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Amtsgericht Potsdam: Bewährung nach Angriff auf Muslime

Im September 2015 hatte ein betrunkener Russlanddeutscher in Drewitz eine muslimische Familie attackiert. Jetzt wurde er dafür vom Amtsgericht Potsdam verurteilt. Eine mutige Passantin sorgte mit dafür, dass der Fall vor Gericht landete.

Potsdam - Wegen einer Attacke auf eine palästinensisch-deutsche Familie ist ein 37-Jähriger am gestrigen Freitag zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Außerdem muss Watscheslaw T. 50 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten, wie das Amtsgericht Potsdam entschied. Der Russlanddeutsche hatte im September vergangenen Jahres eine kopftuchtragende Frau und ihre Familie mit fremdenfeindlichen Sprüchen beleidigt und anschließend körperlich angegriffen.

Nur geringe Verletzungen 

Zunächst hatte T. am Tattag stark angetrunken mit Freunden auf dem Ernst-Busch-Platz in Drewitz gesessen. Später wurden bei ihm 2,16 Promille Alkohol im Blut festgestellt. Als er die muslimische Familie entdeckte, wurde er aggressiv, begann, den Familienvater zu provozieren. Im Anschluss versuchte T. der Frau das Kopftuch herunterzureißen. Der Familienvater ging dazwischen, versuchte, seine Frau zu schützen – T. schlug zu. Die Folge: Nasenbluten und Kratzer.

Weil der Russlanddeutsche mit einem Gegenstand zuschlug – nicht geklärt werden konnte, ob es sein Handy oder eine Likörflasche war –, wertete das Gericht die Attacke als gefährliche Körperverletzung. Die Mindeststrafe laut Gesetz: sechs Monate Gefängnis. Wegen der nur geringfügigen Verletzungen und des hohen Alkoholpegels von 2,16 Promille nahm das Gericht aber einen minderschweren Fall an – und erkannte letztlich auf die viermonatige Freiheitsstrafe. „Wir wollen nicht, dass Sie und andere Mitbürger hier angegriffen werden“, sagte die Richterin Christine Rühl der betroffenen Frau, als diese im Zeugenstand war. Der nicht vorbestrafte Täter gab sich reuig.

Eine Passantin griff ein 

Dass die Tat überhaupt vor Gericht landete, ist vor allem einer jungen Frau zu verdanken, die den Vorfall beobachtet hatte. Als die 21-Jährige mit dem Auto vorbeifuhr, wurde sie auf die Situation aufmerksam und hielt an. Als T. den Familienvater attackierte, griff die gelernte Frisörin ein, zog den zwölfjährigen Sohn der Familie zur Seite und rief die Polizei. „Ich finde es traurig, dass Leute, die seelenruhig an der Haltestelle stehen, so angegangen werden – ob mit Kopftuch oder ohne“, sagte sie vor Gericht. Von den anderen Umstehenden habe indes niemand eingegriffen. Richterin Rühl: „Es ist sehr couragiert, was Sie gemacht haben. Das macht nicht jeder.“ 

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