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29 Schafe für Sanssouci: Natürliche Denkmalpflege in Potsdams Welterbe

Da steht ein Schaf vorm Schloss: Seit Montag sollen Schafe im Park von Sanssouci das Gras kurz halten und den Boden lockern. Die Maßnahme soll sich positiv auf den Artenschutz auswirken.

Potsdam/Sanssouci - Aus einem großen Autoanhänger stürmen die 29 Schafe am Montag in die neue grüne Freiheit. Dann erkundeten sie die Wiese am Rossbrunnen unterhalb von Schloss Sanssouci. Plötzlich hetzt ein Hund die Herde quer über das Areal, mal in die eine Richtung, mal in die andere. Schließlich gelingt es, den Unruhestifter einzufangen.

Die durch den Hund etwas unsanft empfangenen Schafe will die Schlösserstiftung zunächst bis November dieses Jahres auf ausgewählten Flächen in Sanssouci weiden lassen, unter anderem links und rechts der Auffahrt zum Ehrenhof von Schloss Sanssouci sowie an der Maulbeerallee und im Park von Schloss Charlottenhof. Etwa zehn Flächen im weitläufigen Schlosspark sind insgesamt dafür vorgesehen. Ein Teilabschnitt der Wiese zwischen Schloss Sanssouci und der Bornstedter Straße, etwas unterhalb des Rossbrunnens, ist nun also die erste Station der Tiere im royalen Garten. So aufregend wie am gestrigen Montag soll es für die gerade eingetroffenen Schafe künftig nicht zugehen, wenn sie ab sofort auf Sanssoucis Wiesen weiden. Mit elektrischen Zäunen will man verhindern, dass wilde Tiere oder eben die Schützlinge nachlässiger Hundehalter den Schafen nachsetzen. Während des gestrigen kurzen Vorfalls war noch kein Strom auf dem Zaun, auch hatte man die Einhegung nicht ganz geschlossen.

4,50 Euro Stundenlohn

Die jetzt in Potsdam weidenden Schafe hatten zuvor im havelländischen Schönwalde gegrast, wie Schäfer Olaf Kolecki aus Falkensee berichtet. Einmal täglich werde er ab sofort nach den Schafen im Potsdamer Schlosspark gucken. Dabei wird er prüfen, wie es um die Gesundheit der einzelnen Tiere bestellt ist und ob der Stromzaun noch funktioniert. Auch muss Kolecki für frisches Wasser in den auf der Wiese aufgestellten Tränken sorgen.

Die helleren der neuen wollhaarigen Schlossparkbewohner gehören der Rasse Bentheimer Landschaf an. Bei den dunkelgrauen Schafen mit nahezu schwarzen Köpfen handelt es sich um Rauhwollige Pommersche Landschafe. Die Tiere leisten einen wichtigen Beitrag zum Landschaftsschutz, meint der Schäfer. Die Arbeit seines Berufsstandes werde jedoch leider nicht gebührend gewürdigt. „Die Politik lässt uns im Stich.“ Der durchschnittliche Stundenlohn eines Schäfers betrage hierzulande lediglich 4,50 Euro.

Uni Potsdam erforscht Auswirkung auf die Artenvielfalt

Ihren Beitrag zum Landschaftsschutz sollen die vierbeinigen Neuankömmlinge nun also auch im Schlosspark Sanssouci leisten. Die für das Projekt vorgesehenen Flächen seien in den vergangenen Jahren maschinell gemäht worden, erläutert Sven Hannemann, Parkleiter für den nördlichen Teil der Anlage. Die Kosten, die in der Vergangenheit für das Rasenmähen angefallen waren, seien in etwa gleichhoch wie die Aufwendungen für den Schäfer, sagte Hannemann, ohne dabei konkrete Zahlen zu nennen. Ob man allerdings die betreffenden Flächen trotz der Bewirtschaftung mit Schafen hin und wieder maschinell mähen muss, werde sich erst noch herausstellen. Schließlich fressen die Schafe nicht jeden Halm gleichmäßig gern und treten überdies so manches Grasbüschel um. Die Wiesen könnten dadurch ein wenig zerzaust aussehen.

Wie sich die Beweidung der Wiesen auf die Artenvielfalt auswirkt, soll parallel von der Potsdamer Universität erforscht werden. Michael Burkart, Kustos des zur Potsdamer Alma Mater gehörenden Botanischen Gartens, erwartet eine Zunahme der Artenvielfalt. Allerdings, so seine Einschätzung, werden vermutlich Pflanzen, die den Schafen besonders gut schmecken, mit der Zeit abnehmen. Auch wenn die jetzigen Schafe zunächst nur bis November im Park weiden sollen, so sei das Gesamtprojekt auf fünf Jahre angelegt, wie Burkart am Montag erläuterte.

Über eine frühere Beweidung des Schlossparks durch Schafe anscheinend nur wenig bekannt

Auch Johannes Metz von der Arbeitsgruppe Biodiversitätsforschung der Universität Potsdam rechnet mit einer Zunahme der Arten auf den betreffenden Wiesen. Durch die Tritte der Schafe werde die geschlossene Grasdecke ein wenig aufgelockert, was wiederum verschiedenen Samen die Möglichkeit zum Keimen im Boden geben könne, so Metz. Die Universität will zudem untersuchen, was Anwohner und Touristen von den neuen tierischen Landschaftspflegern im Park halten, erklärte Ariane Walz, Professorin am Institut für Erd- und Umweltwissenschaften an der Universität Potsdam.

Über die etwaige Beweidung des Schlossparks durch Schafe in vergangenen Jahrhunderten sei nur wenig bekannt, so Parkleiter Hannemann. Um 1985 herum habe man Schafe zumindest in den Außenpartien des Schlossparks eingesetzt. Von Friedrich II. heiße es in einem Nachruf auf die letzten zwei Lebensjahre des Monarchen, dass er sich in dieser Zeit einmal darüber gefreut habe, dass bald 300 Schafe im Park Sanssouci erwartet würden. Darüber hinaus gebe es „keine weiteren Belege“ für die Haltung von Schafen in Sanssouci, erklärte Hannemann.

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