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Amanda Palenberg hat ihren Posten als Integrationsbeauftragte Anfang Dezember angetreten. 

© Ottmar Winter PNN

Amanda Palenberg löst Magdolna Grasnick ab: Generationenwechsel

Nach 31 Jahren geht Potsdams Integrationsbeauftragte Magdolna Grasnick in den Ruhestand, Amanda Palenberg löst sie ab. Zwischen ihnen liegen drei Jahrzehnte und ein Wandel der Potsdamer Stadtgesellschaft. 

Potsdam - Zwischen den Startpunkten ihrer Arbeit liegen drei Jahrzehnte – und ein umfassender Wandel der Potsdamer Stadtgesellschaft. Nach 31 Jahren als Potsdamer Migrationsbeauftragte geht Magdolna Grasnick in den Ruhestand. Anfang Dezember hat die 29-jährige Amanda Palenberg ihre Nachfolge übernommen. 

Zu Grasnicks ersten Aufgaben zählte es im Herbst 1990, 16 vietnamesische DDR-Vertragsarbeiter bei der Wohnungssuche zu unterstützen. Daran erinnerte sich die heute 64-Jährige am Donnerstag bei ihre Abschiedspressekonferenz. Die Herren, bis zur Wende beim VEB Bau- und Montagekombinat tätig, wurden arbeitslos, ihr Internat hatte geschlossen. Auch um Deutschkurse für die ersten jüdischen Zuwanderer aus der Sowjetunion kümmerte sich Grasnick, die selbst gebürtige Ungarin ist. 

Magdolna Grasnick geht nach 31 Jahren als Migrationsbeauftragte in den Ruhestand.
Magdolna Grasnick geht nach 31 Jahren als Migrationsbeauftragte in den Ruhestand.

© Andreas Klaer

Anfang der 1990er Jahre lag der Ausländeranteil in Potsdam bei unter einem Prozent der Bevölkerung – heute sind es fast zehn Prozent. 18.000 Potsdamer haben ausschließlich einen nicht-deutschen Pass, 6000 weitere eine doppelte Staatsbürgerschaft. 

Grasnicks Nachfolgerin Palenberg ist aus Bremen nach Potsdam gezogen. Sie sei beeindruckt davon, wieviel in Potsdam schon im Bereich Integration getan werde, sagte sie den PNN. „Diese super Ausgangslage erspart uns viele Grundsatzdiskussionen. Hier ist es Konsens, dass die Stadt wächst und Zuwanderung begrüßt.“ Neben der Initiative „Städte sicherer Häfen“ und dem Bündnis „Potsdam bekennt Farbe“ nennt sie die vielen Vereine, in denen auch migrantische Selbstorganisation gelebt werde. Derzeit nehme sie Kontakt zu diesen Initiativen auf, vernetze sich. 

Promotion über Teilhabe geflüchteter Frauen

Im Gespräch mit Palenberg wird deutlich, dass die junge Frau die Arbeit nicht nur fortsetzen, sondern eigene Duftmarken setzen möchte. Als Schwerpunkt sieht sie den Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung – ein Thema, mit dem sie sich auch wissenschaftlich befasst hat. Nach ihrem Bachelor in Sozial- und Kulturwissenschaften hat Palenberg zunächst in Niedersachsen, wo sie herkommt, in einer Flüchtlingsunterkunft gearbeitet. „2015 war der Bedarf an Fachkräften enorm, ich wollte mich engagieren.“ Aus der Hilfe in den Semesterferien wurde eine Anstellung, eine zweite folgte in einer Clearingstelle für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Nach dem Master promovierte sie über die Teilhabe geflüchteter Frauen. „Ich habe bei meinen Recherchen viel Zeit in migrantischen Communities verbracht, um die Perspektive der Familien einzunehmen“, beschreibt sie. 

Auch in Potsdam würde sie gerne enger mit der reichhaltigen Wissenschaftslandschaft kooperieren. „Wir sollten die Ressourcen nutzen, um eine ordentliche Datenlage zu Fragen struktureller Diskriminierung zu schaffen“, so Palenberg. Gibt es die noch nicht? Sie sei in der Tat „noch nicht so stark ausgeprägt“. Zwar habe Potsdam tolle Projekte und umfassende Hilfsstrukturen aufgebaut. „Aber es ist an der Zeit zu fragen, welche strukturellen Barrieren bleiben für Migranten noch bestehen“, macht Palenberg deutlich. 

Rassismusbekämpfung als Querschnittsthema

Diesem Thema will sie unbedingt mehr Sichtbarkeit verschaffen. „Ich sehe meine Arbeit als Beauftragte als Chance, Rassismusbekämpfung als Querschnittsthema zu verankern“, sagt sie. Sie wolle genau hinschauen, wo Migranten vertreten sind und wo nicht – angefangen bei der Stadtverwaltung. Laut Integrationsmonitoring 2019 lag der Anteil nichtdeutscher Mitarbeiter in der Verwaltung lediglich bei 0,8 Prozent und damit sehr deutlich unter deren Anteil an der Potsdamer Bevölkerung. „Die öffentliche Verwaltung sollte die Stadtgesellschaft repräsentativ abbilden“, betont Palenberg. „Es ist ein entscheidender Faktor für eine Kommune, die sich als weltoffen versteht, migrantische Perspektiven einzubeziehen.“ 

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Wer Grasnick und Palenberg zuhört, kann viele gemeinsame Ziele erkennen. So fordern beide eine Verstetigung der Finanzierung im Bereich der Migrationssozialarbeit. Verträge, die nur für ein oder zwei Jahre geschlossen und kurzfristig verlängert werden: Das sei ein Problem für die Träger und ihre Arbeit. 

Der Generationenunterschied – oder Zeitgeist, wie es Palenberg selbst nennt – wird eher in ihrer Art deutlich, Dinge zu benennen. Die Ältere nennt bei Antworten Beispiele aus ihrer Potsdamer Erfahrung. Die Jüngere nutzt eher wissenschaftliche Termini. Sie gendert durchgehend auch beim Sprechen, völlig selbstverständlich spricht sie von Migrant:innen und Entscheider:innen. Für sie, die Stadtgesellschaft und die Träger, so versichert Palenberg, „stehen meine Türen digital offen“. Grasnick hingegen wird ihre Bürotür in der kommenden Woche hinter sich schließen. An ihrer Küchentür zu Hause hat sie eine Wünscheliste für die Rente angehängt. Familienzeit mit Enkeln und Urenkeln steht dort – und ihre Italienischkenntnisse will sie auffrischen.

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