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Potsdams Baudezernent Klipp.

© Manfred Thomas

Affäre um Hausbau von Baudezernent Klipp in Potsdam: Zu groß - von Beginn an

Potsdams Baudezernent Matthias Klipp gerät immer weiter in Erklärungsnot: Nach PNN-Recherchen hat der Grünen-Politiker über seinen Hausbau in der Öffentlichkeit offenbar falsche Aussagen gemacht. Und nicht nur das.

Potsdam - Bei seinem privaten Hausbau hat Potdams Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) gegenüber der Öffentlichkeit und der Stadtpolitik offenbar falsche Angaben gemacht. Seine eigene Baubehörde bestätigte am Dienstag auf Anfrage entsprechende PNN-Recherchen. Demnach ist Klipps Haus nicht - wie von ihm behauptet - fünf Quadratmeter größer als laut Bebauungsplan erlaubt, sondern sogar neun Quadratmeter. Zudem haben PNN-Recherchen ergeben: Klipp hat sein Haus von Beginn an größer geplant, als es später selbst aufgrund eines - von ihm behaupteten - Irrtums überhaupt möglich gewesen wäre.

Klipp erklärt das Zahlenwirrwarr auf Nachfrage nicht

Aus Grundbucheinträgen, die den PNN vorliegen, geht hervor, dass Klipp lediglich ein Haus mit einer Grundfläche von rund 160 Quadratmetern hätte bauen dürfen. Das ergibt sich aus den Größen seiner privaten Flächen plus Zuwegung. Insgesamt sind das 1067 Quadratmeter. Mit der im Bebauungsplan (B-Plan) vorgesehenen Grundflächenzahl (GRZ) von 0,15 ergibt sich rechnerisch eine maximale Grundfläche für das Haus von 160 Quadratmetern. Die Baubehörde bestätigte gegenüber den PNN, dass das Haus in der Grundfläche nach den Vorgaben des B-Plans nur so groß hätte gebaut werden dürfen.

Bislang hatte Klipp jedoch auf Nachfragen aus der Stadtpolitik und nach Anfrage der PNN von 164 Quadratmetern gesprochen, die laut B-Plan zulässig gewesen seien. Zudem hatte er erklärt, dass sein Haus nun 169 Quadratmeter groß sei. Das Zahlenwirrwarr und die Widersprüche zwischen seiner Darstellung und den von der der Baubehörde bestätigten PNN-Recherchen konnte Klipp am Dienstag auf PNN-Nachfrage nicht erklären.

Alles nur Irrtum, wie Klipp behauptet? 

Zum Verständnis: Klipp hatte beim Kauf des Baugrundstücks Ende 2013 nach seinen Angaben auch 37 Quadratmeter öffentlicher Straßenfläche miterworben. Diese Straßenfläche bezog er aber – nach eigenen Angaben irrtümlich – bei den Planungen für sein Domizil ein. Nach den Vorgaben des B-Plans gilt der Grundsatz: Je mehr Fläche eingerechnet werden kann, desto größer darf das Haus gebaut werden. 

Doch die öffentliche Straße durfte Klipp bei der Berechnung der Grundfläche für seinen Hausbau gar nicht miteinbeziehen. Nach Angaben aus der Bauaufsicht gegenüber den PNN lag ein Vermessungsfehler vor, wonach das Straßenstück irrtümlich als Bauland mit Wegerecht eingeordnet worden war und demnach einberechnet wurde. Auf Grundlage dieses Irrtums hatte Klipp - wie er selbst inzwischen einräumt hat - die Grundfläche für das Haus zu groß berechnet. 

Die von Klipp genannten Zahlen stimmen nicht

Klipp behauptete jüngst, durch den Irrtum bei der Berechnung der Grundfläche sei das Haus 169 Quadratmeter groß geworden, ohne Irrtum wären es 164 Quadratmeter geworden. Doch selbst diese von Klipp in der Öffentlichkeit genannten Werte für die Berechnung der Grundfläche des Haues treffen gar nicht zu. Das hat die - Klipp unterstehende - Bauverwaltung am Dienstag klar eingeräumt.

Durch den Irrtum - als die Straße für die Hausgrundfläche mitgerechnet wurde - hätten es lediglich rund 165 Quadratmeter für die Hausgrundfläche sein dürfen, ohne die irrtümlich falsche Berechnung nur 160 Quadratmeter. Das jedenfalls bestätigte die Bauverwaltung - und widersprach damit in der Affäre um den Hausbau erstmals und ausgerechnet ihrem eigenen Chef.

