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1. Mai in Potsdam: Höhere Löhne, geringere Mieten

Fast 300 Menschen nahmen am Demonstrationszug durch Potsdam zum 1. Mai teil. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) kritisiert die Krankenkassen.

Potsdam - Eine schlechte Entlohnung im öffentlichen Dienst Brandenburgs beklagte Sonja Staack vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) auf der Kundgebung zum gestrigen Tag der Arbeit auf dem Potsdamer Luisenplatz. „Brandenburg bezahlt nach wie vor die zweitschlechtesten Löhne im öffentlichen Dienst“, sagte Staack, die stellvertretende Bezirksvorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg ist. Der öffentliche Dienst Brandenburgs trage bundesweit nur deshalb nicht die Rote Laterne, weil in Berlin noch schlechter gezahlt werde.

Staack forderte zudem die öffentliche Hand in Brandenburg auf, in der Diskussion um die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen selbst mit gutem Beispiel voranzugehen und keine Arbeitsverträge mit Befristungen ohne Sachgrund mehr anzubieten.

Der Kundgebung auf dem Luisenplatz war ein Demonstrationszug von schätzungsweise fast 300 Menschen durch die Innenstadt vorausgegangen. Auf dem Platz vor dem Brandenburger Tor dürften es dann noch wesentlich mehr Menschen gewesen sein, die auf der Kundgebung vorbeischauten oder sich einfach auf dem dortigen Maifest vergnügen wollten.

Kostenerstattungen der Krankenkassen im Osten noch immer geringer - auch ein Problem für die Löhne

Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) lobte am Rande der Veranstaltung zwar einerseits die vor wenigen Wochen erzielte Tarifeinigung für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen, die bei einer Laufzeit von 30 Monaten im Schnitt eine Tariferhöhung von insgesamt 7,5 Prozent vorsieht. Andererseits machte das Stadtoberhaupt zugleich auf ein Problem aufmerksam, das die Beschäftigten des städtischen Klinikums „Ernst von Bergmann“ betrifft: Die Kostenerstattungen der Krankenkassen für die Behandlung der Patienten seien im Osten noch immer geringer als im Westen Deutschlands. Dies habe zur Folge, dass der Haustarifvertrag für das Klinikum ein geringeres Lohnniveau als im übrigen öffentlichen Dienst in der Region vorsehe. Demnach stehen die Krankenhausmitarbeiter schlechter da als viele ihrer anderen Kollegen im öffentlichen Dienst. Ein spezielles Potsdamer Problem ist dies indes nicht, wie Jakobs ausführte. Auch andere Krankenhäuser im Osten seien betroffen. In Brandenburg könne kein kommunales Krankenhaus den normalen Tariflohn des öffentlichen Dienstes zahlen.

Auf eine andere, zunehmend prekäre Situation, insbesondere im Großraum Berlin, wies Gewerkschafterin Staack in ihrer Rede hin: Es dürfe nicht sein, dass Lohnerhöhungen angesichts steigender Wohnungsmieten quasi direkt an die Vermieter durchgereicht werden. „Hier in Potsdam fehlen über 11000 bezahlbare Wohnungen“, sagte Staack. Die Bundesregierung müsse die Mietpreisbremse „endlich scharf stellen“.

Staack bedauerte zudem, dass in Brandenburg nur etwa 50 Prozent der Beschäftigten der Tarifbindung unterliegen. Der Trend war jüngst sogar negativ: „In Brandenburg ist die Tarifbindung zuletzt gesunken“, sagte Staack. Die bundesweite Einführung des Mindestlohns bezeichnete sie als einen „riesengroßen Schritt“. Doch zugleich zeichnete die Gewerkschafterin ein Bild mit Schatten: Über zwei Millionen Menschen würden den Mindestlohn nicht bekommen, weil einige Arbeitgeber die Regelungen unterlaufen. 6,5 Milliarden Euro enthalte man so jedes Jahr den Beschäftigten vor, erklärte Staack. 

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