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Das Afrikafest am Brandenburger Tor.

© privat

Afrikafest abgebrochen: Rathaus Potsdam will Missverständnisse ausräumen

Die Stadt Potsdam hat begründet, warum das Afrikafest abgebrochen wurde, das Weinfest aber nicht. Zudem sucht die Stadtverwaltung jetzt den Dialog mit den Afrikafest-Veranstaltern.

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Potsdam - Das Potsdamer Ordnungsamt sieht sich weiter mit dem Vorwurf der Ungleichbehandlung konfrontiert, selbst von Rassismus ist die Rede. Anlass ist der vorzeitige Abbruch des von der Stadtverwaltung finanziell geförderten Afrikafests am vergangenen Wochenende. Bei Veranstaltern und Gästen – ohnehin sensibilisiert durch die antirassistische „Black Lives Matter“-Bewegung – sorgte das für Erschütterung und Ärger. Das Ordnungsamt und auch die Polizei verteidigen ihr Vorgehen und verweisen auf den Infektionsschutz. Allerdings will Ordnungsdezernentin Brigitte Meier (SPD), die am Donnerstagabend in einer Mitteilung ausdrücklich die entstandenen Missverständnisse bedauerte, nun bei einem gemeinsamen Gespräch mit den Organisatoren das Geschehen noch einmal auswerten. Das hatten auch mehrere Kommunalpolitiker gefordert.

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Der Hauptkritikpunkt: Während das Ordnungsamt am Samstag mehrfach das Afrikafest am Brandenburger Tor kontrolliert und immer wieder neue Auflagen gemacht habe, sei das gegenüber auf dem Luisenplatz stattfindende Weinfest – obwohl auch sehr gut besucht – unbehelligt geblieben. Das hatten den PNN mehrere Zeugen erklärt, die als Besucher auf dem Fest waren. Am Donnerstag wurde ihre Darstellung von mehr als zehn Mitorganisatoren des Festes gestützt, fast alle aus der afrikanischen Community in Potsdam.

In einer Erklärung teilten sie mit, man habe für die neunte Ausgabe des Festivals in Abstimmung mit der Stadt ein Hygienekonzept erarbeitet und dieses am Samstag auch dem Ordnungsamt vorgelegt. Ferner habe man Schilder mit Corona-Hinweisen an allen Ständen aufgehängt, dort Desinfektionsmittel verteilt und Abstände am Boden markiert. Jedoch sei dieses Jahr der Platz vor dem Brandenburger Tor deutlich kleiner ausgefallen, gerade wegen der Außenbestuhlung der angrenzenden Restaurants, hieß es von den Organisatoren gegenüber den PNN.

Organisatoren sehen sich ungleich behandelt

Ab 18 Uhr sei man dann vom Ordnungsamt und der Polizei angegangen worden, weil „angeblich Corona-Regeln nicht eingehalten würden“, hieß es. Daher habe man noch einmal an die Besucher appelliert, Masken zu tragen. Nach weiteren Aufforderungen dieser Art habe man, um die Lage nicht weiter eskalieren zu lassen, sich für den Abbruch des Festes entschieden. Erschwerend sei hinzugekommen, dass Touristen und andere Passanten sich nicht an das Maskengebot gehalten hätten – dafür könne man als Veranstalter aber nichts.

Beim Weinfest gegenüber sei das Amt anders verfahren: Obwohl dort Menschen „auch dicht auf dicht“ zusammen saßen, seien dort keine Kontrollen ersichtlich gewesen. Auch eine Maskenpflicht habe nicht bestanden. Man sei empört über diese Art des Umgangs und fühle sich diskriminiert, so die Organisatoren.

"Eine rassistische Wirkung, die unannehmbar ist“

Außerdem habe auch ein Vorfall, bei dem ein laut Polizei aggressiver Mann anwesende Polizisten beschimpfte und sich dann gegen seine Festnahme wehrte, viele Festbesucher aufgebracht, schildern die Veranstalter. Schon vorher hätten sich Besucher, gerade Familien, über das martialisch wirkende Auftreten der in der Nähe postierten Polizei gewundert. „Da wir dieses interkulturelle Fest in diesem Format gerne fortsetzen möchten, wünschen wir uns eine Aussprache darüber, wie wir dies organisieren können, ohne dass es erneut zu solchen Vorfällen kommt“, fordern die Organisatoren in dem Schreiben.

Reden müsse man auch darüber, „inwiefern die Tatsache, dass nur das von Migranten organisierte Fest mit einer in diesem Maße massiven Polizeipräsenz und Kontrolle belegt wurde, eine rassistische Wirkung hatte, die unannehmbar ist“. Und das Ordnungsamt müsse eine der Hauptorganisatorin mündlich angekündigte Strafe für den Verstoß gegen Corona-Regeln zurücknehmen.

