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Ungewisse Zukunft. Das alternative Wohnprojekt an der Tornowstraße 38 sieht einige der von der Bauverwaltung angekündigten Entwicklungen auf Herrmannswerder kritisch.

© Klaer, Andreas

Alternatives Wohnprojekt: In der Warteschleife

Der Umzug der Wagenburg auf Hermannswerder auf ein neues Gelände verzögert sich – weil eine Baufirma gepfuscht hatte.

Hermannswerder - Für die Bewohner:innen von Hermannswerder ist der Wagenburgplatz an der Tornowstraße 38 ein vertrauter Anblick. Doch eigentlich sollten die Bauwagen mittlerweile nicht mehr hier stehen, sondern auf dem in Sichtweite gelegenen Grundstück an der Tornowstraße 35. Bis Mai 2021 sollte der Umzug vollzogen sein, so lautete der Plan. Die Stadt hatte dies als Eigentümerin der Fläche entschieden, um das nahe am Ufer gelegene Grundstück zu verkaufen.

Doch wann der Umzug stattfinden wird, ist derzeit unklar: „Ich denke, nächstes Jahr“, sagt der 50-jährige Wagenburgplatz-Bewohner Steffen, der seinen vollen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Die Bewohner:innen hatten 2019 eine sogenannte Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung unterschrieben, um das an sie verpachtete Gelände wieder abzutreten. Eineinhalb Jahre sollte es dauern, bis das neue Gelände und insbesondere die zwei darauf befindlichen Häuser soweit ertüchtigt wurden, dass der Umzug hätte erfolgen können.

Wasser drang in das neu sanierte Dach ein

Doch die Bauarbeiten am größeren Haus verzögerten sich, denn die von der Stadt beauftragte Baufirma hatte bei der Sanierung des Dachs gepfuscht: Da die Dachfenster falsch eingesetzt worden waren, war nach heftigen Regenfällen im Frühjahr 2020 viel Wasser eingedrungen.

Kurz zuvor war im Innern des Hauses eine umfassende Schadstoffsanierung durchgeführt worden. Dabei wurden schadstoffbelastete Teile der Dachkonstruktion mit Folien und Baustoffen versiegelt. Diese Arbeit wurde durch das eingedrungene Wasser zunichte gemacht, schlimmer noch: „Durch die Folien konnte das Wasser nicht nach außen abfließen, sondern hat sich unter dem Dach gestaut – alles war nass, ein Supergau.“

Ein Jahr lang Baustopp

Aufgrund des Schadens wurde im Juni 2020 ein Baustopp im Inneren des Hauses verhängt, der bis August 2021 anhielt. In dieser Zeit wurde die alte Schadstoffsanierung entfernt, das komplette Dach neu gedeckt und die Fenster richtig eingesetzt – von einer anderen Baufirma. Auch die Schadstoffsanierung musste komplett erneuert werden, die Stadt übernahm die Kosten. Eine wichtige Entlastung für den Verein Fairwiese, den Träger des Wohnprojekts, denn die Bewohner:innen hatten zuvor 160 000 Euro über Direktkredite von Privatpersonen aufgenommen, um ihren Anteil an den Baumaßnahmen zu stemmen. Ob das Geld noch ausreicht, ist unklar: „Es könnte eng werden“, sagt Steffen.

Abgesehen von den Bauarbeiten am Haupthaus, in dem mehrere Wohnungen fertiggestellt werden sollen, sind die Vorbereitungen des neuen Grundstücks dennoch vorangekommen. Ein alter Bungalow wurde von den Bewohner:innen saniert und soll künftig als Küche dienen. Auch ein Großteil der früheren Vegetation sowie des Schutts im Boden wurde entfernt, um Platz für die Bauwagen zu schaffen.

Neuer Umzugstermin ist ungewiss

Wann genau der Umzug erfolgen kann, hängt nun vom weiteren Verlauf der Bauarbeiten ab. Erst wenn der neue Platz und das Haus genügend ertüchtig worden sind, kann das Wohnprojekt übersiedeln.

Dort wird es beengter sein als in der Tornowstraße 38, wo die Bauwagen im Kreis stehen. „Wir werden uns zukünftig eher sternförmig aufstellen müssen“, sagt Steffen. Gleichzeitig werden die Wohnkosten steigen: Die Miete für das neue Grundstück wird etwa 50 Prozent über der jetzigen Pacht liegen. Derzeit leben 15 Erwachsene und zwei Kinder auf dem Wagenburgplatz.

Kritik an Bauplänen der Hoffbauer-Stiftung

Abgesehen von ihrem unfreiwilligen Umzug empfinden die Bewohner:innen der Wagenburg auch über andere Entwicklungen Unmut: Die kürzlich von der Bauverwaltung vorgestellten Pläne für Hermannswerder sehen unter anderem die Errichtung eines Parkhauses sowie einen komplett asphaltierten Rundweg um die Südspitze der Halbinsel vor, die sich im Landschafts- und Vogelschutzgebiet befindet. „Es ist fraglich, wie das miteinander vereinbar sein soll“, sagt Steffen. Er befürchtet, dass die örtliche Tier- und Pflanzenwelt dadurch beeinträchtigt werden könnte. Auch der Naturschutzbund BUND hatte die Pläne öffentlich kritisiert.

„Allein für den Uferweg müssten erst einmal viele Bäume gefällt und dann Flächen versiegelt werden“, erläutert Steffen. Die Bauwagen-Bewohner:innen sehen auch das Parkhaus kritisch. Sie hegen die Befürchtung, dass dann noch mehr Verkehr angezogen würde. „Stattdessen müsste die öffentliche Anbindung verbessert werden, indem Fähre und Bus öfter fahren“, sagt Steffen. Er und die anderen Wagenburg-Bewohner:innen fordern ein neues Verkehrskonzept für die Halbinsel.

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