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3,25-Millionen-Darlehen für Garnisonkirche in Potsdam: Ein Aufbaukredit - aber keine originalgetreue Garnisonkirche

UPDATE. Die Garnisonkirche wird nicht originalgetreu wieder aufgebaut. Darauf legt sich die evangelische Landeskirche mit einem Kredit von 3,25 Millionen Euro fest. Dem Projekt wird bundesweite Bedeutung beigemessen. Der Kirchturm könnte zunächst ohne Zier und Haube stehen.

Potsdam - Einen originalgetreuen Wiederaufbau der Garnisonkirche wird es nicht geben. Allerdings scheint nun ein Durchbruch bei der Finanzierung in Sicht: Die evangelische Landeskirche will den Wiederaufbau der Garnisonkirche mit einem zinslosen Darlehen absichern. Nach PNN-Recherchen legt der Landesbischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, der Frühjahrsynode am zweiten Aprilwochenende eine Beschlussvorlage vor, wonach die Wiederaufbaustiftung ein Darlehen in Höhe von 3,25 Millionen Euro bekommen soll. Damit soll der rechtzeitige Baustart vor Ablauf der Baugenehmigung 2018 abgesichert werden. Möglicherweise wird der Turm zunächst sogar ohne Turmhaube und Zierrat errichtet, womit die Anfangsfinanzierung leichter zu stemmen wäre.

Stiftung und Fördergesellschaft erhoffen sich von einem Beschluss der Synode für das Darlehen ein deutliches Zeichen, das auch Spender motivieren könnte, sich stärker als bisher zu engagieren. Im Gegenzug will sich aber die Landeskirche nach PNN-Recherchen ein Mitspracherecht bei der Gestaltung des Kirchenschiffes sichern. Damit wird nicht nur die Nutzung als Friedens- und Versöhnungszentrum festgezurrt, sondern auch der von Dröge geforderte symbolische Bruch mit der Geschichte in der Architektur. Die Kirchenleitung muss - sollte das Antrag durchkommen - nach dem Bau des Turms der Errichtung und Gestaltung des Kirchenschiffs zustimmen. Ihr Mitspracherecht will die Landeskirche auch ins Grundbuch eintragen lassen. 

Kirche plant Lernort deutscher Geschichte mit bundesweiter Bedeutung

Mit diesem Vorstoß will die Landeskirche auch die Bedeutung des Projekts über die Landesgrenzen hinaus stärker hervorheben. „Es geht um ein Projekt der kirchlichen Versöhnungsarbeit und um die Förderung der Friedensethik als Lernort deutscher Geschichte mit bundesweiter Ausstrahlung“, sagte eine Sprecherin der Landeskirche am Freitag. Die mit der Garnisonkirche verbundenen Ereignisse wie die NS-Inszenierung der Reichstagseröffnung am „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933 forderten „zur aktiven Auseinandersetzung heraus“, heißt es in dem Synodenantrag. Die Zwiespältigkeit menschlichen Handelns spiegele sich „in besonders drastischer Weise auch in der Geschichte der Garnisonkirche“. Kaum ein kirchlich  geprägter Ort in Deutschland sei „so intensiv mit Aufstieg und Fall, menschlicher Leistung und Versagen behaftet wie diese Kirche“.

Monatelange Verhandlungen zwischen Landeskirche und Aufbaustiftung

Das Darlehen ist Ergebnis monatelanger Verhandlungen zwischen Wiederaufbaustiftung und Landeskirche. Auslöser war eine Rede Dröges auf der Herbstsynode im November. Dabei hatte der Landesbischof finanzielle Hilfen der Landeskirche für die Wiedererrichtung des 1968 gesprengten Sakralbaus von einem Verzicht „auf eine vollständige historisierende Wiedererrichtung der gesamten Kirche“ abhängig gemacht. „Das Gesamtkonzept müsste neben der historischen Kontinuität durch den Wiederaufbau des Turmes auch den Bruch mit der Tradition zum Ausdruck bringen. Denn ein neuer Geist braucht auch ein erkennbar neues Haus“, hatte Dröge erklärt. Durch die architektonische Gestaltung sollte sichtbar werden, dass „nicht einfach das Alte wiederhergestellt wird“. Der Kirchenleitung müsse zudem an Lösungen gelegen sein, „die von möglichst vielen mitgetragen werden können“.

