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Wenn in Potsdam Wohnraum unrechtmäßig als dauerhaftes Feriendomizil missbraucht wird, muss man nun mit Bußgeld rechnen

© B. Pedersen/dpa

Airbnb: Potsdam will härter gegen Ferienwohnungen vorgehen

Hunderte Wohnungen in Potsdam werden als Ferienwohnungen an Touristen vermietet. Die Stadt will nun gegen die Zweckentfremdung von Apartments via Airbnb vorgehen.

Potsdam - Sie werben mit Sprüchen wie „Gemütliche Zweizimmerwohnung“, „Nice Appartement close to main station“ oder „Wohnen im historischen Flair“. Etwa 300 Ferienwohnungen werden auf der Zimmervermittlungsplattform Airbnb unter dem Suchbegriff Potsdam angeboten. Häufig sind es einzelne Zimmer, aber auch ganze Wohnungen. Nach Angaben von Airbnb gibt es in Potsdam etwa 380 aktive Unterkünfte, davon würden rund fünf Prozent mehr als die Hälfte des Jahres vermietet.

Sanierte Wohnung in der Innenstadt wird dauerhaft an Touristen vermietet

Aktuell lockt zum Beispiel ein barocker Altbau in der Innenstadt, der den Nutzern offenbar sehr gefällt. Allein seit Jahresbeginn hinterließen Nutzer durchweg positive Bewertungen. Die sanierte Wohnung mit modernem Standard und Doppelbett wird offenbar dauerhaft an Touristen vermietet. Ob es dafür eine Genehmigung gibt oder Steuern gezahlt werden, kann man auf der Vermittlungsplattform nicht erkennen.

Gegen die sogenannte Zweckentfremdung von Wohnungen will die Stadt Potsdam nun härter vorgehen. Die Verwaltung arbeitet derzeit an einer Beschlussvorlage. Damit soll das brandenburgische Zweckentfremdungsverbotsgesetz zügig angewendet werden, sobald es in Kraft getreten ist, heißt es auf PNN-Anfrage aus dem Rathaus. Damit sollen verbindliche und transparente Regeln für die Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnungen geschaffen werden. In Bezug auf Homesharing-Plattformen soll es auch darum gehen, vollständige, verlässliche und unabhängige Informationen über die dort annoncierten Angebote von Wohnraum zu erhalten.

Brandenburger Landtag beschloss Zweckentfremdungsverbotsgesetz

Denn bisher gibt es in Potsdam keine entsprechende Satzung, weil die Rechtsgrundlage dafür fehlte. So konnte die Stadt nicht einmal Daten über die Ferienwohnungen erheben. Doch das hat sich jüngst geändert. Wie berichtet hat der Landtag Mitte Mai ein Zweckentfremdungsverbotsgesetz beschlossen. In Berlin und sechs weiteren Bundesländern gibt es das bereits.

Das Gesetz wurde explizit mit der Lage in Potsdam begründet. Es soll voraussichtlich im dritten Quartal in Kraft treten. Die neu gewählte Stadtverordnetenversammlung kann dann also eine Satzung beschließen.

Die Stadtverwaltung sieht jedenfalls Handlungsbedarf. „Wird eine Wohnung aber über längere Zeiträume, wiederholt und gewerblich als Ferienwohnung angeboten, dann stellt das eine Zweckentfremdung dar“, so Stadtsprecher Markus Klier.

Die Wohnung werde dem in Potsdam bereits nicht ausreichenden Wohnungsangebot entzogen. Um dies zu kompensieren, müsste Wohnraum zusätzlich zum ohnehin schon zu deckenden Neubaubedarf an anderer Stelle errichtet werden. Das sei weder ressourcenschonend noch sozial, denn die Miete im Wohnungsneubau ist in der Regel höher als im Wohnungsbestand.

In der Tourismusstatistik tauchen die Wohnungen ohnehin nicht auf. Die erfasst nur Betriebe mit mehr als zehn Betten. Offiziell wurden im vergangenen Jahr in Potsdam 6068 Betten angeboten, 3,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Die durchschnittliche Bettenauslastung im Jahr 2018 ist trotz des wachsenden Angebotes auf durchschnittlich 54,6 Prozent gestiegen. Die Nachfrage ist also offenbar da.

Möglicherweise wären die Hotels und Pensionen noch voller, wenn es keine Konkurrenz durch unangemeldete Ferienwohnungen gäbe. Allerdings geht man beim städtischen Tourismusmarketing PMSG nicht davon aus. „Die Angebote der Sharing Portale sprechen eine andere Zielgruppe an als die klassischen Beherbergungsangebote“, heißt es. Zudem sei das Angebot auf diesen Plattformen für Potsdam aus touristischer Sicht nicht sehr groß und hätte in dem derzeitigen Umfang keinen relevanten Einfluss auf den Beherbergungsmarkt.

Angebot in Potsdam hat sich verzehnfacht

Marktforschungsunternehmen gehen allerdings davon aus, dass sich die Zahl der über Homesharing-Plattformen angebotenen Objekte in Potsdam in den vergangenen drei Jahren mehr als verzehnfacht habe, so die Stadtverwaltung. Die Angebote verteilen sich über das gesamte Stadtgebiet, räumliche Schwerpunkte bilden aber die Innenstadt, die „Vorstädte“ und Babelsberg. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) sieht in den Ferienwohnungen außerdem eine Benachteiligung des eigenen Gewerbes.

Die Erfassung der über die Vermittlungsportale vermieteten Wohnungen könnte sich für die Stadt auch finanziell auszahlen. Denn eigentlich wird für touristische Übernachtungen in Potsdam seit fünf Jahren die sogenannte Bettensteuer fällig. Die Steuer fällt für jede Art von Beherbergungsbetrieben an. „Dazu zählen neben Hotels und Pensionen auch Ferienwohnungen sowie die Vermietung von Zimmern in Wohnungen“, teilt die Stadtverwaltung mit. Man recherchiere regelmäßig umfangreich auf Homesharing-Plattformen. Teilweise gelinge es, Steuerschuldner festzustellen.

Schon länger ein Problem

Ein „Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum“ galt in Brandenburg nur bis 2004. Dann wurde es ersatzlos abgeschafft. Wenn eine Wohnung bisher dauerhaft als Ferienwohnung angeboten wird, muss der Vermieter laut Stadtverwaltung bei der Bauaufsicht einen Umnutzungsantrag stellen.

Dies sei beispielsweise in Gebieten mit einem Bebauungsplan, die als Wohngebiet festgesetzt wurden, nicht möglich. Schon vor drei Jahren hatte der Mieterbund kritisiert, dass die Umnutzung von Wohnraum in Potsdam nicht untersagt ist.

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