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Arbeiten in Potsdam: Engpass bei Büroflächen

Kein Platz zum Arbeiten: Gründer und Unternehmer finden schwer Räume in Potsdam, die Preise steigen. Einige ziehen nach Berlin.

Von Valerie Barsig

Potsdam ist gefragt, wenn es um die Anmietung von Büros geht. Das geht aus dem Marktreport 2018 für Büroflächen der Maklerfirma Engel & Völkers AG hervor. Die Leerstandsquote liegt laut dem Bericht bei 3,3 Prozent – das entspricht etwa 45 000 Quadratmetern. Einige größere Unternehmen seien daher allerdings in den vergangenen Jahren aus der Stadt weggegangen. Die fehlenden Flächen machen laut Anja Farke von Engel & Völkers auch den Gründern in Potsdam zu schaffen. „Sie gründen in Potsdam, aber sie gehen wieder – nach Berlin.“ Potsdam müsse daher mehr Flächen gerade für Start-ups bereitstellen. Dazu gehöre es auch, Flächen zu schaffen, die neuen Arbeitsanforderungen entsprechen – also beispielsweise mehr offene Räume und Treffpunkte, um sich auszutauschen. „Da ist Potsdam derzeit noch in den Kinderschuhen“, so Farke – trotz Großprojekten wie dem Go:In II in Golm oder der neuen RAW-Halle am Hauptbahnhof.

Enrico Sass, Professor für Existenzgründung und Managementtechniken an der Fachhochschule in Potsdam, sagt, dass die Stadt und die Wirtschaftsförderung insbesondere das Umfeld für kreative Gründungen verbessern müssten. „Es fehlen Investments für Gebäude wie das Rechenzentrum“, so Sass. „Die Kreativhauptstadt ist Berlin, in Potsdam bildet sich ein Technologiecluster heraus.“ Für Förderer sei die Kreativbranche wegen niedrigerer Renditen weniger interessant. „Dabei werden im Kreativbereich viele Arbeitsplätze geschaffen.“

Immobilienexpertin: Potsdam muss sichtbarer werden

An der FH arbeitet man selbst an Lösungen für Gründer. So seien laut Sprecherin Andrea Wickleder bereits Container als Interimslösungen im Gespräch gewesen, in zwei Häusern habe man Coworking-Plätze eingerichtet, auch mit der Hilfe von Studenten. „Damit hat die FH kurzfristig zunächst genügend Fläche für den aktuellen Bedarf geschaffen“, so Wickleder. Weitere Konzepte seien derzeit in Arbeit.

Laut Immobilien-Expertin Farke müsse Potsdam seine Sichtbarkeit weiter erhöhen. „Zum Beispiel durch internationale Events und auch in den Medien. Bestehende Netzwerke muss man noch stärker ausbauen und Gründer beispielsweise auch bei der Wohnungssuche unterstützen.“ Auch der Verkehr spiele eine große Rolle: Die Taktung der Züge – beispielsweise nach Golm – müsse erhöht werden.

Das sieht auch Matthias Noack so. Er betreibt das Potsdamer Mietwerk, in dem man sich einzelne Schreibtische mieten kann – tageweise oder für länger. „Ein großer Teil der Mitarbeiter neuer Firmen kommt aus Berlin. Die Pendler haben keine Lust, innerhalb von Potsdam noch mit dem Bus oder der Tram zu fahren“, sagt Noack. Deshalb seien insbesondere Flächen rund um den Hauptbahnhof extrem gefragt. Auch er erlebt, dass viele Gründer nach Berlin abwandern, weil sie in Potsdam keine Büroräume finden. „Oft rufen kleine Firmen bei mir an, die Büros für bis zu acht Leuten brauchen.“ Sie würden gern nach Potsdam kommen, finden aber keinen Platz. Laut Noack fehle es an Räumen, die flexibel nutzbar sind und eine Grundausstattung wie Schreibtisch, Drucker und Internet haben.

Wachsende Nachfrage, steigende Mietpreise

Die hohe Nachfrage wirkt sich auch auf die Mietpreise für Büros aus: Kostete ein Quadratmeter Fläche 2012 noch 11,50 Euro, so sind es derzeit im Schnitt 15 Euro. Damit liegt Potsdam aber noch unter den Preisen, die in Berlin verlangt werden. Dort bezahlt man für einen Quadratmeter Bürofläche durchschnittlich 31,50 Euro. Besonders teuer innerhalb von Potsdam sind Büros in der Neuen Mitte. Sie kosten zwischen 12 und 16 Euro pro Quadratmeter. Günstig hingegen sind Räume im Bürozentrum Babelsberg: Dort müssen Start-ups zwischen 8,50 und 9,75 Euro pro Quadratmeter bezahlen.

Ab 2021 könnte ein wenig Erleichterung durch den Umbau der alten RAW-Halle am Bahnhof entstehen: Dort werden 24 500 Quadratmeter vermietbare Fläche entstehen (PNN berichteten). Darauf bezieht sich auch Stefan Frerichs von der Wirtschaftsförderung der Stadt. Jetzt bestehe zwar ein Riesenengpass an Flächen, „aber in zwei Jahren sind wir gut aufgestellt“, sagt er. Mit der Fertigstellung der RAW-Halle würden sich neue Flächen ergeben, ebenso werde sich die Situation durch Neubauten in Golm, am Campus Jungfernsee und der Medienstadt Babelsberg zumindest verbessern. Künftig wünscht sich aber auch Frerichs mehr Geld für das Flächenmanagement der Stadt – bislang sind im Doppelhaushalt zwei Millionen Euro dafür veranschlagt. Eine zehn Hektar große Fläche brauche für die Erschließung allerdings einen zweistelligen Millionenbetrag, so Frerichs. Hinzu komme das Geld für die Infrastruktur. Aber, so betont er: „Ein Anfang ist gemacht.“

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Kommentar: Steigende Preise und der Knappheit an Büroflächen drängen erfolgreiche Unternehmen aus Potsdam in die Hauptstadt - eine gefährliche Entwicklung, kommentiert PNN-Redakteurin Sandra Calvez.

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