Dröges Beschlussantrag für die Synode nimmt auch Bezug auf einen Beschluss der Kirchenleitung vom Januar. Demnach müssen Wiederaufbaustiftung und die Fördergesellschaft für ein Darlehen klarstellen, „dass von der Garnisonkirche lediglich der Turm in seiner äußeren historischen Form  wiedererrichtet wird“. Über den Wiederaufbau der Garnisonkirche wird seit Jahren gestritten. Die Gegner argumentieren unter anderem mit der Militär- und der NS-Geschichte der Kirche, die Befürworter stellen die städtebauliche Bedeutung in den Mittelpunkt. Die einstige Potsdamer Garnisonkirche wurde im April 1945 bei einem alliierten Luftangriff weitgehend zerstört und 1968 abgerissen.

Durchbruch bei der Finanzierung in Sicht - Turm ohne Haube und Zier

Der Vorlage der Kirchenleitung offenbart auch, wie der Bau des Turms trotz noch nicht abgesicherter Finanzierung vorangetrieben werden könnte – nämlich durch Verzicht. Bislang wurde der Bau auf 38 Millionen Euro taxiert. 20 Millionen Euro haben Stiftung und Fördergesellschaft schon beisammen. Der Bund will zwölf Millionen Euro beisteuern.Nun könnte es darauf hinauslaufen, dass die Kosten für den Turm auf zunächst 26 Millionen Euro gedrückt werden. Es dann zwar einen Turm, der genutzt werden kann und mit dem das historische Stadtbild wiederhergestellt würde. Allerdings müsste für dieses preiswertete Variante in der ersten Baustufe auf Zierelemente und die Turmhaube verzichtet werden. Die Verantwortlichen erhoffen sich durch diesen Initialbau dann weitere Resonanz bei Spendern.

Zunächst aber würden selbst für die Rumpfvariante noch acht Millionen Euro fehlen. Dröges Beschlussvorlage zufolge plant die Aufbaustiftung, bis Jahresende knapp drei Millionen Euro Spenden zu sammeln und zusätzlich rund fünf Millionen Euro kirchliche Zuschüsse und Darlehen einzuwerben. Die Landeskirchen soll dazu besagte 3,25 Millionen Euro als Darlehen beisteuern. Dieses zinslose Darlehen solle, so sieht es die Vereinbarung von Landeskirche und Stiftung vor, binnen 30 Jahren aus Einnahmeüberschüssen nach der Eröffnung des Kirchturms zurückgezahlt werden. Die Stiftung rechnet den Angaben zufolge mit Einnahmen von rund 600 000 Euro pro Jahr. 

Vorschlag, der Bau des Turms und Versöhnungszentrum vorantreiben könnte

Dröge selbst wollte den bevorstehenden Beschluss der Synode nicht kommentieren. Die Spitze der Landeskirche muss dabei Rücksicht auf die Synodalen nehmen, die erst noch von der Beschlussvorlage erfahren. Dröge sagte den PNN lediglich: „Ich glaube dass wir in guten, intensiven Gesprächsprozessen gewesen sind. Und dass wir von der Kirchenleitung jetzt einen Antrag vorlegen können, der durchaus mehrheitsfähig und tragfähig ist.“ Und konkreter: Es gehe um einen Vorschlag, der „jetzt den Bau des Turmes und eines Versöhnungszentrums im Torso der Garnisonkirche“ vorantreiben könne.

Auch die Fördergesellschaft wird aktiv: Bei einer Mitgliederversammlung sollen am ersten Aprilwochenende rechtliche Hürden beiseitegeräumt werden. Die Satzung soll geändert werden: Demnach soll zunächst der Fokus auf den Kirchturm gelegt, das Kirchenschiff als Aufgabe späterer Generationen geregelt werden. 

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