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Mit diesem Kochbuch sollte den Brandenburgern gutes Essen näher gebracht werden.

© Johanna Bergmann

300 Jahre altes Kochbuch für Brandenburger: Auf die feine Art

Eine geschäftstüchtige Autorin wollte den Brandenburgern vor 300 Jahren Esskultur beibringen. Die Stadtbibliothek möchte das Buch nun mit Hilfe von Paten kaufen.

„Eine Pastete von Fincken: Nehmet die Fincken / saubert und kochet sie einmal über / leget sie in den Teig / und bestreuet sie mit Caneel / Zucker / Corinthen / Succade / Birn / Nüssen / Salz und Butter / machet den Teig zu / lasset es eine halbe Stunde backen. Die Brühe muß von Wein und Zucker seyn.“ So lautet die Anleitung von Maria Schellhammer in ihrem Buch von 1732: „Das Brandenburgische Koch-Buch, Oder: Die wohl-unterwiesene Köchinn“.

Ob die Vögelchen vor ihrer Versenkung im Pastetenteig entbeint werden mussten, die Knöchelchen später einfach mitgegessen oder wie Fischgräten nonchalant beiseite gelegt wurde, das bleibt unerwähnt. Auch Frank-Dirk Hoppe, stellvertretender Leiter der Stadt- und Landesbibliothek und zuständig für historische Kostbarkeiten wie dieses Kochbuch, fehlt hierzu die Phantasie. Was die damalige Handhabung betraf, so habe sich die Autorin vermutlich auf das fundierte Vorwissen der Hausfrau verlassen. „Schellhammers Kochbuch ist keines mit genauen Maß- und Zeitangaben wie wir sie heute kennen“, sagt Hoppe: „Solche Bücher gab es erst viel später. Aber es ist eines der ersten Kochbücher mit regionalem Bezug. Und als solches durchaus etwas Besonderes.“

Jetzt hat die Bibliothek das Buch in einem Antiquariat in Bayern entdeckt und möchte es mithilfe von Buchpaten erwerben. 1400 Euro soll es kosten, 1000 sind bereits an Spenden zusammen gekommen. Hoppe ist zuversichtlich, dass das klappt. Das Werk ist bereits als Leihgabe in Potsdam angekommen. Und muss hoffentlich nicht wieder zurück geschickt werden.

Es gibt das Buch auch in digitaler Form

Das Buch der Mamsell Schellhammer liegt der Bibliothek zwar bereits in digitaler Form vor. Aber ein echtes Buch ist doch etwas anderes. Eine Bibliothek könne nicht nur digital sammeln, sagt Hoppe: „Wir haben ja auch einen Bildungsauftrag. Wir müssen den Kindern auch mal zeigen können, wie die echte Vorlage aussieht.“ Das echte Exemplar könnte beispielsweise in einer Vitrine ausgestellt werden. Davor müsste es allerdings noch restauriert werden. Denn obgleich die Seiten des dicken Bandes in einwandfreiem Zustand sind – kein Soßenfleck nirgends, weil dieses Buch offensichtlich sehr achtsam behandelt wurde – so ist doch der Einband reichlich verschlissen. Mit der nötigen Expertise im Haus lasse sich das aber gut wieder herstellen. Auch hier, hofft Hoppe, werden, wenn es soweit ist, Buchpaten helfen.

Das Brandenburgische Kochbuch ist jedenfalls eine umfassende Referenz zum Thema Kochen in den gehobenen Haushalten zu Zeiten Friedrich Wilhelms I. von Preußen (1688 – 1740). Vor allem in der Altmark könnte es verbreitet gewesen sein. Das Wort „Brandenburg“ im Titel könnte dabei bedeuten, dass es weniger aus der Region stammt, als für die Region gedacht war. Auch, um den Lesern Neues zu bringen, vielleicht gar Anregungen aus dem kulinarisch weiter entwickeltem Frankreich.

Der Untertitel macht das pädagogische Anliegen deutlich: „Unterricht, wie man allerley wohlschmeckende Speisen aufs füglichste zubereiten, schmackhaffte Suppen, Potagen, Pasteten, Tarten und allerhand Gebackenes machen, nach der jetzt üblichen Art auftragen und galant anbringen, auch Fleisch, Fische, Garten-Früchte und andere Sachen etc. wohl einmachen, dürren oder verwahren solle. Samt vielen bisher wenig bekandten Kunst-Griffen, so in der Koch-Kunst ihren sonderbaren Nutzen haben“.

Mit den Zutaten der Zeit

Zunächst einmal wird also die Dame des Hauses angesprochen. Die sich Gedanken machen soll über die Ernährung ihrer Lieben, Vorratshaltung, Tischkultur und die technische Ausstattung ihrer Küche. Die Arbeit freilich machten andere. Deshalb, schreibt Schellhammer, und auch weil man schließlich kein gutes Geld an schlechtes Personal rauswerfen will, „muss eine Frau, ob sie schon nicht selbst kochet, die Küche verstehen und wissen, was zu einer Köchinn erfordert wird“.

Auf den Bildern, zum Teil größere Kupferstiche zum Herausklappen, steht die Dame im Speisezimmer und überwacht das Tun in der angrenzenden Küche. Auf anderen Illustrationen finden sich Beispiele zum Eindecken festlicher Tafeln oder moderner Kochmaschinen. Und natürlich finden sich Rezepte. Die man mit etwas Grundwissen und Erfahrung sicher nachkochen kann. „Interessant sind vor allem die Zutaten der Zeit“, sagt Hoppe. „Die Kartoffel war zum Beispiel noch nicht dabei. Aber schon reichlich exotische Gewürze wie Kardamom. Und auch Austern wurden gegessen.“

Frau Schellhammer, über die leider kaum etwas bekannt ist, konnte aber offensichtlich nicht nur gut kochen, sondern war auch eine gute Geschäftsfrau. Denn sie ergänzte den ersten Band gleich mit einem Buch über die „Confect-Taffel: Zubereitung allerhand mit Zucker eingemachten Früchten, Säfften, Weinen, Aquaviten, Brandteweinen, Bieren, Eßigen, und dergleichen“. Hier geht es um die Herstellung von süßem Gebäck, „Zucker-Brodt“ oder Spanisch-Brodt“ oder „nach Juden Art“, es wird Kompott gekocht und Schlöh-Wein angesetzt. Und weil die erste Auflage von 1700 gut lief, gab es 1732 bereits die vierte Auflage: „vermehret und verbessert, und von den groben Druck-Fehlern gesäubert“.

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