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Abriss für neues Wohnquartier: 54 Meter hoher Schornstein in Potsdam-Krampnitz gesprengt

Um Platz zu schaffen für den Bau eines des neuen Wohnquartiers in Krampnitz, werden alte Gebäude auf dem früheren Kasernengelände abgerissen. Gestern wurde ein 54 Meter hoher Schornstein gesprengt.

Potsdam - Ungewohnter Lärm in der Geisterstadt: Am Mittwoch wurde im südlichen Teil des Entwicklungsgebietes Krampnitz ein 54 Meter hoher Schornstein gesprengt. Zusammen mit einem kohlebetriebenen Heizhaus war der Turm ehemals für die Wärmeversorgung des Geländes zuständig. Wie geplant fiel das 1975 errichtete Bauwerk in die richtige Richtung um, sodass ein benachbartes Wohnhaus unbeschädigt blieb. Der Abriss des Turms ist Teil der Erschließung des ehemaligen Kasernengeländes, in dem in den nächsten zehn bis 15 Jahren bis zu 10 000 Menschen ein neues Zuhause finden sollen.

Die Sprengung erfolgte gegen elf Uhr auf dem Aasberg, wo sich der Turm mit der markanten Stahlplattform befand, der bisher von der Landesstraße 92 aus gut sichtbar war. Bereits am frühen Morgen hatten Sprengmeister Michael Schneider und sein Team rund fünf Kilogramm Sprengstoff am Fuß des Bauwerks angebracht. Damit sollte eine „Fallrichtungssprengung“ ausgelöst werden, sprich: Der Turm sollte wie ein Baum gefällt werden, damit er durch die Wucht des Aufpralls praktisch von selbst in seine Einzelteile zerfällt.

„Posten vier und drei, habt ihr im Hof geschaut, ob da noch jemand ist?“, fragt Schneider in sein Walkie-Talkie. „Alles ok“, so die Antwort. Der Sprengmeister übt sein Handwerk seit 36 Jahren aus, er weiß, worauf es ankommt. Heikel bei diesem Einsatz ist vor allem das nahestehende Einfamilienhaus: „Der Turm ist 54 Meter hoch, die Entfernung zum Haus beträgt aber nur 45 Meter“, erklärt Schneider. Der Turm muss also unbedingt in die entgegengesetzte Richtung fallen. Ein lauter Fanfarenton erschallt, das erste Sprengsignal. Schneider versammelt alle Anwesenden neben einem großen Stahlcontainer und gibt letzte Anweisungen: „Wenn gleich irgendwelche Steine in unsere Richtung fliegen, müssen sofort alle hinter den Container!“

„3, 2, 1 – Zündung!“

Erneut erschallt die Fanfare, jetzt zweimal. Nun wird es ernst: „3, 2, 1 – Zündung!“, ruft Schneider laut über den Platz. Eine dumpfe Explosion ertönt, der Turm sackt erstaunlich leise zur Seite weg und verschwindet in einer ziegelgelben Staubwolke. Schneider ist zufrieden: „Der Turm ist genau auf uns zugekippt, so wie er es sollte, es gab keinen Sprengstreuflug und dem Wohnhaus ist nichts passiert.“ Als sich die Staubwolken lichten, ist nur noch die verrostete Stahlplattform zu erkennen, die aus dem Ziegelschutt herausragt. Der Rest des Gebäudes ist fein säuberlich in einzelne Mauersteine zerfallen.

Für Jörn-Michael Westphal, Geschäftsführer des Entwicklungsträgers der Pro Potsdam, steht die Sprengung des Schornsteins auch symbolisch für die ökologische Ausrichtung der geplanten Wohnsiedlung: „Unter Berücksichtigung nachhaltiger Energie- und Verkehrskonzepte soll hier im Potsdamer Norden ein CO2-neutrales Stadtquartier entstehen“, sagte Westphal.

Tatsächlich soll im alten Heizhaus, das mit dem gesprengten Schornstein verbunden war, künftig die „Energiezentrale“ von Krampnitz untergebracht werden, die die neue Siedlung mit Solarthermie, Biogas, Tiefen-Geothermie und Abwasserwärmenutzung versorgen soll. Ergänzt werden soll das Ganze durch ein Angebot aus öffentlichem Nahverkehr, Car- und Bikesharing sowie Ladestationen für Elektroautos und E-Bikes, so Westphal. 2025 soll eine zweigleisige Straßenbahntrasse das Wohngebiet mit der Innenstadt verbinden.

Auftakt zu weiteren Abrissarbeiten

Die Sprengung des alten Schornsteins war der Auftakt zu vielen weiteren Abrissarbeiten in Krampnitz, die im September fortgeführt werden sollen: „Bis Weihnachten sollen alle fünf Plattenbaublöcke auf dem Bergviertel abgerissen werden“, informierte Projektkoordinator Hubert Lakenbrink vom Entwicklungsträger. Die fünfgeschossigen Blöcke, die Anfang der 1980er-Jahre neben dem Schornstein errichtet worden waren, dienten einst den stationierten Sowjet-Soldaten und ihren Familien als Wohnung. Heute sind sie halb verfallen. 2019 geht es dann weiter mit dem sogenannten „Technikbereich“ im nördlichen Teil der Kasernenanlage, wo laut Lakenbrink in den nächsten zwei Jahren viele alte Panzerhallen, Reithallen und andere Gebäude abgerissen werden sollen. Parallel dazu entwickle man derzeit gemeinsam mit den beteiligten Planungsbüros den städtebaulichen Masterplan für Krampnitz, so Westphal.

Die Gesamtinvestitionssumme für Krampnitz schätzt Lakenbrink auf rund eineinhalb Milliarden Euro, davon mindestens 80 Prozent aus privater Hand. Neben Wohnungen sind auch ein Stadtteilzentrum, eine Stadtteilbibliothek, ein Jugendclub, Schulen, Kitas sowie Flächen für Einzelhandel, Gewerbe und Dienstleistungen geplant. Ab 2020 sollen die ersten Bewohner in Krampnitz einziehen können.

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