zum Hauptinhalt

9. November: Potsdam gedenkt Mauerfall und Progromnacht: Geschichte an authentischen Orten

Pünktlich zum Jahrestag des Mauerfalls beschließt Potsdam einen Informationspfad anzulegen, mit Stelen, die am Jungfernsee platziert werden sollen.

Potsdam -  Blumen und Worte des Gedenkens – mit einer kleinen Zeremonie erinnerte am gestrigen Donnerstag an der Mauergedenkstätte am Griebnitzsee ein halbes Dutzend Potsdamer an die Teilung Deutschlands und ihre Opfer. 28 Jahre ist es her, dass die Mauer fiel. Zum Jahrestag am 9. November bekommt das Thema Aufmerksamkeit, sonst ist es eher weniger präsent.

Das beklagt auch Manfred Kruczek vom Forum zur kritischen Aufarbeitung der DDR-Geschichte im Land Brandenburg. Er wünsche sich, das Schulklassen den Tag nutzen, um sich mit der Geschichte an authentischen Orten auseinanderzusetzen. „Durch die Begegnung der jungen Generation mit lebendigen Zeitzeugen und stummen Zeitzeugen – wie den Mauerresten – werde der Unterschied zwischen Demokratie und Diktatur greifbar und begreifbar“, sagte er.

Die Realität von Todesstreifen und Mauer sollen in Potsdam noch stärker sichtbar werden 

Tatsächlich sind die Segmente der Hinterlandmauer am Griebnitzsee neben einem Mauerrest in Groß Glienicke die einzigen Überbleibsel der DDR-Grenzbefestigung in der Stadt. Ab dem kommenden Jahr soll die Realität von Mauer und Todesstreifen jedoch an weiteren Orten in Potsdam veranschaulicht werden: Wie die Stadtverordneten am Mittwoch beschlossen haben, sollen ab dem Frühjahr 2018 insgesamt neun Stelen am Ufer des Jungfernsees aufgestellt werden.

Damit soll der ehemalige Grenzverlauf der deutsch-deutschen Teilung zwischen Glienicker Brücke und der Grenzübergangsstelle für den Schiffsverkehr in der Bertinistraße nachvollziehbar gemacht werden. Der Informationspfad wird in der Schwanenallee und der Bertinistraße entstehen. Das Konzept dafür wurde vom Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF) zusammen mit dem Verein Erinnerungsorte Potsdamer Grenze e.V. erarbeitet.

Kurz, prägnant und fundiert: Die Stelen sollen Potsdamer und Besucher über den Todesstreifen informieren

Beim ZZF war die Freude über den Beschluss am Donnerstag groß. „Wir haben nur noch auf das ,Go’ gewartet“, sagte Doktorandin Florentine Schmidtmann, die im Rahmen eines Projekts das Leben an der Potsdamer Grenze erforscht. Noch in diesem Jahr werde die Arbeit an den Stelen abgeschlossen. Das ist wichtig, weil die Fördermittel nur bis Ende 2017 abrufbar sind. Nach dem Winter kann die Stadt die Stelen dann vor Ort verankern. Auch Kruczek findet die neuen Stelen gut. 15 Jahre nachdem in Potsdam die ersten drei Infostelen zur Mauer aufgestellt wurden, gebe es endlich eine Fortsetzung.

Auf den Stelen sollen in kurzen, prägnanten, wissenschaftlich fundierten Texten in deutscher und englischer Sprache sowie Bild- und Kartenmaterial Facetten des Todesstreifens im Weltkulturerbe beleuchtet werden, teilte die Stadtverwaltung mit. Das historische Bild- und Kartenmaterial erschließt bildlich den Grenzraum in der Zeit von 1945 bis 1990. Die Aufstellung der Tafeln ist für das Frühjahr 2018 geplant.

Informationspfad als Ergebnis einer wissenschaftlichen Recherche am Jungfernsee

Der Informationspfad ist das Ergebnis einer wissenschaftlichen Recherche zum Potsdamer Grenzraum am Jungfernsee. Schmidtmann untersuchte vor allem die Lebensbedingungen im Grenzgebiet, befasste sich mit Fluchtversuchen und nahm die zahlreichen Umnutzungen der im betreffenden Gebiet befindlichen Villen in den Blick. Archiv- und historisches Bildmaterial wurden dazu erschlossen und Zeitzeugengespräche aufgenommen. Die Ergebnisse in Form einer Dokumentation sollen online zugänglich sein.

Das Rechercheprojekt wurde gefördert vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg. Die Umsetzung des Informationspfades fördert die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur mit 30 000 Euro. Aus Potsdams Stadtkasse kommen 2000 Euro dazu, weitere 5000 Euro konnten durch das ZZF und den Verein Potsdamer Grenze akquiriert werden.

Eigentlich sollten die Tafeln bereits im Sommer entlang des Jungfernsees aufgestellt werden

Im sensiblen Unesco-Welterbe-Gebiet gelegen, wurde der Informationspfad mit den zuständigen Verwaltungsbereichen intensiv abgestimmt. Das hat auch dazu geführt, dass es statt der ursprünglich geplanten zehn Stelen nur neun geben wird. Eigentlich sollten die Tafeln bereits im Sommer entlang des Jungfernsees aufgestellt werden. Doch es gab Verzögerungen. Die Schlösserstiftung lehnte die dauerhafte Aufstellung von Tafeln zur Geschichte der einstigen Grenze im Neuen Garten ab.

Dabei bleibe es auch, sagte Stiftungssprecher Frank Kallensee am Donnerstag den PNN. Das geschehe aber nicht aus inhaltlichen, sondern aus gartendenkmalpflegerischen Erwägungen. An die Teilung werde sowohl dauerhaft als auch temporär im Neuen Garten, im Park Babelsberg und in Sacrow erinnert.

Weitere Gelegenheit zur Erinnerung an das Ende der Teilung gibt es in Potsdam am heutigen Freitag. Dann jährt sich die Öffnung der Glienicker Brücke am 10. November 1989. Um 12 Uhr wird diesem Ereignis an der Nike an der Glienicker Brücke gedacht. Um 18 Uhr wird außerdem der Film „Wir sind doch kein Hotel. Fluchtort Botschaft“ in der Gedenkstätte Lindenstraße gezeigt.

Zur Startseite