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Andrea Behrendt bei ihrem einzigen öffentlichen Auftritt in Potsdam im Juni 2019.

© Ottmar Winter

Abgetaucht: Wo ist die Chefin der Potsdamer Denkmalpflege?

Ein Jahr war Potsdams Untere Denkmalschutzbehörde führungslos. Dann kam Andrea Behrendt - und wollte gleich wieder weg. Es entspann sich ein Rechtsstreit mit Folgen. 

Von Peer Straube

Potsdam - Das Hickhack an der Spitze der Potsdamer Denkmalpflege treibt immer seltsamere Blüten. Zweieinhalb Jahre nach dem Abschied von Stadtkonservator Andreas Kalesse steht die wichtige Behörde noch immer ohne Führung da. Zwar hatte Kalesses Nachfolgerin Andrea Behrendt ihr Amt im März 2019 angetreten, allerdings nur einen einzigen öffentlichen Termin wahrgenommen, bevor sie im Sommer desselben Jahres abtauchte und seitdem nicht mehr gesehen ward.

Auf PNN-Anfrage teilte das Rathaus nun den offiziellen Grund für die lange Abwesenheit mit: Im August 2019 habe sie einen Dienstunfall mit einer Verletzung erlitten, „deren Heilung leider längere Zeit in Anspruch nimmt“, sagte eine Stadtsprecherin. Die Untere Denkmalschutzbehörde werde derzeit von Behrendts Stellvertreter geleitet, man hoffe, „dass die Bereichsleiterin bald wieder gesund wird“, denn „wir gehen davon aus, dass sie nach erfolgreicher Heilung in Potsdam arbeitet“, so die Sprecherin.

Behrendt arbeitet an einem Jobwechsel

Ob sich die Hoffnung der Stadtverwaltung in diesem Punkt erfüllt, steht allerdings in den Sternen. Denn bereits seit ihrem Amtsantritt in Potsdam arbeitet Behrendt mit offenkundig großer Hingabe daran, die Stadt so schnell wie möglich wieder zu verlassen. Wie berichtet hatte sie sich im vergangenen Jahr in Essen beworben, die Verwaltung der nordrhein-westfälischen Großstadt hatte sie im Juli 2019 in einer Pressemitteilung bereits zur neuen Leiterin des Instituts für Denkmalpflege und Denkmalschutz ausgerufen. 

Im Potsdamer Rathaus wurde man von diesem Schritt seinerzeit offenbar überrascht. Man habe die Nachricht auch erst aus der Pressemitteilung aus Essen erfahren, hatte eine Rathaussprecherin den PNN seinerzeit erklärt. 

Verbeamtet in Potsdam

Dabei hatte Potsdam einigen Aufwand getrieben, um die studierte Architektin und damalige Leiterin des Amtes für Bau- und Kunstpflege Verden der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover nach Potsdam zu holen. Eine erste Ausschreibung scheiterte an dem Fakt, dass sich Behrendts Beamtenverhältnis nicht auf Potsdam übertragen ließ. In der zweiten Ausschreibungsrunde wurde dies geändert, wieder machte Behrendt das Rennen – und wurde in Potsdam verbeamtet. 

Umso seltsamer mutete auch für ihren unmittelbaren Vorgesetzten, Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos), das plötzlich erloschene Interesse an der Zuständigkeit für die Denkmäler der Barockstadt an. Aber, so ließ er damals ausrichten, wenn eine offizielle Information der Stadt Essen vorläge, werde man die Leitung des Potsdamer Denkmalamtes „selbstverständlich schnellstmöglich“ neu ausschreiben. 

Essen sagte wieder ab

Dazu kam es allerdings nie. Denn in Essen überlegte man es sich anders. Im Oktober 2019 informierte der dortige Personaldezernent die Mitglieder des zuständigen Ratsausschusses darüber, dass es zwischen der Stadt und der designierten Denkmalpflegechefin „unüberbrückbare Differenzen“ gebe, die „eine weitere Zusammenarbeit ausschließen“, wie seinerzeit die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ (WAZ) schrieb. 

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Über die Gründe konnte auch dort nur spekuliert werden, offiziell äußerte sich dazu niemand. Ihre fachliche Expertise wurde jedenfalls nicht in Zweifel gezogen. Das Verfahren wurde laut WAZ abgebrochen, nach der mündlichen Zusage habe man ihr schließlich mitgeteilt, dass ihre Dienste nicht mehr benötigt würden. Das Institut für Denkmalschutz und Denkmalpflege werde als Abteilung in das Stadtplanungsamt integriert, hieß es zur Begründung. Da es kein Institut mehr gebe, werde auch keine Leitung dafür mehr benötigt.

Behrendt verlor Gerichtsstreit

Wie sich herausstellte, hat Behrendt die Abfuhr aus Nordrhein-Westfalen allerdings nicht widerspruchslos hingenommen. Aus dem Potsdamer Krankenbett heraus ging sie juristisch gegen die Stadt Essen vor. Ihre Beschwerde habe das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) nun allerdings in zweiter Instanz zurückgewiesen, wie die WAZ schrieb. Die Neuorganisation der Denkmalpfege liege im Ermessen des Dienstherren. 

Laut WAZ ist das Institut für Denkmalpflege inzwischen wie beabsichtigt in das Stadtplanungsamt integriert worden, die Abteilungsleitung wurde neu ausgeschrieben. Auch auf diese Stelle soll sich Behrendt beworben haben, aber vergeblich, schreibt das Blatt. 

In Potsdam wusste man wieder nichts

Von den Vorgängen an der Ruhr erfuhr man im Potsdamer Rathaus erst durch die PNN-Anfrage: „Von organisatorischen Veränderungen bei der Stadt Essen, einer erneuten Ausschreibung der dann geschaffenen Abteilungsleitungsstelle und einer erneuten Bewerbung von Frau Behrendt ist uns bislang nichts bekannt gewesen“, teilte die Stadtsprecherin mit. 

Und so hofft man im Rathaus weiterhin darauf, dass sie eines Tages vielleicht doch auf ihren Posten zurückkehrt, denn: „Uns ist nicht bekannt, dass sie ihr Amt nicht ausführen möchte.“ Einen Rechtsstreit mit Potsdam, so die Auskunft der Stadt, führt sie jedenfalls nicht. 

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