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Klaus Peters ist Vereinsvorsitzender des Wassersportclubs.

© Andreas Klaer

50 Jahre Wassersportclub SC Havelland: Ost-West-Geschichte an Bord

Der Wassersportclub SC Havelland wird 50. Gegründet wurde der Verein aber unter anderem Namen – auf der Potsdamer Freundschaftsinsel.

Von Carsten Holm

Potsdam - Es waren wunderschöne Ausflüge über brandenburgische Flüsse und Seen und entlang des brandenburgischen Grüns an den Ufern: Mit anfangs recht einfachen Motorbooten stachen die Potsdamer Wassersportler schon zu DDR-Zeiten in See, zunächst von der Marina Heinz Priebes auf der Freundschaftsinsel, später vom eigenen Vereinsgelände an der Havelstraße 12, auf dem sie bis heute residieren. Der Enthusiasmus für den Wassersport, ob mit Segel- oder Motorbooten, mit Kajaks oder, neuerdings, mit Stand-up-Paddles hat sich gehalten – der Sportboot-Club „Havelland“, der rund 100 Mitglieder zählt, feiert am Wochenende sein 50-jähriges Bestehen. 

Zu einer Havelseite hin eine Sackgasse 

Es war der 14. August 1971, als rührige Motorboot-Fans den Club „Freundschaft“ gründeten, der nach der Wende in SC „Havelland“ umgetauft wurde. Der ursprüngliche Name klang wie von oben verordnet, er gehörte zum DDR-Sprachgebrauch wie Plaste, Broiler und Brigade und war Teil des Begrüßungsrituals in den Schulen und bei der FDJ. 

Die Namensgebung der Bootfahrer aber hatte einen eher profanen, geografischen Grund: Ein buntes Völkchen hatte sich in den 1960 er-Jahren auf der Potsdamer Freundschaftsinsel zusammengefunden, etwa 80 waren es, die dort einen Teil des privat geführten Bootsplatzes von Heinz Priebe mieteten, um das weitläufige Wassersportrevier der Havel zu nutzen. 

Gegründet wurde der Verein auf der Freundschaftsinsel, 1972 musste er umziehen. 
Gegründet wurde der Verein auf der Freundschaftsinsel, 1972 musste er umziehen. 

© Privat

Sie mussten hinnehmen, dass ihre Ausflüge wegen der deutschen Teilung zur einen Seite hin eine Sackgasse waren: von der Insel im Herzen Potsdams ging es nur havelabwärts. Denn zur anderen Seite, Richtung Glienicker Brücke, war die Bootsfahrt in der sogenannten Babelsberger Enge am Tiefen See wegen der scharf bewachten Grenze schon nach etwa einem Kilometer nicht möglich. 

Aber es gab trotzdem genügend Entfaltungsmöglichkeiten. Die Potsdamer Freizeitkapitäne tuckerten an der westlichen Vorstadt vorbei und passierten den Park Sanssouci mit Kurs auf Caputh, Werder und bisweilen ins rund 140 Kilometer entfernte Havelberg. Wolfram Lehmann, seit mehr als drei Jahrzehnten mit seinem Kajütboot auf brandenburgischen Gewässern unterwegs, erinnert sich daran, dass er sein Boot über den Havelkanal in Richtung Mecklenburg steuerte und einige Passagen nur zwischen Sonnenauf- und Untergang passieren durfte – wegen der Fluchtgefahr bei Dunkelheit, die Grenze zwischen den beiden Deutschlands war zu nah. 

"Es war die kleine, große Freiheit"  

Der Journalist Klaus Peters, Kapitän auf einem 1955 gebauten Jollenkreuzer und seit drei Monaten Vorsitzender des Sportboot-Clubs Havelland, stammt aus Westdeutschland. Aber er weiß die Bedeutung, die der Wassersport für die Ostdeutschen vor der Wende hatte, einzuschätzen: „Es war die kleine, große Freiheit.“ 

Der Vereinsmitglieder meisterten große Herausforderungen. Bereits ein Jahr nach der Gründung ordnete der Rat der Stadt Potsdam die Räumung des Clubgeländes an – das Areal wurde für die „Weltfestspiele der Jugend und Studenten“ im Sommer 1973 gebraucht. Der Verein war nur Pächter des Geländes auf der Freundschaftsinsel, Protest verhallte. Ein paar Tage vor dem Räumungstermin wurde den Wassersportlern das Gelände an der Havelstraße 12 zugewiesen. Flugs setzen die Sportler mit Unterstützung von in Potsdam residierenden russischen Besatzungssoldaten mehr als 100 Boote und Berge von Inventar um. 

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Die Bundesgartenschau bedrohte das Idyll 

Als der Kapitalismus nach dem Ende der DDR landauf, landab Platz nahm, stand plötzlich auch der Motorbootverein vor einer ideologischen Krise. Der langjährige Vorsitzende Peter Scheinemann strebte eine Kommerzialisierung des Platzes an – und unterlag einer Mehrheit im Vorstand und dem Widerstand aktiver Mitglieder. Es wurde ein gemeinnütziger Verein gegründet, „möglichst vielen Breitensportlern sollte ein bezahlbarer Zugang zum Wassersport ermöglicht werden“, sagt Vereinsvorsitzender Peters. 

Auch 2001 drohte Gefahr: Wegen der Bundesgartenschau erwog die Stadt, einen Uferweg quer durch das Gelände des Vereins zu bauen – wenn sie gar nicht ganz weichen müssten. Doch die Auseinandersetzung endete damit, dass der SC Havelland und der benachbarte Angelverein viel Eigenleistungen vollbrachten und mit Pachtverträgen über 25 Jahre belohnt wurden. 

Breitensport sieht der Club als Verpflichtung. Eng arbeitet er mit der benachbarten Joseph-Lenné-Gesamtschule zusammen. Bereits seit 20 Jahren sind Schülerinnen und Schüler auf dem Clubgelände willkommen und trainieren im Rahmen ihres Sportunterrichts mit drei großen Kanadiern. Die sportlichen Erfolge des Vereins blieben nicht aus: Mehrfach wurden SC-Mitglieder Deutsche Meister oder belegten vordere Plätze.

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