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Die Angeklagten und ihre Anwälte (Archivfoto).

© Carsten Holm

Raub-Prozess gegen Trio unterbrochen: Angeklagter mit Verdacht auf Corona

Drei Potsdamer sollen im vergangenen August in eine Wohnung in Golm eingebrochen sein. Am Montag war der fünfte Prozesstag angesetzt. Doch es kam zu keiner Verhandlung.

Potsdam - Jörg Tiemann, Vorsitzender Richter am Potsdamer Landgericht, verkündete am Montagmorgen im Saal 8 eine schlechte Nachricht: „Wir können nicht verhandeln!“ Einer der Angeklagten, der 28 Jahre alte Kraftfahrer Steven L., habe sich wegen Verdacht auf eine Corona-Erkrankung krankgemeldet.

Es sollte der fünfte Verhandlungstags im Prozess gegen drei Potsdamer werden, denen die Staatsanwaltschaft schweren Raub zur Last legt. Sie sollen wie berichtet am 1. August vergangenen Jahres maskiert vier Jugendliche in Golm überfallen haben, um die Herausgabe von 30 000 Euro zu erzwingen, die einer der Überfallenen, der 17-jährige Hugo R., dem 36 Jahre alten Hauptangeklagten Stefan P. wie berichtet angeblich gestohlen haben soll. Außerdem sollen sie eine Umhängetasche mit Bargeld, einer Bank- und einer Monatsfahrkarte mitgenommen haben, bevor sie flüchteten. Die drei Potsdamer sind wegen gemeinschaftlichen schweren Raubs angeklagt und haben die Tat in den wesentlichen Punkten gestanden.

Angeklagter von Notarzt untersucht

Der Hauptangeklagte, Kraftfahrzeugmeister P., war aus der Untersuchungshaft in Neuruppin rechtzeitig in Handschellen nach Potsdam gebracht worden, auch die 29-jährige Angeklagte Gina F. wartete auf den Beginn der Verhandlung. Steven L. soll nach Angaben seines Anwalts am vergangenen Freitag zweimal wegen Atembeschwerden zuhause von einem Notarzt behandelt worden sein, zudem habe er nicht sprechen können. Er steht unter Corona-Verdacht, noch am Montag sollte er auf das Virus untersucht werden.

Eine Hauptverhandlung darf, wenn sie noch nicht zehn Verhandlungstage gedauert hat, üblicherweise nur für drei Wochen unterbrochen werden. Die Politik hat jedoch auch für juristische Folgen der Corona-Pandemie vorgesorgt: Am vergangenen Samstag, gerade noch rechtzeitig zum Potsdamer Raub-Prozess, ist ein Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Pandemie in Kraft getreten. Eine Hauptverhandlung kann nun, wenn Verfahrensbeteiligte von Corona betroffen sind, zwei weitere Monate unterbrochen werden.

Vorsichtsmaßnahmen im Gericht

Die Folgen der Pandemie führten im Gericht zu Vorsichtsmaßnahmen. Von den jeweils drei Sitzen auf den Wartebänken im Flur waren zwei mit Flatterband gesperrt, niemand sollte sich zu nahe kommen. Die Verteidiger, die vor der Coronazeit in Tuchfühlung neben ihren Mandanten saßen, nahmen in gebührender Entfernung Platz. Auch der Abstand zwischen den beiden Berufsrichtern und den Schöffen maß rund zwei Meter. Alle Anwesenden, ob Strafverteidiger, Zuschauer oder Journalisten, mussten sich mit Namen, Adresse und Telefonnummer in eine Liste eintragen.

Nicht nur der Hauptangeklagte Stefan P. betrat den Gerichtssaal am Montag in Handschellen. Auch seine Freundin Gina F., die nach der Tat gegen Auflagen von der Untersuchungshaft verschont worden war, reiste in Begleitung von zwei Justizbeamten in Handschellen an. Sie sitzt mittlerweile in der Frauen-Haftanstalt in Luckau-Duben ein, weil sie gegen das Verbot, andere Verfahrensbeteiligte zu kontaktieren, verstoßen haben soll.

Carsten Holm

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