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Landeshauptstadt: Als die Weltkugel vom Rathaus stürzte

Ausstellung „250 Jahre Altes Rathaus“ / Anekdotische Reise in die Vergangenheit mit Hartmut Knitter

Ausstellung „250 Jahre Altes Rathaus“ / Anekdotische Reise in die Vergangenheit mit Hartmut Knitter Von Günter Schenke Innenstadt. Aus dem Jahre 1753 sind die ältesten Dokumente, die in der Ausstellung über die Geschichte des Alten Rathauses zu sehen sind. Sie befanden sich in der ersten Weltkugel, welche der Atlas über dem Rathausturm auf seinen Schultern trägt. Ute Kamps hat die Konzeption für die Ausstellung entwickelt. Die Kunsthistorikerin berichtet, dass der ursprünglich aus Blei bestehende Atlas 23 Jahre nach der Erbauung herunterstürzte. Zwar wurden solch komplizierte Konstruktionen auch schon im 18. Jahrhundert regelmäßig auf Standfestigkeit untersucht. Doch der König schlug die Warnungen der damit betrauten Fachleute in den Wind – wahrscheinlich um Geld zu sparen. So musste 1776 eine neue Atlasfigur, diesmal aus Kupfer getrieben, aufgestellt werden und die Atlaskassette erhielt neue Dokumente. Es handelte sich unter anderem um Huldigungen an den König. Diese waren auch angebracht, denn der König – man könnte auch sagen der Staat – bezahlte den Bau und dessen Reparaturen. Die Stadt wäre auch damals schon finanziell dazu nicht in der Lage gewesen. „Wir sind sehr froh, dass wir diese Ausstellung zum 250. Jubiläum des Alten Rathauses zustande gekriegt haben“, sagt Kulturhausleiterin Elke Bahr. Damit sei ein schon lange gehegter Wunsch der Kulturhausmitarbeiter in Erfüllung gegangen. Schon Mitte der neunziger Jahre hatte es eine Materialsammlung für eine Ausstellung gegeben, diese sei aus finanziellen Gründen aber nicht zustande gekommen. „Wir haben das Jubiläum zum Anlass genommen den alten Plan zu verwirklichen“, sagt Bahr und berichtet, dass viele Touristen, die das Haus aufsuchen, immer wieder nach seiner Geschichte fragen. Deren Wissbegier kann künftig befriedigt werden, denn die zwanzig Tafeln zur Baugeschichte des Hauses werden dauerhaft im Foyer, in der alten Garderobe, zu sehen sein. Wer in den Turm des Gebäudes hinaufsteigt, in dem sich derzeit eine Ausstellung über historische Stadtkerne befindet, kann aus den Fenstern die großen Sandsteinfiguren, die das Dach schmücken, aus der Nähe betrachten. Oder er wendet sich in Richtung Keller. Dort steht nämlich auf einem Treppenpodest die einzige erhaltene Originalfigur. Sie symbolisiert die Kaufmannschaft. Wie Kamps berichtet, waren die übrigen fünf Skulpturen nach dem Bombenangriff am 14. April 1945 so stark beschädigt worden, dass sie nicht mehr restauriert werden konnten. Beim Wiederaufbau des Alten Rathauses in den sechziger Jahren sind daher von Horst Misch Kopien der sechs Figuren, welche die bürgerlichen Tugenden symbolisieren, angefertigt worden. Zur Ausstellungseröffnung gibt es heute Abend eine Festveranstaltung der Stadt. Oberbürgermeister Jann Jakobs wird den Vorgängerbau der heutigen Stadtverwaltung würdigen. Räumlich bescheiden ging es früher hier zu, sogar der Turm musste als Gefängnis für Polizei-, Straf- und Schuldgefangene genutzt werden. „Geschichten rund ums Alte Rathaus“ erzählt morgen um 19 Uhr Hartmut Knitter, musikalisch umrahmt von Werner Scholl am Klavier und Hans-Joachim Scheitzbach am Cello. Musik aus der Zeit Friedrichs II., auf dessen Geheiß das barocke Rathaus auf den Fundamenten des noch bescheideneren Vorgängerbaus errichtet wurde, wird erklingen. Hartmut Knitter, Stadthistoriker und früherer Mitarbeiter des Potsdam Museums, wird mit Anekdoten und kleinen Geschichten die 250-jährige Geschichte des Alten Rathauses beleuchten.

Günter Schenke

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