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Beliebt. Heike Schäfer kommt mit ihren Töchtern Helene (links) und Isabell oft zum Stöbern in die Zweigbibliothek Am Stern. Die Familie wohnt nicht weit entfernt.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Am Anfang war das Buch

Seit 30 Jahren gibt es die Zweigbibliothek Am Stern. Sie ist ein Treffpunkt für den ganzen Stadtteil – und bietet Lesungen, Tauschbörsen und immer mehr Digitales

Zwei Tage, bevor der fünfte Geburtstag gefeiert werden sollte, geschah es: In der Zweigbibliothek loderten die Flammen. „Ich weiß es noch ganz genau, das war ein Sonntag“, sagt Marion Kuschke, die die Stadtteilbibliothek in den ersten fünf Jahren ihres Bestehens leitete. Der Hausmeister hatte sie angerufen: „In Ihrer Bibliothek brennt’s!“ Ein Großteil der Kinder- und Jugendliteratur war zerstört, der Bau musste komplett saniert werden und eröffnete erst ein Vierteljahr später wieder. Bis heute weiß man nicht, was genau das Feuer auslöste – nur, dass es in den Luftschächten ausbrach.

Der Brand im Jahre 1992 war jedoch das einzige Unglück, das die Stadtteilbibliothek Am Stern heimsuchte. Am gestrigen Freitag feierten die Betreiber am Nachmittag erneut ein Jubiläum in der Bibliothek am Johannes-Kepler-Platz, diesmal ohne Zwischenfälle. Seit 30 Jahren gibt es die Bibliothek, und sie ist damals wie heute ein beliebter Stadtteiltreff.

Am 15. Dezember 1987 wurde die Zweigstelle der früheren Wissenschaftlichen Allgemeinbibliothek eröffnet und von den Bürgern im damals größten Neubaugebiet der Stadt sofort angenommen. „Uns besuchen 30 000 Leute pro Jahr“, sagt Julia Ernst, die seit 2013 die Stadtteilbibliothek leitet.

Besonderer Wert werde auf die Förderung der Lesekompetenz bei Kindern und Jugendlichen gelegt, sagt sie. Dazu hat die Bibliothek Kooperationen mit den Schulen und Kitas der Nachbarschaft. Um Kinder für Bücher und Literatur zu begeistern, kam beispielsweise in diesem Jahr im Rahmen der Jugendliteraturtage der Kinderbuchautor Thilo Petry-Lassak in die Bibliothek, um aus seinem Star Wars-Buch der „Tiptoi“-Reihe zu lesen.

Mehr als 100 Veranstaltungen bietet die Stern-Bibliothek jährlich an – neben den Autorenlesungen seien vor allem die Lese- und Büchertauschtreffen mit Kindern der Nachbarschulen ein Garant für ein belebtes Haus. Auch Elke Borgmann, Leiterin der Bibliothek von 2004 bis 2012, war zur Geburtstagsfeier gekommen. „Ach, ich weiß noch, einmal mussten wir aus der Waldstadt-Bibliothek noch Stühle herholen, so groß war der Andrang“, erinnert sie sich. Der DDR-Sportmoderator Heinz Florian Oertel las anlässlich seines 80. Geburtstages. Schon als sie die Geschicke der Bücherei leitete, habe es eine Menge Aktionen für Kinder gegeben.

Dass das Konzept der Bibliothek fruchtet, wird schnell klar. Selbst wenn keine Feier auf dem Programm steht, sieht man viele junge Menschen durch die Regalreihen streifen. Heike Schäfer sitzt mit ihren beiden Töchtern Helene und Isabell auf einer Bank vor dem Fenster, alle drei blättern in Büchern. „Die Bibliothekskarte haben wir von der Schule bekommen“, sagt Schäfer, die mit ihren Kindern nur wenige Gehminuten von der Bücherei entfernt wohnt. Ihre jüngere Tochter liebt Geschichten über Tiere, die ältere liest in dem Comic-Roman „Gregs Tagebuch“. Dass die Mädchen in die Bibliothek gehen, war Heike Schäfer, die selbst passionierte Leserin ist, wichtig. „Man hat ja mehr Abwechslung als zuhause“, findet sie. Außerdem treffen sich hier Freunde und Nachbarn. Seit 2013 sind die Schäfers Stammgäste der Bibliothek.

Doch längst nicht alle kommen wegen der Bücher. Seit kurzem erfreut sich eine Wii-U-Konsole zum Spielen großer Beliebtheit, vor Ort können außerdem Internet, Computer und Drucker genutzt werden. Insgesamt verfügt die Bibliothek über rund 26 000 Medien: Bücher, Zeitschriften, Musik-CDs, Filme und Hörbücher. Außer den physischen Medien gibt es mittlerweile eine große Auswahl an Online-Angeboten wie die e-Ausleihe oder Musikstreaming.

Auch bei der Feier am Freitag spielten neue Medien eine Rolle: Besucher konnten unter dem Motto „Last-Minute-Weihnachtsgeschenk gestalten – digital“ auf dem Tablet mit Hilfe einer App Grußkarten entwerfen.

Zur Jubiläumsfeier kam am gestrigen Freitag auch die Beigeordnete für Bildung, Kultur und Sport, Noosha Aubel (parteilos). Sie habe schon beim Stadtteilfest in diesem Jahr gestaunt, wie beliebt das Haus am Johannes-Kepler-Platz sei, sagte sie. „Die Bibliothek fördert mit ihren Angeboten in hohem Maße die Medien- und Lesekompetenz von Kindern und Jugendlichen“, lobte Aubel. Potsdams Bibliotheksdirektorin Marion Mattekat sagte: „Neben der Hauptbibliothek im Bildungsforum sind unsere Zweigbibliotheken in der Waldstadt und Am Stern ein unverzichtbarer Bestandteil der Stadtteilkultur.“

Welches Medium am beliebtesten ist, vermochte Bibliotheksleiterin Ernst jedoch nicht zu beantworten: „Die Erwachsenen lesen gerne Bestseller, die Kinder lieben alles, was in ist. Und natürlich André Kubiczek!“

Am Abend kam der im Stadtteil Am Stern aufgewachsene Autor zur Geburtstagsfeier in die Zweigstellenbibliothek. Er las aus seinem für den Deutschen Buchpreis nominierten Roman „Skizze eines Sommers“. In seinem Buch hat er seiner Heimatstadt Potsdam und ganz besonders dem Wohngebiet Am Stern gewissermaßen ein literarisches Denkmal gesetzt.

Anne-Kathrin Fischer

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