam-Mittelmark und Teltow-Fläming gehören, sind die Zahlen vom Oktober besser als jene vor einem Jahr. Nur eine Stadt bildet eine traurige Ausnahme: die Landeshauptstadt Potsdam. 

5167 Potsdamer waren im zuendegehenden Monat ohne Job, das sind 198 beziehungsweise vier Prozent mehr als im Oktober 2017. Die Arbeitslosenquote stagniert damit bei 5,6 Prozent. Zum Vergleich: Im ganzen Agenturbezirk waren 180 Menschen weniger arbeitslos als im Oktober 2017, das entspricht einem Rückgang von 1,1 Prozent. 

Viele Flüchtlinge tauchen erst jetzt in der Statistik auf

Dass die Quote ausgerechnet in Potsdam nach oben gehe, komme in dieser Form zum ersten Mal vor, so die Leiterin der Arbeitsagentur, Ramona Schröder, bei der Vorstellung der Zahlen am Dienstag. Unter den Arbeitslosen in Potsdam seien diesmal viele mit Fluchthintergrund, so Schröder. Dass diese erst jetzt in der Statistik auftauchten, obwohl der Zuzug derzeit deutlich geringer als noch 2015 und 2016 ist, hat aus ihrer Sicht zwei Gründe. 

Zum einen hätten viele Flüchtlinge bislang Integrationskurse besucht und stünden erst jetzt für den Arbeitsmarkt zur Verfügung, so Schröder. Außerdem ziehe Potsdam wie jede Stadt auch Menschen aus den ländlichen Regionen an, so dass der Zuzug weiter anhält. Zudem dauere es bei Flüchtlingen naturgemäß etwas, um sie im Arbeitsmarkt "binden" zu können - weil sie oft noch Qualifizierungen, Fort- oder Ausbildungen durchlaufen müssten. "Ich sehe diese Gruppe von Arbeitslosen als Chance", so Schröder mit Blick auf den Fachkräftemangel. 

Deutlich mehr Stellen als Auszubildende

Der Mangel an Fachkräften zeichnet sich auch schon am Ausbildungsmarkt ab. So wird es für Unternehmen immer schwieriger, Auszubildende zu finden, wie aus den Zahlen zum Abschluss des Ausbildungsjahres (Oktober 2017 bis September 2018) hervorgeht. So standen 770 Interessenten 1200 Stellen gegenüber - es gibt als eine Lücke von 400 unbesetzten Stellen. 

Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, entscheiden sich immer mehr Unternehmen dazu, junge Menschen auszubilden. Damit sich diese aber auch für die Firmen entscheiden, müssten diese sich heutzutage bei den Schüler "bewerben", so Schröder. Schon die Stellenausschreibung sollte lebendig und weniger technokratisch formuliert werden, sagte sie. Außerdem sollten sich die Firmen verstärkt um Praktikanten bemühen. "Mit Praktika können die Unternehmen junge Menschen an sich binden", so Schröder. Ziel der Agentur sei es, die Unternehmen diesbezüglich noch besser zu beraten. 

In Potsdam wollen viele lieber studieren

Vor allem in der Stadt Potsdam sei es schwer, Menschen für eine Ausbildung zu gewinnen, bestätigte auch Sylvana Karpe von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Potsdam. So konnten im abgelaufenen Ausbildungsjahr 579 Verträge abgeschlossen werden - 31 weniger als im Jahr davor. Damit ist die Situation in der Landeshauptstadt schlechter als im Resten West-Brandenburgs, der ebenfalls in der Zuständigkeit der IHK Potsdam liegt. "Die Verlockung, zu studieren, ist hier durch die Universität natürlich besonders groß", so Karpe. Außerdem gebe es in Potsdam besonders viele Gymnasien. 

Dritter Faktor sei die Nähe zu Berlin: Einige Potsdamer entscheiden sich für eine Ausbildung in der Bundeshauptstadt - und zwar mehr als aus Berlin für die Ausbildung nach Potsdam kommen. 

Etwas besser sieht es beim Handwerk aus, wie Andreas Körner-Steffens von der Handwerkskammer Potsdam sagte. In der Landeshauptstadt wurden im vergangenen Ausbildungsjahr 207 neue Verträge mit Lehrlingen abgeschlossen, das sind sechs mehr als 2017/2018. Dazu tragen im Übrigen auch die Flüchtlinge bei. In West-Brandenburg schlossen 117 Flüchtlinge einen Lehrlingsvertrag ab - das waren mehr als doppelt so viele wie im Jahr davor. 

Neue Formate werden ausprobiert

Um noch mehr junge Menschen von einer Ausbildung zu begeistern, testen beide Kammern verschiedene neue Formate. So gibt es bei der IHK neuerdings ein "Berufswahl-Dinner", bei dem Eltern und Schüler Live-Einblicke in den Arbeitsalltag von Auszubildenden in der Hotel- und Gaststättenbranche bekommen. Die Handwerkskammer hingegen lädt zum "Azubi-Speed-Dating", bei dem sich Ausbildungsbetriebe und interessierte Jugendliche zum Kennenlerngespräch treffen 

Und auch die Arbeitsagentur hat sich etwas Neues ausgedacht, um an die Jugendlichen heranzukommen. Die Mitarbeiter wollen künftig mit Virtual-Reality-Brillen in die Schulen gehen. Wer diese aufsetzt, kann zwischen über 40 Ausbildungsberufen wählen und sich quasi den Arbeitsplatz "zeigen" lassen - inklusive 360-Grad-Rundum-Blick. 

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