zum Hauptinhalt
Teurer. Die Gebühren für die Müllabfuhr sollen steigen. Ein Grund: Die Potsdamer produzieren mehr Abfall als gedacht. Dadurch steigen die Kosten.

© Andreas Klaer

Abfallgebühren in Potsdam: Stadt verteidigt steigende Müllgebühren

Das Rathaus Potsdam zweifelt an der bundesweiten Vergleichsstudie über Müllgebühren, bei der Potsdam äußerst schlecht abschneidet. Dennoch: Die Gebühren sollen weiter steigen, weil die Potsdamer mehr Abfall produzieren als gedacht.

Potsdam - Das Ordnungsamt verteidigt die neuerliche Anhebung der Müllgebühren in Potsdam. Wachsende Biomüll- und parallel fast unverändert bleibende Restmüllmengen verursachten mehr Kosten, sagte Behördenchefin Marina Kluge am Mittwoch bei der Vorstellung der für 2017 geplanten Gebührenkalkulation, die für die normale Rest- und Biomüllabholung um etwa 15 Prozent höhere Preise vorsieht. Eine weitere Ursache für die Steigerung sei die steigende Menge des Sperrmülls in der Stadt, so Kluge – ebenso hätten sich die Kosten für die allgemeine Müllentsorgung erhöht.

Kommende Woche stehen die geplanten Gebühren auf der Tagesordnung der Stadtverordneten. Vor allem soll die für alle Haushalte geltende Jahresgrundgebühr pro Person um 4,46 Euro auf 25,08 Euro steigen – ein Plus von rund 20 Prozent (PNN berichteten). Wegen der flächendeckenden Einführung der Biotonne waren die Potsdamer Müllgebühren schon Anfang des Jahres deutlich gestiegen, dann nach einer Kalkulation wieder gesunken. Kluge sagte, die für 2017 geplanten Gebühren lägen noch leicht unter den Preisen, die eigentlich Anfang des Jahres vorgesehen waren.

Kluge: "Wir wissen nicht, wie sie gerechnet haben"

Zugleich nahmen Kluge und der neue Ordnungsdezernent Mike Schubert (SPD) Stellung zu einer Untersuchung im Auftrag des Eigentümerverbandes Haus & Grund, wonach die Potsdamer bundesweit mit am meisten zahlen, wenn es um die Entsorgung von Abfall geht. Er sehe Fragezeichen für manche Ergebnisse der Untersuchung, sagte Schubert – zu unterschiedlich seien deutschlandweit die Modelle der Gebührenkalkulation. Noch deutlicher wurde Kluge in Richtung der Studienmacher: „Wir wissen nicht, wie sie gerechnet haben.“

Die Studienmacher gehen wie berichtet von einem Musterhaushalt von einer Familie mit zwei Kindern im eigenen Haus und ohne eigenen Kompost aus. Sie berechneten, was die Familie in jeder Stadt für die Entsorgung von wöchentlich 60 Litern Restmüll und 20 Litern Biomüll sowie jährlich 72 Kilogramm Altpapier und zwei Kubikmetern Sperrmüll bezahlen müsste – jeweils in vier Varianten: bei der einwöchigen Leerung mit Teilservice und Vollservice sowie bei der zweiwöchigen Leerung mit Teilservice und mit Vollservice. Beim Teilservice müssen die Mülltonnen selbst an den Straßenrand gebracht werden, beim Vollservice übernimmt das das Müllentsorgungsunternehmen. Auf Grundlage der vier Summen pro Stadt erstellten die Studienmacher dann den Müllgebührenindex.

Potsdam landete auf Platz 89 - von 100

Laut diesem Index ist Potsdam in Ostdeutschland mit den teuersten Gebühren Schlusslicht, ist außerdem die teuerste der 16 Landeshauptstädte. Von 100 größten deutschen Städten landete Potsdam insgesamt auf dem Negativ-Platz 89.

Dagegen legte die Stadt eigene Rechenmodelle vor. Demnach zahle ein Vier-Personen-Haushalt mit Eigenheim ab 2017 im Schnitt rund 214 Euro pro Jahr – in Städten wie Erfurt, Jena oder Dresden seien es bis zu 75 Euro mehr. Einzig der Vollservice sei in Potsdam wesentlich teurer. Dieses Angebot gebe es aber in anderen Kommunen erst gar nicht, sagte Kluge. Ebenso fahre in Potsdam im Gegensatz zu anderen Kommunen eine mobile und kostenlose Schadstoffannahme, auch die Abholung von Sperrmüll sei unbegrenzt und gratis. Allein diese Leistung koste die zuständige Stadtwerke-Tochter Stadtentsorgung (Step) aktuell rund 1,7 Millionen Euro und sei zugleich Teil der Gebührenkalkulation. Zum Vergleich: Das Einsammeln des restlichen Abfalls kostet rund 7,7 Millionen Euro. Schubert erinnerte daran, dass die Stadtverordneten sich vor Jahren für die kostenlose Sperrmüllannahme ausgesprochen hätten. Ob das so bleibt, könne man debattieren, sagte Schubert – schon im Sinne von mehr Gebührentransparenz. Er wolle jedenfalls alle Stellschrauben prüfen, um weitere Kostensteigerungen in Sachen Müll zu vermeiden.

Folgen der Stadtwerke-Affäre: Zahlungen fließen nicht in Müllgebühren ein

Ebenso äußerte er sich auf Anfrage zu möglichen Folgen der Stadtwerke-Affäre, bei der frühere Step-Geschäftsführer einer ehemaligen Prokuristin über Jahre hinweg exorbitante Gehaltssteigerungen zugebilligt hatten, was schließlich in einer üppigen Abfindung gipfelte. Zudem muss das Unternehmen etwa weiterhin Geld für den gekündigten Technik-Chef Enrico Munder zahlen. Es geht insgesamt um mehrere Hunderttausend Euro. Schubert versicherte, dass diese Zahlungen nicht in die Kalkulation für die Müllgebühren einfließen. (mit Jana Haase)

Zur Startseite