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Rückkehr an den Ort der Haft. Lothar Aust kam nach seiner gescheiterten Flucht ins Untersuchungsgefängnis Lindenstraße. Der Gedenkstätte steht Aust heute als Zeitzeuge zur Verfügung. Am Montag gedachten Stadtpolitiker des 17. Juni 1953 (re.o.)

© A. Klaer/M. Thomas

17. Juni 1953: „Die ganze Stadt war in kurzer Zeit besetzt“

Lothar Aust erlebte den 17. Juni 1953 als 17-jähriger Schüler in Berlin. 1962 scheiterte seine Flucht über die Berliner Mauer.

Herr Aust, was haben Sie am 17. Juni 1953 in Berlin gesehen?

Ich war Schüler einer 11. Klasse. Unser Lehrer forderte uns auf, mit den Streikenden zu diskutieren, nicht gegen ihre eigenen Interessen zu demonstrieren. In der Stalinallee habe ich die Diskutierenden gesehen, bin dann aber zum Alexanderplatz gefahren und da sah ich eine riesige Menge, ich sah die Belegschaft von Bergmann-Borsig.

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Haben Sie Panzer fahren sehen?

Von der Niederschlagung habe ich an dem Tag nur über den Rias gehört. Aber ich habe die Panzer gesehen in der Frankfurter Allee und der Stalinallee. Die ganze Stadt war ja in kurzer Zeit besetzt, fast an jeder Kreuzung stand ein Motorrad mit Beiwagen, darauf ein Maschinengewehr.

Glauben Sie, dass die DDR-Bevölkerung durch die Niederschlagung so eingeschüchtert war, dass das ein Grund ist, warum sie bis 1989 still blieb?

Ja, das würde ich sagen. Das ist ja ein einschneidendes Erlebnis, wenn eine Bevölkerung merkt, sie schafft es nicht. Es war ja eine spontane Entwicklung, es gab keine Führung, sodass das nach einem Tag vorbei war. Der Druck durch die Polizei war groß, es gab viele Verhaftungen und es wurden Mitteilungen über vollstreckte Todesurteile an die Wände geklebt.

Wie schätzen Sie den 17. Juni 1953 heute historisch ein?

Ich finde, es war eine Sache, die uns Deutsche glücklich machen sollte.

Woran, glauben Sie, ist die DDR untergegangen?

An ihrer eigenen Verderbtheit, sage ich immer.

Das Gespräch mit dem Zeitzeugen des 17. Juni 1953, Lothar Aust, geboren 1936, führte Guido Berg

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