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Die Kita "Froschkönig" an der Straße Wall am Kiez.

© Ottmar Winter PNN

Update

Ab 2 Uhr anstehen: Nachtwache für einen Kitaplatz in Potsdam

Die Kita-Plätze in Potsdam sind rar: 15 Plätze hatte die Kita "Froschkönig" zu vergeben – dafür ließ der Träger 50 Eltern stundenlang anstehen.

Potsdam - Der Kitaplatz-Mangel in Potsdam hat nach Auskunft eines Augenzeugen Eltern zu äußerst unangenehmen Maßnahmen genötigt: Etwa 50 Mütter und Väter warteten demnach seit 2 Uhr nachts in der Straße Wall am Kiez vor der Kindertagesstätte „Froschkönig“ auf Einlass. Denn am Morgen ab 7 Uhr seien dort die freien Plätze für Kinderkrippe und Kita vergeben worden. „Und zwar nach dem Prinzip: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“, sagte der Zeuge.

Einige besonders entschlossene Eltern hätten demnach bereits ab 2 Uhr auf der Straße ausgeharrt, teils mit Campingstühlen und Thermoskannen ausgestattet. Laut Deutschem Wetterdienst lag die Tiefsttemperatur in Potsdam Dienstagnacht bei 3,6 Grad. Es war wolkig, hin und wieder regnete es ein wenig.

Zwei Stunden für einen Platz auf der Warteliste

„Es war ein interessantes Schauspiel“ sagte der Augenzeuge den PNN, und wirkte dabei gleichermaßen belustigt und verärgert. Der junge Vater möchte seinen Namen nicht in der Zeitung lesen, weil er Konsequenzen bei der Platzvergabe für sein eigenes Kind fürchte, sagte er. Er selbst sei gegen 5 Uhr eingetroffen und habe beim Warten mit den anderen Eltern gesprochen. Am Ende habe er aber nur noch einen „Warteplatz“ ergattern können. Das bedeutet, dass sein Kind nur dann einen Platz erhält, wenn ein bereits belegter Platz wieder frei wird.

Träger der Kita ist der Betriebsteil Potsdam der Stiftung Independent Living. Dessen Geschäftsführerin Irene Seidel räumt ein, dass die Vergabe in der geschilderten Weise am frühen Morgen erfolgte. Das sei auch im vergangenen Jahr so gehandhabt worden. Hintergrund: In den vorherigen Jahren wurde, wie bei den meisten anderen Einrichtungen der Landeshauptstadt auch, anhand von Listen entschieden. Doch viele Eltern hätten damals das Listenverfahren als intransparent bezeichnet. Deshalb habe man sich für die ungewöhnliche Methode entschieden, auch wenn die Stiftung selbst nicht begeistert sei davon. Zumindest sei der Entscheidungsprozess für die Eltern nachvollziehbar, so die pragmatische Logik.

Schichtwechsel in der Warteschlange

Der Vater, der selbst in der Schlange stand, bezeichnet das Prozedere als „unwürdig“. „Eine Mutter hat erzählt, dass sie jemanden dafür bezahlt hat, für sie in der Schlange zu warten.“ Die Frau sei krank gewesen und habe ihren Posten daher nicht selbst halten können. Andere Eltern hätten sich „in Schichten“ abgewechselt, um bloß nicht in der Schlange zurückzufallen.

Er habe zwar bereits im vergangenen Jahr davon gehört, dass es so etwas in Potsdam gegeben habe, sagt der Mann. „Aber bisher habe ich das nur für ein Gerücht gehalten.“ Als die Kita-Mitarbeiter eintrafen, hätten sie Wasser an die Wartenden verteilt. Um etwa 7 Uhr, da ging in Potsdam gerade die Sonne auf, seien die Eltern eingelassen worden. Die Kita-Mitarbeiter hätten die Bewerbungen dann jedoch recht zügig nacheinander bearbeitet, berichtet der Mann.

„Es ist immer bedauerlich, wenn man Eltern sagen muss, dass ihr Kind keinen Platz bekommen kann“, sagte Seidel vom Träger Independent Living. „Das wirkliche Problem ist aber, dass es so wenig Plätze gibt.“ Die Kita „Froschkönig“ hat am Dienstagmorgen nach eigenen Angaben 13 Krippenplätze und zwei Kindergartenplätze vergeben. Insgesamt werden nach Trägerangaben in der Einrichtung 240 Kinder betreut. Der größte Teil der aktuell freien Plätze, insgesamt 25, sei über eine „Geschwisterliste“ vergeben worden. Die solle sicherstellen, dass jüngere Geschwister in dieselbe Einrichtung gehen können wie ihre Brüder und Schwestern, so Seidel. Die Vergabe liege in der Verantwortung der Träger. Für die Zahl der Kitaplätze sei jedoch das Bildungsministerium des Landes verantwortlich. „Uns sind die Hände gebunden“, sagte Seidel.

Es besteht ein gesetzlicher Anspruch

Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr haben in Deutschland einen gesetzlichen Anspruch auf einen Betreuungsplatz. Laut Rathaus gibt es in der Landeshauptstadt rund 17.000 Kitaplätze bei 48 freien Trägern. Doch der Bedarf ist größer. Derzeit liegen im Kita-Tipp der Stadt, der Betreuungsplätze vermittelt, Anfragen von 27 Familien. Potsdamer Eltern fordern seit Jahren eine zentrale Vergabestelle. Im Sommer 2018 hatte der heutige Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD), damals Sozialdezernent, die baldige Einführung eines Kitanavigators versprochen. Umgesetzt wurde es bislang nicht. Die Vorbereitungen für die Vergabe des Auftrags für einen solchen Navigator sollen laut Stadt im Juni abgeschlossen sein.

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