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Symptome wie Müdigkeit, Gelenkschmerzen oder Geruchsverlust bleiben bei "Long Covid"-Patienten mehrere Wochen bis Monate bestehen.

© Oliver Killig/dpa

Update

App für Langzeitpatienten aus Potsdam: Wenn Covid nicht mehr aufhört

Ein Teil der Covid-Patienten leidet wochen- bis monatelang an Symptomen. Die Potsdamer Organisation Data4Life hat eine App entwickelt, die Betroffenen und der Forschung helfen soll.

Die meisten Menschen, die an Covid-19 erkranken, sind spätestens nach zwei bis drei Wochen wieder gesund. Leider ist das nicht immer so: "Immer wieder gibt es Menschen, die auch danach noch wochen- oder monatelang Beschwerden haben", sagt Cornelius Remschmidt, medizinischer Leiter der gemeinnützigen Organisation Data4Life, die von der Hasso-Plattner-Stiftung finanziert wird.

Cornelius Remschmidt ist medizinischer Leiter der Potsdamer Organisation Data4Life.
Cornelius Remschmidt ist medizinischer Leiter der Potsdamer Organisation Data4Life.

© Matti Hillig/promo

Ein langer Covid-Verlauf kann auch Jüngere treffen

"Long Covid" wird diese Erkrankung genannt, über die man bislang noch nicht viel weiß: Betroffene leiden auch Wochen nach der Infektion an Müdigkeit und Schwäche, Muskel- und Gelenkschmerzen oder haben Störungen des Geschmacks- und Geruchssinns. In einigen schweren Fällen bleibt auch die Atemnot zum Teil bestehen, wenn zuvor die Lunge stark angegriffen war. "Long Covid kann unabhängig von der Schwere der akuten Erkrankung auftreten und auch jüngere Menschen treffen", sagt Remschmidt.

Mit der App können Symptome dokumentiert werden. 
Mit der App können Symptome dokumentiert werden. 

© promo

Um mehr über die Erkrankung herauszufinden, hat die Organisation jetzt ihre Data4Life-App, mit der Betroffene ein Symptom-Tagebuch führen können, um eine Erweiterung für Long Covid ergänzt. Denn die Forscher brauchen mehr Daten: Bei Studien mit "Long Covid"-Patienten werden diese retrospektiv über ihre Beschwerden befragt - doch für viele ist es nicht ganz einfach, sich genau an alle Symptome zu erinnern, die sie in den letzten vier, sechs oder acht Wochen hatten. Das Londoner King's College machte es anders: "Hier wurden in einer Studie mit 4000 Teilnehmern prospektiv Daten gesammelt, die Patienten konnten von Anfang an per App ein Symptom-Tagebuch führen", erklärt Remschmidt. Beim Long-Covid-Symptom-Tagebuch handelt es sich um eine Web-App, die nicht installiert werden muss.

App soll Betroffene entlasten

Aus diesem Grund entwickelte Data4Life eine eigene Anwendung, damit der Wissenschaft künftig mehr Daten über Long Covid zur Verfügung stehen - anonymisiert und unter Einhaltung des Datenschutzes, wie Remschmidt betont. In Planung ist die Möglichkeit, dass Nutzer der App ihre Daten freiwillig der Wissenschaft "spenden" können. Neben dem wissenschaftlichen Nutzen soll die kostenlose App auch die Betroffenen entlasten: "Wir wollen den Patienten damit etwas gegen das Gefühl der Hilflosigkeit in die Hand geben", sagt Remschmidt. "Mit der App kann ich meine Symptome beobachten und dem Arzt schon mal etwas vorlegen, wenn ich länger an Covid-19 leide."

Wer die App installiert, wird jeden Tag daran erinnert, seine Symptome anzugeben: Störungen des Geruchssinns? Kopfschmerzen? Atemprobleme? So entstehen nach und nach Verlaufskurven. Geplant ist auch die Möglichkeit, die Symptome nach Stärke anzugeben. Wertvoll für die Wissenschaftler wäre auch, wenn weitere Gesundheitsdaten wie die Herzfrequenz mit einfließen könnten, die etwa von sogenannten Smartwatches gesammelt werden. Da es sich dabei jedoch um sehr sensible Daten handelt, müsse sichergestellt werden, dass die datenschutzrechtlichen Vorschriften eingehalten werden, sagt Remschmidt.

Die Forschung weiß noch nichts über Langzeitfolgen und bleibende Schäden

Noch steht man am Anfang der Forschung: "Da Long Covid erst seit einigen Monaten beschrieben wird, lassen sich bezüglich möglicher Langzeitfolgen und bleibender Schäden bisher noch keine abschließenden Aussagen treffen", sagt Remschmidt. Einige Erkenntnisse gibt es aber schon: Bei der Studie am King's College zeigten 20 Prozent der Teilnehmer Symptome, die länger als vier Wochen anhielten, bei knapp sieben Prozent hielten die Beschwerden sogar länger als acht Wochen an.

Ob Symptome wie der Verlust des Geruchssinns dauerhafte oder temporäre Erscheinungen sind, kann noch nicht gesagt werden. Remschmidt gibt zu bedenken, dass es bei Viruserkrankungen durchaus sein kann, dass Symptome länger bestehen bleiben können als die der akuten Erkrankung: "Es kann vorkommen, dass nach einer Grippe noch wochenlang Reizhusten auftritt."

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"Long Covid"-Patienten sind normalerweise nach zwei Wochen nicht mehr ansteckend

Immerhin gibt es auch eine gute Nachricht für Long "Covid-Patienten": Sie sind trotz der Dauer ihrer Erkrankung normalerweise nach zwei Wochen nicht mehr ansteckend, müssen also nicht wochen- oder monatelang in Quarantäne: "Ausnahmen gibt es immer, aber nach jetzigem Kenntnisstand befinden sich zehn bis 14 Tage nach der Infektion keine vermehrungsfähigen Viren mehr in der Nase", sagt Remschmidt. Bei einer normalen Influenza sei dies ganz ähnlich: Hier ist man normalerweise nach fünf bis sieben Tagen nicht mehr ansteckend, auch wenn man danach noch husten muss.

Das Symptom-Tagebuch ist nicht die erste App, die Data4Life für Corona-Patienten entwickelt hat: Mit der CovApp entwickelte die Organisation Mitte März gemeinsam mit der Berliner Charité eine Anwendung, die Patienten dabei hilft, ihre Symptome einzuschätzen und darauf basierend Handlungsempfehlungen gibt, ob man zum Arzt gehen oder sich testen lassen sollte. Mittlerweile wurde die App mehrere Millionen Mal von Menschen aus über 150 Ländern abgerufen.

Über diesen Link gelangen Interessierte zum Symptom-Tagebuch: https://app.data4life.care/corona/program/symptom-tracking 

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