Der B-Plan ist eindeutig und unmissverständlich

Überdies ist fraglich, warum die von Klipp erworbene öffentliche Straßenfläche tatsächlich in die Berechnung für die Hausgröße einfloss - und ob es einen Irrtum gab. Denn im B-Plan ist die Lage eindeutig: Besagte Straßenfläche ist selbst für Laien und erst recht für Planer deutlich und nachvollziehbar als öffentliche Straße gekennzeichnet, die eben nicht herangezogen werden kann, um die Gesamtgröße des Grundstücks und damit der Hausgröße zu berechnen. Brisant daran ist auch, dass ausgerechnet dem Chef der Potsdamer Bauverwaltung dieser Irrtum unterlaufen sein soll.  

Nachdem Klipp den Bauantrag für sein Haus mit 169 Quadratmeter Grundfläche im Frühjahr 2014 gestellt hatte, war der Baubehörde der Fehler aufgefallen. Wie die Behörde nun bestätigte, hatte sie Klipp dann über den Fehler bei der Berechnung in Kenntnis gesetzt, zusätzliche Unterlagen angefordert, zugleich aber auch eine Befreiung von den B-Plan-Vorgaben im Zuge der Baugenehmigung in Aussicht gestellt.

Der Grünen-Politiker versiegelte mehr Fläche als vorgesehen

Spätestens zu diesem Zeitpunkt muss dem Grünen-Politiker Klipp also klar gewesen sein, dass er mit seinem Hausbau mehr Fläche versiegelt, als es die im B-Plan vorgesehene "lockere Bebauung" zulässt. Nun steht die Frage im Raum, ob Klipp, dokumentiert durch seinen Bauantrag, sogar von Beginn an größer bauen wollte, als es selbst durch einen Irrtum möglich gewesen wäre.

Klipp, der als Wahlbeamter dem Gemeinwohl verpflichtet ist, stellte im Frühjahre 2014 aber von sich aus keinen Antrag, dass die ihm unterstehende Bauaufsicht eine Befreiung von den B-Plan-Vorgaben erteilt. Auch plante der Baubeigeordnete der Landeshauptstadt trotz des Hinweises der Baubehörde auf den Fehler bei der Größenberechnung seinen Hausbau nicht um. Stattdessen erhielt Klipp dann, wie angekündigt, von der Bauaufsicht – antragslos – eine Befreiung von den Vorgaben des B-Plans.

Die Stadtverwaltung genehmigt Abweichungen in Einzelfällen

Generell ist eine Überschreitung der B-Plan-Vorgaben um neun Quadratmeter aus Sicht der Bauverwaltung kein Problem, weil diese immer noch als geringfügig gilt. Antragslose Befreiungen erteilt die Bauaufsicht in fünf bis neun Prozent aller Fälle.

Warum aber die Behörde bei der Bearbeitung von Klipps Bauantrag nicht von selbst Alarm schlug, um jeden bösen Anschein zu vermeiden, erklärte die Behörde bislang nicht. Es handle sich um einen normalen Vorgang, hieß es.

Wegen der Vorwürfe steht Klipp seit zwei Wochen unter Druck. Die Rathauskooperation aus SPD, CDU/ANW, Grünen und Potsdamer Demokraten hatte eine Überprüfung des Falls durch die Obere Bauaufsicht des Landes gefordert. Klipp hatte bereits beteuert, er habe keinen Einfluss auf das Verfahren genommen.

SPD-Fraktionsvize: Potsdams oberster Bauchef  ist nicht irgendein Privatmann

Für den SPD-Fraktionsvize in der Stadtverordnetenversammlung, Pete Heuer, ist der ganze Vorgang, auch ohne Einflussnahme, an sich problematisch. Die Bauverwaltung hätte die Abweichung vom B-Plan öffentlich kommunizieren müssen, da Klipp nicht irgendein Privatmann, sondern der oberste Bauchef der Stadt ist, so Heuer. Da dürfe es keinerlei Zweifel geben. Klipp müsse gerade als Dezernent ein Vorbild sein. Dieser Vorbildfunktion stehe allerdings Klipps offensichtliches Bemühen entgegen, beim Bau seines Hauses Lücken im B-Plan voll auszureizen. Zudem zeuge es von wenig Sinn für das Gemeinwohl, wenn er mithilfe der von ihm gekauften, gemeinsam genutzten Straße auf einem kleinen Grundstück ein großes Haus gebaut habe.

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