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Neue Nachbarn. Auf dem Gelände der alten Feuerwache in der Werner-Seelenbinder-Straße will die Stadt für ein halbes Jahr Flüchtlinge in Baucontainern unterbringen. Um Konflikte mit der dort ansässigen Jüdischen Gemeinde zu vermeiden, sollen möglichst keine Flüchtlinge aus islamischen Ländern dort unterkommen.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: 200 neue Flüchtlingsunterkünfte bis Jahresende

Stadt plant Container an der alten Feuerwache, am Seekrug und im Reiherweg. Auch im Luftschiffhafen sollen Quartiere entstehen

Kurzfristig sollen noch in diesem Jahr 200 neue Flüchtlingsunterkünfte zur Verfügung stehen, weitere knapp 600 kommen 2015 hinzu, überwiegend in Containern und in sogenannter Modulbauweise. Per Dringlichkeitsantrag sollen die Stadtverordneten am heutigen Mittwoch über insgesamt neun Standorte abstimmen, an denen Flüchtlinge in Potsdam künftig untergebracht werden sollen. Die meisten sind bereits bekannt, es gibt aber auch vier neue. Ein Überblick:

ALTE FEUERWACHE

Um die größte Not zu lindern, sollen übergangsweise wohnlich hergerichtete Baucontainer auf dem Parkplatz der ehemaligen Feuerwache in der Werner-Seelenbinder-Straße untergebracht werden. Deren Standard entspreche dem des Erstaufnahmelagers in Eisenhüttenstadt, sagte Sozialdezernentin Elona Müller-Preinesberger (parteilos) am Dienstag bei der Vorstellung der Pläne. Die Container würden für 95 000 Euro für sechs Monate angemietet und sollen noch Ende November aufgestellt werden. Sie bieten Platz für höchstens 60 Menschen und sollen nur übergangsweise in den Wintermonaten genutzt werden. Um Konflikte mit der am Standort ansässigen Jüdischen Gemeinde zu vermeiden, will die Stadt versuchen, dort möglichst keine Flüchtlinge aus islamischen Ländern unterzubringen. Das dürfte indes schwierig werden. Laut Stadtverwaltung kommen die meisten Flüchtlinge aus Syrien, dem Iran, dem Irak und Eritrea.

PIRSCHHEIDE

Allein die Hälfte der 200 Flüchtlinge, die Potsdam noch 2014 unterbringen muss, sollen auf einem Grundstück neben dem Trainingszentrum der Potsdamer Ruderer, dem Seekrug in der Pirschheide, unterkommen. Das Areal gehört der städtischen Pro Potsdam, die es kostenlos zur Verfügung stellen soll. Dort will die Stadt bis Mitte Dezember einen Wohncontainer mit Gemeinschaftsküchen und -sanitäreinrichtungen aufstellen, den der Kommunale Immobilienservice (KIS) von der Stadt Cottbus kauft.

DORTUSTRASSE 45a

Das Haus in der Dortustraße 45a ist als Standort für Flüchtlingsunterkünfte bereits bekannt. Die Stadt will das Gebäude von dem privaten Eigentümer zehn Jahre mieten und dort ab 15. Dezember bis zu 40 Flüchtlinge einquartieren. Die lange Laufzeit begründete Müller-Preinesberger mit dem zu erwartenden weiteren Zustrom von Flüchtlingen in den nächsten Jahren. Zudem könne das Gebäude bei Bedarf auch für andere soziale Zwecke genutzt werden, etwa betreutes Wohnen für Behinderte oder Demenzkranke.

REIHERWEG

Weitere 80 Unterkünfte will die Stadt bis Juli 2015 auf einem Grundstück der Pro Potsdam im Reiherweg in Bornstedt schaffen. Dort soll ein dreigeschossiger Bettencontainer aufgestellt werden, den der KIS dem Cottbuser Carl-Thiem-Klinikum abkauft.

LUFTSCHIFFHAFEN

Ebenfalls im Juli soll das Haus 33 im Sportpark Luftschiffhafen als Quartier für maximal 100 Flüchtlinge zur Verfügung stehen. Derzeit wird es noch von Übungsleitern ansässiger Sportvereine und dem Fanfarenzug genutzt. Letzterer sucht sich laut Stadt selbst ein neues Domizil, die Sportler bekommen Ersatz.

LERCHENSTEIG

Das größte neue Flüchtlingsquartier geht Mitte Januar in Betrieb. Die Arbeiterwohlfahrt (Awo) baut aus Fertigteilen ein Heim für 200 Flüchtlinge. Der Mietvertrag mit der Stadt läuft über fünf Jahre.

GROSS GLIENICKE

Bis März 2015 baut der KIS für rund 600 000 Euro das Haus 5 der ehemaligen Waldschule in Groß Glienicke zum Quartier für bis zu 100 Flüchtlinge um.

GROTRIANSTRASSE

Ebenfalls im März soll das Wohnverbundprojekt der Pro Potsdam in der Grotrianstraße am Stern eröffnet werden. Dort sollen bis zu 45 Flüchtlinge Tür an Tür mit anderen Potsdamern leben.

HORSTWEG

Bis Juli soll das Baustoffunternehmen Brun und Böhm auf einer Gewerbefläche am Horstweg mehrere Gebäude aus Fertigteilen errichten, die Platz für bis zu 100 Flüchtlinge bieten. Im Unterschied zu Containern bekommen die Bewohner dort eigene Bäder und Küchen. Das Projekt stand noch vor Kurzem auf der Kippe, weil die Stadt erst prüfen musste, ob in einem Gewerbegebiet ein Flüchtlingsquartier rechtlich zulässig ist.

TORNOWSTRASSE

Das Magazin des Potsdam Museums in der Tornowstraße auf Hermannswerder soll der Stadt zunächst nur als Reservestandort für ein Flüchtlingsquartier mit maximal 100 Plätzen dienen. Theoretisch könnte es bis Juli umgebaut werden, aber nur bei Bedarf. Grund sei die schwierige Suche nach einem Ersatz für das Museumsmagazin, so Müller-Preinesberger.

HAECKELSTRASSE

Im Dezember 2015 muss die Stadt aber auch eine bereits bestehende Unterkunft auf die Verlustliste setzen. Die Pro Potsdam saniert dann den DDR-Plattenbau in der Haeckelstraße in Potsdam-West, in dem derzeit 70 Flüchtlinge als Nachbarn alteingesessener Potsdamer leben. Ob das Wohnungsverbundprojekt nach der Sanierung dort weiterbesteht, müsse noch verhandelt werden, so Müller-Preinesberger. Auch mit anderen Wohnungseigentümern werde die Stadt Gespräche führen, um den anhaltenden Zustrom von Flüchtlingen bewältigen zu können. Für Potsdam wird das teuer. Allein drei Millionen mehr muss Potsdam in diesem Jahr zusätzlich aus der Stadtkasse aufbringen, im kommenden Jahr sind es fünf Millionen Euro, 2016 noch einmal sechs Millionen Euro, so Müller-Preinesberger. Die Pauschale in Höhe von rund 9000 Euro, die das Land pro Jahr und Flüchtling zahle, decke die laufenden Ausgaben bei Weitem nicht. Und die einmal gewährte Investitionspauschale von 2300 Euro pro Flüchtling sei zu gering, um dafür eine Unterkunft zu schaffen. Das Land müsse finanziell nachbessern, forderte die Sozialdezernentin.

nbsp;Peer Straube

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