Die Kommunalpolitik reagiert

Die zuständige Ordnungsdezernentin Meier sagte noch während der am Donnerstagmittag stattfindenden Pressekonferenz zur bald beginnenden Interkulturellen Woche ein Gespräch zu. Das hatten zuvor mehrere Kommunalpolitiker gefordert, so der Stadtverordnete Sascha Krämer (Linke) und die SPD-Fraktionschefin Sarah Zalfen. „Potsdam als Stadt der Toleranz hat hier auch eine Verantwortung als Vorbild“, mahnte Zalfen und verwies auch auf die Sensibilität des Themas. Die CDU-Fraktionsspitze teilte mit: „Sollte es zu Unverhältnismäßigkeiten gekommen sein – wie zuletzt gegenüber der Potsdamer Gastronomie durch eine unangemessene Wortwahl der Beigeordneten Meier – ist dies zu hinterfragen und zu diskutieren.“ Die alternative Fraktion Die Andere stellte eine Kleine Anfrage zu dem Vorfall. Man sehe großen Aufklärungsbedarf. Maria Pohle als Vorsitzende des Migrantenbeirats machte wiederum auf ein generelles Problem aufmerksam, das auch bei der Organisation der Interkulturellen Woche aufgetreten sei: Wegen der Pandemie sei eben jede größere Veranstaltung aktuell ein Risiko. „Es gibt Auflagen vom Gesundheitsamt, an die müssen sich alle halten – aber es darf keine doppelten Standards geben“, betonte Pohle.

Die Stadt via Twitter: "Rassismus hat in Potsdam keinen Platz"

Die Stadtverwaltung stellte am Donnerstagnachmittag bereits via Twitter klar: „Rassismus hat in Potsdam keinen Platz. Das gilt natürlich auch für die Mitarbeitenden in der Stadtverwaltung.“ Potsdams Ausländerbeauftragte Magdolna Grasnick sagte wiederum vor der Presse, das Geschehen „wird sicher zu einer noch größeren Sensibilisierung der Ordnungskräfte bei der Einhaltung der Hygieneregeln führen“. 

Am Abend teilte Ordnungsdezernentin Meier dann mit, die Arbeit der Außendienstmitarbeiter sei geprägt von Respekt und dem Grundsatz der Gleichbehandlung. Das Handeln ihrer Mitarbeiter sei nur zum Infektionsschutz erfolgt. „Diese Missverständnisse zeigen, wie wichtig eine gelungene und respektvolle Kommunikation ist.“ Das wolle sie nun bei einem Treffen deutlich machen. Ihre Botschaft verlas sie auch in einem Video.

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Das Rathaus verteidigt den Einsatz

Allerdings verteidigt das Rathaus den Einsatz beim Afrikafest, dieser gehe auch auf Einschätzungen des Gesundheitsamts zurück. Auf PNN-Anfrage teilte Stadtsprecher Jan Brunzlow bereits am Mittwoch mit, es habe keine Ungleichbehandlung vorgelegen. So hätten sich beim Afrikafest „auf einer kleineren Fläche eine Vielzahl von Menschen auf engstem Raum“ aufgehalten. Gerade am Nachmittag sei die Besucherzahl stark gestiegen, sehr viele Menschen hätten zum Teil unter den Baldachinen der Stände „dicht beieinander gestanden, getanzt und mitgesungen“. Das sorge für zusätzlichen Aerosolausstoß, der bekanntlich als ein Übertragungsweg des Coronavirus gilt. Daher habe man die Pflicht zum Tragen einer Maske für das Afrikafest angeordnet.

Stadtsprecher: "Alle Veranstaltungen werden regelmäßig kontrolliert"

Zugleich stellte Brunzlow klar: „Sämtliche Veranstaltungen im Stadtgebiet werden regelmäßig auf die Einhaltung der Corona-Bestimmungen kontrolliert.“ Auch das Weinfest werde durch das Ordnungsamt überwacht. „Dort wurden Tische wie Stände mit Abständen aufgestellt, was zur deutlichen Entzerrung beitrug“, so Brunzlow. Jedoch werden, wie regelmäßige Gäste des seit knapp zwei Wochen laufenden Weinfests den PNN berichteten, dort Gebote wie „Nur eine Familie pro Tisch“ kaum kontrolliert – vielmehr kämen vielfach eher Freunde zusammen.

Auch beim Weinfest saßen an jenem Samstag viele Menschen enger beisammen.
Auch beim Weinfest saßen an jenem Samstag viele Menschen enger beisammen.

© Privat

Auch die Polizei äußerte sich auf PNN-Anfrage. Man sei vom Ordnungsamt der Stadt um Unterstützung bei möglichen Kontrollmaßnahmen zur Einhaltung der Hygienevorschriften gebeten worden, sagte Polizeisprecher Heiko Schmidt. Wegen verschiedener Veranstaltungen sei die örtliche Polizei von Bereitschaftspolizisten unterstützt worden – in ihrer Standardschutzausrüstung. Diese hatte dann aber vielen Gästen des Fests Angst gemacht, was die Situation zusätzlich anspannte. 

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