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Hier stand sie mal, hier soll sie wieder hin: Die Potsdamer Garnisonkirche.

© dpa

100 Millionen Euro: Neue Runde im Streit um Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche

Ideologie hin oder her: Gegen den Wiederaufbau der Garnisonkirche sprechen vor allem finanzielle Gründe, schreiben die Gegner jetzt in einem offenen Brief.

Potsdam - Im Streit um den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche wird der Ton zwischen Gegnern und Befürwortern des Projekts rauer. In einem am Mittwoch verbreiteten offenen Brief betonen die Gegner, neben ideologischen, religionsphilosophischen, städtebaulichen und emotionalen Gründen gebe es vor allem "Gründe der finanziellen Vernunft" gegen den Wiederaufbau, so die "Bürgerinitiative für ein Potsdam ohne Garnisonkirche". Das Gesamtprojekt sollte ursprünglich allein über Spenden finanziert werden. Die Kosten werden auf 100 Millionen Euro veranschlagt. Bislang gingen rund 6,5 Millionen Euro Spenden ein. Der Bund sicherte 12 Millionen Euro zu - wenn die Gesamtfinanzierung steht.

Im offenen Brief der Gegner heißt es weiter, für Erinnerungsarbeit und Diskussionen zur deutschen und Potsdamer Geschichte, ebenso für die Versöhnung und die "Beschulung des Gewissens", eigneten sich bestehende, authentische Gebäude und Orte in Potsdam. Die Geschichte der Garnisonkirche sei von Anfang an vom militärischen Denken und Handeln geprägt gewesen. "Ihre Rolle im Dritten Reich ging belegbar weit über den Tag von Potsdam hinaus. Sie symbolisiert Versöhnung so wenig wie die Mauer die Reisefreiheit symbolisiert."

Den Befürwortern des Wiederaufbaus wirft die Bürgerinitiative Beleidigungen, Drohungen, Einschüchterungsversuche und Beschimpfungen im Umgang mit den Gegner vor. "Garnisonkirchenfreunde schreckten nicht vor Sachbeschädigungen, wie Vernichtung von Informationszetteln aus Briefkästen oder Beschmieren und damit Unbrauchbarmachen von Unterschriftenlisten, zurück", heißt es.

Erst vergangene Woche hatten die Befürworter des Wiederaufbaus ebenfalls mit einem offenen Brief versucht, die Gegner mit Sachargumenten umzustimmen. In dem Schreiben an alle Einwohner und Freunde Potsdams warf Oberkirchenrat Martin Vogel den Garnisonkirchen-Gegnern vor, teilweise mit Unterstellungen zu arbeiten, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun hätten. Vogel ist Länderbeauftragter der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und ehrenamtlicher Theologischer Vorstand der Stiftung Garnisonkirche Potsdam.

Vogel sprach in Zusammenhang mit den Vorwürfen der Gegner von "haltlosen" und "diffamierenden Unterstellungen" und wies diese "mit aller Entschiedenheit" in insgesamt acht Thesen zurück.

Die Gegner des Wiederaufbaus der Potsdamer Garnisonkirche wollen möglichst mit den Landtagswahlen am 14. September über das Projekt abstimmen lassen. Dafür muss die Bürgerinitiative "Potsdam ohne Garnisonkirche" bis Monatsende etwa 15.000 Unterschriften vorlegen. Am Mittwoch war von bisher bereits knapp 13.000 gesammelten Unterschriften die Rede.

Der Turm der im Zweiten Weltkrieg zerstörten und in der DDR abgerissenen evangelischen Barockkirche soll für rund 40 Millionen Euro wieder aufgebaut werden. Der Baubeginn ist weiter offen, weil die Finanzierung nicht gesichert ist. Der Wiederaufbau ist unter anderem umstrittenen, weil die Nazis die Kirche 1933 zur Inszenierung der Reichstagseröffnung genutzt hatten. Befürworter argumentieren unter anderem mit der städtebaulichen Bedeutung des Bauwerks. (epd)

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