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Eine Legende am legendären Ort: Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP), reiste gestern über die Glienicker Brücke an  wie bereits 1988.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: An der Glienicker Brücke

Schon 1988 sprach sich Genscher in Potsdam für die Wiedervereinigung aus

Der „Außenminister der deutschen Einheit“, Hans-Dietrich Genscher, war gestern in Potsdam zu Gast. Der 82-jährige Ehrenvorsitzende der FDP folgte einer Einladung der aus Königs Wusterhausen stammenden jungen Juristin Linda Teuteberg, die als Spitzenkandidatin der Liberalen zur Landtagswahl antritt. „Ich habe Herrn Genscher bei einer Begegnung um Unterstützung gebeten, er hat sie zugesagt“, berichtete Teuteberg den PNN.

Hintergrund des Besuchs war aber auch die weithin unbekannte Tatsache, dass Hans-Dietrich Genscher im Juni 1988 als bis dahin einziger bundesdeutscher Außenminister in der DDR auftreten konnte. Schauplatz war das Potsdamer Alte Rathaus, in dem das US-amerikanische Institute for East-West-Security Studies (also für die politische Sicherheit zwischen Ost und West) mit Erlaubnis des SED-Regimes eine Tagung durchführen konnte.

Der prominente Außenpolitiker wurde an der Glienicker Brücke, wie er gestern Abend beim Eintreffen am selben Ort den PNN berichtete, eine halbe Stunde aufgehalten. Es ging darum, dass ihm das Hotel Cecilienhof, die Stätte des Potsdamer Abkommens, als Übernachtungsstätte angeboten wurde. Genscher lehnte dies mit dem Hinweis ab, dies sei für ihn erst nach einer deutschen Wiedervereinigung möglich.

Der bundesdeutsche Außenminister wurde während der Tagung in Potsdam von DDR-Sicherheitskräften abgeschirmt. Wie sich Genscher gegenüber PNN erinnerte, gelang es dennoch einigen Potsdamerinnen, ihn vor dem Alten Rathaus und bei seinem Besuch der Nikolaikirche anzusprechen. Darauf sei er jedoch nicht näher eingegangen, weil er für die Frauen seitens der DDR-Behörden Unannehmlichkeiten befürchtete.

Auf der internationalen Tagung im Alten Rathaus (damals Kulturhaus „Hans Marchwitza“) nahm Hans-Dietrich Genscher dann allerdings kein Blatt vor den Mund. Er wandte sich gegen die militärische Grenzsicherung durch die DDR und forderte sie dazu auf, sie zu lockern und die dafür ausgegebenen, unsinnig hohen Mittel für Kontakte sowie die Verständigung zwischen den beiden deutschen Staaten und ihren Bürgern auszugeben. Genscher nannte die Restriktionen „anachronistisch“ und forderte Reisefreiheit für die DDR-Bürger. Er ließ keinen Zweifel daran, dass er die deutsche Wiedervereinigung für wünschenswert und unausweichlich hielt. Gestern Abend zitierte Genscher im Alten Rathaus aus dieser 1988 gehaltenen Rede und stellte seine Sicht auf den aktuellen Stand des inneren Einigungsprozesses sowie die außenpolitische Entwicklung dar.

Den PNN verriet der im anhaltinischen Halle geborene Politiker, der in seiner Heimatstadt und in Leipzig studierte, dass er bereits als Kind Verbindungen zu Potsdam hatte. Hier wohnte eine Tante namens Schlegel, die er damals mit seiner früh verwitweten Mutter mehrfach besucht habe. Mit der Übersiedlung in den Westen vor 36 Jahren rissen diese Besuche ab. Nach der deutschen Wiedervereinigung habe er Potsdam dann wieder häufig aufgesucht.E. Hoh.

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